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topplus Beim Klägeranwalt nachgefragt

Rote Gebiete unwirksam: Niedersächsisches Urteil hat bundesweite Auswirkungen

Die Ausweisung der Roten Gebiete in Niedersachsen war falsch. Das könnte bundesweite Auswirkungen haben. top agrar sprach dazu mit dem Anwalt des Klägers.

Lesezeit: 4 Minuten

Das Urteil der Lüneburger Richter zur Ausweisung der Roten Gebiete in Niedersachsen hat am Dienstag für Aufregung gesorgt - wir berichteten: OVG kippt niedersächsische Landesdüngeverordnung.

Geklagt hatte ein Landwirt aus dem Landkreis Diepholz. Wie schon viele Landwirte vor ihm, wehrte er sich gegen die Ausweisung der Roten Gebiete, die seiner Meinung nach fehlerhaft war. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg gab ihm nun in der mündlichen Urteilsverkündung recht.

Was der Sache aber Brisanz verleiht ist, dass sich die Entscheidung des OVG nicht nur auf die mangelhafte Ausweisung eines Grundwasserköpers stützt. Stattdessen stuft es nun die bundesrechtlichen Grundlagen zur Gebietsausweisung in der Düngeverordnung als rechtswidrig ein.

Zwei Gründe für Unwirksamkeit der Roten Gebiete

Das OVG Lüneburg hat sich erstmals intensiv nicht nur mit der Methodik und Datengrundlage der Gebietsausweisung befasst, sondern auch mit der Verwaltungsvorschrift, die diesen Prozess regelt. Wie der verfahrensführende Anwalt Dr. Konrad Asemissen gegenüber top agrar erläutert, stützt sich das Gericht in seiner Entscheidung auf zwei Komplexe: 

  1. Das OVG erklärt die bundesrechtliche Grundlage der Gebietsausweisung in der Düngeverordnung für rechtswidrig. Der Bund hätte die wesentlichen Vorgaben für die Gebietsausweisung in einem Bundesgesetz und nicht in einer einfachen Verwaltungsvorschrift (AVV GeA) regeln müssen. Diese sei juristisch zu unverbindlich, um das erforderliche einheitliche Vorgehen der Bundesländer sicherzustellen.

    Anders als die Düngeverordnung, welche die Auflagen zur Düngung bundesweit einheitlich regelt. Dabei bemängeln die Richter auch, dass wegen der Unverbindlichkeit nicht klar ist, welcher Maßstab bei der gerichtlichen Überprüfung anzulegen ist.

    Nach Auffassung von Anwalt Asemissen hat die Entscheidung besondere Bedeutung auch für die Gebietsausweisungen in anderen Bundesländern und könnte zu einer Neuregelung des Bundes-Düngegesetzes und der Bundes-Düngeverordnung führen.

  2. Hinzu komme, dass das Land Niedersachsen die Abgrenzung der belasteten und unbelasteten Gebiete fehlerhaft vorgenommen habe. Das angewendete Verfahren hat dazu geführt, dass über die Grenzen von Grundwasserkörpern hinweg Rote Gebiete ausgewiesen wurden. Ein Verstoß gegen die rechtlichen Vorgaben liege des Weiteren darin, dass auch im Umfeld von unbelasteten Messstellen belastete Gebiete ausgewiesen wurden. Das OVG hat beanstandet, dass die Gebiete über die Bereiche, in denen Nitratbelastungen gemessen worden sind, hinausgingen.

Was folgt für Landwirte aus dem Urteil?

Das Urteil könnte richtungsweisend sein! Nicht nur wurden einem Bundesland erneut Fehler in der Abgrenzung der Gebiete nachgewiesen, auch das bundesweit geltende Regelwerk wurde als rechtswidrig erklärt. Aber wer hofft, dass sich damit nun in kürzester Zeit alles ändert, wird enttäuscht werden. Das hat mehrere Gründe:

Zum einen muss zunächst die schriftliche Urteilsverkündung abgewartet werden. Danach besteht die Möglichkeit, dass das Landwirtschaftsministerium in Niedersachsen Revision einlegt. Damit ist zu rechnen, da es Zweifel an der Rechtsauffassung des Gerichtes hat. Somit bleibt bis zur endgültigen Entscheidung alles zunächst auf Status quo bestehen.

Über die Revision entscheidet dann das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, wo bereits mehrere Revisionsverfahren zu Landesdüngeverordnungen aus Bayern und Sachsen-Anhalt anhängig sind. Sollte das Bundesgericht das Urteil des OVG Lüneburg bestätigen, müsste sich die neue Bundesregierung damit befassen, wie sie die Ausweisung der nitratbelasteten Gebiete neu regelt.

Denn klar ist, es wird weiterhin belastete Gebiete mit darin verschärften Düngeregeln geben. Aber das Urteil aus Lüneburg, das Kläger und Anwalt erzielt haben, könnte dazu beitragen, dass die Abgrenzung korrekter und verursachergerechter erfolgt.  

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K O M M E N T A R

Regeln vorschnell erlassen

Eine Meinung von Anne-Katrin Rohlmann, Redaktion top agrar:

Das OVG in Lüneburg hat sich die Mühe gemacht und sich das sehr komplexe Regelgefüge aus DüV und AVV vorgenommen. Zu Recht, wie sich jetzt zeigt.

Das OVG hat es als rechtswidrig eingestuft! Wer jetzt aber glaubt, dass alle Regeln fallen, hat sich geirrt. Zum einen braucht es noch langen juristischen Atem, bis das bisher nur mündliche Urteil möglicherweise rechtskräftig wird. Zum anderen geht es nicht darum, die Ausweisung belasteter Gebiete komplett in Frage zu stellen. Denn sie haben durchaus ihre Berechtigung. Nur - und das ist der Punkt warum so viele Landwirte klagen - muss dies auch fachlich korrekt, national einheitlich und international vergleichbar passieren.

Das dem nicht so ist, zeigen immer mehr Rechtsprechungen. Und während auf den Höfen tausende Regelwerke minuziös befolgt und dokumentiert werden müssen, scheint es bei betrieblich so einschneidenden Dingen wie der Ausweisung der Roten Gebiete und der damit verbundenen Einschränkungen weniger genau zugegangen zu sein. Ungereimtheiten, Fehler und falscher Aktionismus schüren Wut, Frustration und Verzweiflung bei vielen Betroffenen.

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