Am Dienstag hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg geurteilt, dass die ausgewiesenen Roten Gebiete in der niedersächsischen Landesdüngeverordnung (NDüngGewNPVO) gegen höherrangiges Recht verstoßen und damit unwirksam sind.
Nun hat sich das Gericht in einer schriftlichen Begründung zu seiner Entscheidung geäußert.
Warum das OVG die Roten Gebiete für fehlerhaft hält
Grundsätzlich erachtet das Gericht die Ausweisung von Roten Gebieten für vertretbar, um Gemeinwohlziele wie den Grundwasserschutz zu verfolgen. Trotzdem hält es die Methode für fehlerhaft, mit der das Ministerium die Roten Gebiete in Niedersachsen ermittelt hat.
Nach Auffassung des OVG, steht sie nicht in Einklang mit den Vorgaben der bundesrechtlichen Düngeverordnung. So wurden beim Ausweisen der Roten Gebiete nicht nur die Nitratwerte der darunterliegenden Grundwasserkörper, sondern auch die in benachbarten Grundwasserkörpern gemessenen Werte berücksichtigt, obwohl die Grundwasserkörper voneinander abgeschlossen sind.
Zudem kritisierte das Gericht, dass Gebiete rund um bestimmte Messstellen als nitratbelastet gewertet wurden, obwohl diese die erforderlichen Nitratkonzentrationen nicht erreichten. Stattdessen sei „zum Teil das Vorliegen eines steigenden Trends selbst an einer Messstelle fingiert worden“, obwohl die Nitratwerte tatsächlich nicht anstiegen oder sogar zurückgingen.
Gleichzeitig hatte das Gericht auch formale Bedenken gegen die Verwaltungsvorschrift (AVV GeA), die die Ausweisung der Roten Gebiete regelt. Sie hätte bereist als Verordnung in die DüV mit aufgenommen werden müssen.
Das Gericht kritisiert die AVV als zu uneinheitlich und unverbindlich um die zugrunde gestellten Ziele zu erreichen. Zudem sei anhand der AVV „eine sachgerechte gerichtliche Überprüfung der Gebietsausweisung anhand konkreter verbindlicher und einheitlicher Vorgaben des Bundesnormgebers nicht möglich“.
Was geschieht mit den Gelben Gebieten?
Da die Antragssteller des Verfahrens nicht von den Gelben Gebieten (phosphatbelastete/eutrophierte Oberflächengewässer) betroffen sind, waren sie nicht Gegenstand der Verhandlung. Darum bleibt diese Gebietskulisse unverändert weiter wirksam.
So äußerte sich der Vorsitzende Richter
Nach Angaben des NDR kritisierte der Vorsitzende Richter in der mündlichen Verhandlung, dass das Landwirtschaftsministerium jeden Messpunkt als gleich aussagekräftig bewerte.
Zudem hinterfragte er laut NDR, wie viele Jahre in einen Nitratbeitrag einbezogen würden und ob die Roten Gebiete eines niedersächsischen Landwirtes mit denselben Methoden ausgewiesen werden wie die eines bayerischen Landwirtes.
Landwirtschaftsministerium hat Zweifel an der Entscheidung
„Wir haben allerdings nach einer ersten Einschätzung Zweifel an der Rechtsauffassung des Gerichts. Jetzt gilt es, die schriftliche Urteilsbegründung abzuwarten und umfassend die rechtlichen und tatsächlichen Folgen zu prüfen“, erklärte eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums gegenüber top agrar.
Das Ministerium prüft aktuell die Urteilsbegründung und will dann entscheiden, ob es beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in Revision geht. Die niedersächsische Landesdüngeverordnung bleibe bis auf Weiteres in Kraft – auch im Fall einer Revision.
Der rechtliche Hintergrund
Mehrere niedersächsische Landwirte hatten in den letzten Jahren gegen die Ausweisung der Roten Gebiete geklagt. In einem Eilverfahren hatte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Roten Gebiete in Niedersachsen bereits im Sommer 2024 für rechtswidrig erklärt. Die mündliche Verhandlung über den Fall erfolgte allerdings erst jetzt, da das Gericht keine Dringlichkeit sah.