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topplus EU-Grüner Martin Häusling

„Nichts getan“: Harte Kritik am EU-Agrarkommissar Wojciechowski

Der Grünenpolitiker Martin Häusling fordert mehr Geld und weniger Flächenprämien für die Gemeinsame Agrarpolitik. Dem scheidenden EU-Agrarkommissar stellt er eine vernichtende Bilanz aus.

Lesezeit: 9 Minuten

Der wiedergewählte Europaabgeordnete Martin Häusling hält es zunehmend für schwierig, das Budget des EU-Agrarhaushaltes zu verteidigen. Zwar sollte aus Sicht des grünen Agrarpolitikers der Etat der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) auch nach 2027 nicht schrumpfen.

„Dass das meiste Geld weiterhin für die Hektarprämien ausgegeben wird, erhöht nicht gerade die Bereitschaft anderer Fachpolitiker, mehr Budget für die GAP zu bewilligen“, gibt der seit mittlerweile 15 Jahren amtierende EU-Volksvertreter im Interview mit dem Pressedienst Agra-Europe zu bedenken.

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EVP geht mit der GAP in falsche Richtung

Hier habe sich auch die christdemokratische Europäische Volkspartei (EVP) mit der von ihr betriebenen Abschwächung der Umweltstandards im Rahmen der Mini-Reform der GAP keinen Gefallen getan, so Häusling weiter.

Deutschland soll mehr Geld nach Brüssel schicken

Zugleich fordert er von den Mitgliedstaaten und vor allem der Bundesregierung ein Bekenntnis zur Aufstockung des gesamten EU-Haushalts. In Richtung FDP moniert der Grünen-Politiker, dass diese leider „die Spardose vor sich herträgt“. „Bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr sollten sich daher auch die Bauern genau überlegen, wem sie ihre Stimme geben.“

Von der EU-Kommission fordert Häusling, möglichst zeitnah die Mitteilung und dann die Gesetzesvorschläge für eine Überarbeitung der GAP vorzulegen. Zudem rechnet der vormalige hessische Landtagsabgeordnete damit, dass die aktuellen Regelungen um rund zwei Jahre verlängert werden.

Bei der SUR wurde „sehr viel verbockt“

Von Agra-Europe auf eine Wiederbelebung der Verordnung zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) angesprochen, unterstreicht Häusling die Bedeutung des Vorhabens.

Von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erwartet er, dass sie ihr Versprechen einhalte und einen neuen Vorschlag präsentiere. Wichtig sind seiner Auffassung nach realistische Ziele und eine realistische Umsetzung: „Beim letzten Mal wurde sehr viel verbockt, von der Kommission, aber auch von den Gegnern, namentlich der EVP, die sich einem konstruktiven Dialog widersetzt haben.“

„Mercosur ist tot“

Derweil sieht das Mitglied im Landwirtschaftsausschuss für das Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten keine Zukunft. „Mercosur ist tot“, so Häusling. Zum einen werde die Skepsis in Europa nicht abnehmen.

Zum anderen sieht Häusling kaum eine Chance aufseiten der Südamerikaner. Die Präsidenten von Argentinien und Brasilien würden sich öffentlich bekriegen. Für geeigneter hält er einen Neustart der Gespräche nach dem Vorbild des Abkommens mit Neuseeland. „Es fehlt hierzu bekanntlich aber der Mut.“

Vernichtende Bilanz für Agrarkommissar

Hart ins Gericht geht Häusling mit dem scheidenden EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski. "Der hat gar nichts getan. Ein paar schöne Worte vielleicht, sonst nichts", bilanzierte Häusling im Interview.

Aus Häuslings Sicht hat Wojciechowski „eigentlich nie eine entscheidende Rolle gespielt“. Für die kommenden Jahre wünscht sich Häusling einen Kommissar, „der seine Perspektive in der kleinbäuerlichen, ökologisch geprägten Landwirtschaft hat“.

Das Interview in voller Länge:

Herr Häusling, in der neuen EU-Legislaturperiode wird die Reform der GAP ein zentrales Thema sein. Rechnen Sie am Ende der aktuellen Förderperiode nach 2027 bereits mit einer neuen Reform? Oder gehen Sie von einer Verlängerung der aktuellen Regeln aus?

Häusling: Für eine Weile kann es sein, dass die Regeln einfach verlängert werden. Das haben wird beim letzten Mal auch gemacht. Wenn wir uns die aktuellen Schwierigkeiten bei der Implementierung anschauen, dann denke ich, dass es insgesamt vielleicht doch sieben Jahre werden. Am Ende kommt es auch darauf an, wie hoch der gesamte Haushalt und der Agraretat der Europäischen Union sein werden.

Wie hoch wird der sein?

Häusling: Das hängt von vielen Faktoren ab. Ob Deutschland bereit ist, mehr einzuzahlen, oder wie es in vielen EU-Staaten politisch weitergeht. Das sind entscheidende Faktoren. Vor allem die Bundesrepublik müsste sich bereit erklären, mehr Geld für die EU bereitzustellen.

Was erwarten Sie von der Bundesregierung? Bekanntlich sind die Grünen Teil der Koalition.

Häusling: Es gibt da mit der FDP noch so eine andere Partei, die leider die Spardose vor sich herträgt. Bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr sollten sich daher auch die Bauern genau überlegen, wem sie ihre Stimme geben.

Der MFR läuft wie die GAP nur noch bis Ende 2027. Was fordern Sie beim EU-Agrarhaushalt konkret?

Häusling: Aus meiner Sicht wäre es schon ein Erfolg, wenn der Agrarhaushalt ungefähr beibehalten würde. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, auch wenn das die Kollegen von der EVP vielleicht anders sehen, dass man sich keinen Gefallen damit getan hat, viele Umweltauflagen in der sogenannten GAP-Mini-Reform zu streichen. Die Begründungen für den nächsten Agraretat werden so schwierig. Dass das meiste Geld weiterhin für die Hektarprämien ausgegeben wird, erhöht nicht gerade die Bereitschaft anderer Fachpolitiker, mehr Budget für die GAP zu bewilligen. Jetzt kommt es auch darauf an, was Prof. Peter Strohschneider beim strategischen Dialog auf die Beine stellen wird.

Sie haben den strategischen Dialog angesprochen. In Kürze sollen die Ergebnisse präsentiert werden. Was erwarten Sie?

Häusling: Aus vielen Umweltverbänden ist zu hören, dass sie mit dem Prozess nicht sehr zufrieden sind. Sie haben das Gefühl, dass sie von anderen Teilnehmern untergebuttert werden und teilweise nur als Alibi mit am Tisch sitzen. Wenn man sich die Verteilung genau anschaut, dann geht es aus meiner Sicht auch ein bisschen mehr Richtung Agrarindustrie; stärker jedenfalls als in der deutschen ZKL. Trotzdem finde ich, dass Herr Strohschneider das schon gut macht. Ich bin aber von Anfang skeptisch gewesen, ob da wirklich etwas Sinnvolles rauskommt. Ich befürchte, dass Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen es nur nutzt, um ein bisschen Zeit zu gewinnen. Ganz nach dem Motto: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann gründe ich einen Arbeitskreis.

Wann erwarten Sie die Mitteilung der EU-Kommission, den ersten Schritt zur nächsten GAP?

Häusling: Idealerweise sollte es zeitnah im nächsten Jahr geschehen, dann könnte man auch länger diskutieren. Auch die Gesetzesvorschläge sollten dann bald kommen. Beim letzten Mal war das Problem, dass der ehemalige Agrarkommissar Phil Hogan die Vorschläge meiner Ansicht nach viel zu spät vorgelegt hat. Es wäre besser, wenn wir dieses Mal vom neuen Agrarkommissar mehr Zeit bekommen würden, um über eine neue GAP zu diskutieren.

Wie viel Zeit bräuchte man aus Ihrer Sicht?

Häusling: Drei Jahre wären ab der Präsentation der Gesetzesvorschläge bis zum Inkrafttreten schon das Mindeste.

Sollte es eine Verlängerung der GAP um zwei Jahre geben, dann würde die nächste Reform zeitlich fast mit der nächsten Europawahl 2029 zusammenfallen. Hielten Sie das strategisch für geschickt?

Häusling: Ich mache mir eigentlich nicht so viel Sorgen um das Parlament. Wir kriegen schon irgendwas hin. Mehr Sorgen macht mir die Situationen in den Mitgliedsländern, wo wir viele Regierungen haben, die von Europafeinden mitgetragen werden. Schauen wir mal in die Niederlande, wenn die jetzt eine Regierung haben, die laut ihrem Programm schon Sachen umsetzen wollen, die nach Europarecht gar nicht gehen. Dann frage ich mich, wie das bei der nächsten GAP werden soll.

Was müsste ein Agrarkommissar ins Amt mitbringen, um aus Ihrer Sicht gute Arbeit zu machen?

Häusling: Wir haben immer Agrarkommissare gehabt, die in der Politik so gewesen sind, wie ihr Land aufgestellt war. Nehmen wir mal Hogan aus Irland. Dort lebt die Landwirtschaft vom Handel und ist angelsächsisch geprägt. Als Gegenbeispiel nehmen wir mal unseren ehemaligen österreichischen Kommissar, Franz Fischler. Der hat eine ganz andere Agrarpolitik propagiert. Wichtig ist ein Kommissar, der sich auch für eine kleinstrukturierte bäuerliche Landwirtschaft starkmacht.

Hat der aktuelle polnische Agrarkommissar Janusz Wojciechowski genug für die kleinen Landwirte getan? In Polen gibt es viele Kleinbauern.

Häusling: Das ist eine Ausnahme. Der hat gar nichts getan. Ein paar schöne Worte vielleicht, sonst nichts. Wenn jemand bei der PiS-Partei ist, dann hat er ohnehin kaum Verbündete im Kommissarskollegium, kein Netzwerk. Er war in der ganzen Kommission isoliert.

So niederschmetternd?

Häusling: Er hat eigentlich nie eine entscheidende Rolle gespielt. Allein die Geschichten, die er mit der Ukraine an den Tag gelegt hat, das war teilweise peinlich. Das kann man nicht anders sagen und das hat nichts damit zu tun, dass Polen überwiegend Kleinbauern hat. Er hat am Ende Innenpolitik betrieben. So etwas darf uns nicht passieren. Ich würde generell sagen, dass ich mir einen Agrarkommissar wünschen würden, der nicht unbedingt aus dem kleinsten Land kommt, aber einen der seine Perspektive in der kleinbäuerlichen, ökologisch geprägten Landwirtschaft hat. Das kann dann kein Tscheche oder Slowake sein.

Lassen Sie uns noch kurz über eine mögliche Neuauflage der SUR reden. Frau von der Leyen hat im Februar den Vorschlag der Kommission zurückgezogen und für diese Legislaturperiode einen Versuch angekündigt. Was sind Ihre Erwartungen?

Häusling: Unsere Fraktion hat ihre Wahl zur Kommissionspräsidentin dieses Mal bekanntermaßen unterstützt. Jetzt erwarten wir aber auch, dass sie ihr Versprechen einhält und einen neuen Vorschlag präsentiert. Ich darf daran erinnern, dass sich die EU verpflichtet hat, das Montreal-Abkommen für einen stärkeren Biosdiversitätsschutz zu erfüllen. Da sollte gerade die EU sich nicht wegducken. Eines ist aber auch klar. Der neue Vorschlag muss handwerklich deutlich besser werden als die letzte Vorlage. Es müssen realistische Ziele und eine realistische Umsetzung formuliert werden. Beim letzten Mal wurde sehr viel verbockt, von der Kommission, aber auch von den Gegnern, namentlich der EVP, die sich einem konstruktiven Dialog widersetzt haben.

Entschuldigen Sie den abrupten Themenwechsel. Erwarten Sie noch etwas beim Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten?

Häusling: Mercosur ist tot. Egal wie die nächste französischen Regierung genau aussehen wird. Die Skepsis in Europa wird nicht abnehmen. Ich sehe zudem kaum eine Chance, da die Südamerikaner sich untereinander blockieren. Wir wissen, wie die Situation in Argentinien und Brasilien ist. Die bekriegen sich bekanntlich öffentlich, jedenfalls die Präsidenten. Ich glaube nicht, dass man mit denen irgendeinen Konsens hinkriegt. Ich finde das aber auch nicht weiter dramatisch. Ich wäre für einen Neustart. Das könnte man ja machen und ein ähnliches Abkommen wie das mit Neuseeland schließen. Das fände ich nicht verkehrt. Es fehlt hierzu bekanntlich aber der Mut.

Eine letzte Frage: Sie waren bis vor kurzem für 15 Jahre agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA im Europaparlament. Bekanntermaßen ist das eine zeitraubende Aufgabe. Werden Sie nun kürzertreten oder sich verstärkt neuen Aufgaben zuwenden?

Häusling: Nach 15 Jahren war mal ein Wechsel fällig. Ich werde aber genauso weiterarbeiten wie bisher und eventuell mehr im Umweltausschuss präsent sein.

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