Der Ausgang der Bundestagswahl war in manchen Punkten überraschend, insbesondere was die Stärke der Linkspartei oder die Schwäche der SPD anging. Der Wahlsieger CDU/CSU war hingegen schon länger klar, auch dass die AfD im neuen Bundestag die Rolle der Oppositionsführerin einnehmen dürfte. Nun läuft es aller Wahrscheinlich auf eine schwarz-rote Koalition hin. Die Kombination „Schwarz-Rot-Grün“ ist hingegen mit dem Ausscheiden der FDO und des BSW aus dem Parlament hinfällig geworden. Die Aussicht auf eine „kleine GroKo“ wird in der Agrarbranche mit gemischten Gefühlen aufgenommen.
Rukwied: Brauchen deutlich andere Politik
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, fordert die politischen Akteure nach der Bundestagswahl auf, zügig die Sondierungsgespräche aufzunehmen. Laut Rukwied erwarten die Bauernfamilien eine stabile und vertrauensbildende Regierung: „Die neue Bundesregierung steht vor der wichtigen Aufgabe, den Menschen in unserem Land wieder Zuversicht zu geben. Dafür braucht es eine deutliche Veränderung in der Art und Weise, wie Politik gestaltet wird: Weniger Ideologie, mehr Pragmatismus und verlässliche politische Rahmenbedingungen für alle wirtschaftlichen Akteure.“
Die neue Bundesregierung müsse die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft stärken, indem sie übermäßige Regulierungen abbaut und praxisnahe Lösungen umsetzt, sagte der Bauernpräsident. Gleichzeitig brauche es Zukunftsperspektiven für junge Unternehmerinnen und Unternehmer sowie die ländlichen Räume. „Nur so kann unsere Landwirtschaft weiterhin hochwertige Lebensmittel produzieren“, betont Rukwied.
BBV sieht Felßner auf gutem Weg zum Bundeslandwirtschaftsminister
Der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), Günther Felßner war für die CSU als Listenkandidat zur Bundestagswahl angetreten. Aufgrund des neuen Wahlrechts kamen jedoch nur CSU-Direktkandidaten zum Zug. Dennoch sieht der BBV nun durch den klaren Wahlsieg von CSU und CDU sowie die Option einer großen Koalition zwischen Union und SPD gute Chancen, dass Felßner der nächste Bundeslandwirtschaftsminister werden kann.
„Die Landwirtschaft und ganz Deutschland brauchen jetzt eine stabile, vertrauensbildende Regierung“, stellt BBV-Generalsekretär Carl von Butler mit Blick auf den Wahlausgang fest. Nötig seien jetzt ein Politikwechsel und ein Signal des Aufbruchs für unser Land. Der Bayerische Bauernverband betont, dass jetzt schnell eine handlungsfähige Regierung gebildet werden muss und appelliert an die Verantwortlichen von Union und SPD, die Koalitionsverhandlungen mit Fokus und Entschlossenheit zu führen.
Holzenkamp: Befreiungsschlag von überbordender Regulierung nötig
Der Präsident des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV), Franz-Josef Holzenkamp, drängt ebenfalls auf rasche Fortschritte in puncto Regierungsbildung und die Aufnahme einer wirtschaftsfreundlichen Politik: „Die deutsche Wirtschaft braucht Richtungsentscheidungen, um ein weiteres Schrumpfen, zunehmenden Stellenabbau und Produktionsverlagerungen ins Ausland zu verhindern. Es gilt, endlich zu spürbaren Entlastungen zu kommen und einen Befreiungsschlag von der überbordenden Regulierung zu schaffen. Gleichzeitig braucht es Vorfahrt für Investitionen in Infrastruktur insbesondere im ländlichen Raum und flexible arbeitsrechtliche Anpassungen.“
Holzenkamp erwartet von der neuen Bundesregierung das klare Signal, dass die systemrelevante Agrar- und Ernährungswirtschaft eine wirtschaftliche Schlüsselposition einnimmt und besonderes Augenmerk verdient. In global unsicheren Zeiten müsse der Ernährungssouveränität eine viel größere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Elverfeldt: Regierung muss ländlichen Raum stärken
Die Familienbetriebe Land und Forst erinnern die möglichen Koalitionäre an die Bedeutung des ländlichen Raums. Der sei das wirtschaftliche Rückgrat unseres Landes. „Seine Bedeutung muss sich in den Koalitionsverhandlungen widerspiegeln, damit eine zukunftsorientierte Entwicklung möglich wird“, so Verbandspräsident Max von Elverfeldt.
Guericke: Wettbewerbsfähigkeit der Agrar- und Ernährungswirtschaft wiederherstellen
Das Agrar- und Ernährungsforum Nord-West (AEF) rät der nächsten Regierung, neben einer starken Wirtschafts- und Verteidigungspolitik auch die nachhaltige Sicherung der Agrar- und Ernährungswirtschaft in Deutschland in den Fokus zu nehmen. „Jetzt gilt es, die Schwachstellen der bisherigen agrarpolitischen Entscheidungen zu analysieren und ihre Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette – insbesondere in den ländlichen Räumen – zu bewerten. Wir stehen für eine zukunftsorientierte, innovative Branche, die eine Rückwärtsentwicklung ausschließt“, so AEF-Vorstandsvorsitzender Sven Guericke.
Ihm zufolge steht die kommende Bundesregierung in der Verantwortung, wirtschaftsliberale und langfristige Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Transformation der Branche zu schaffen – auf wissenschaftlicher und faktenbasierter Grundlage, frei von ideologischen Einflüssen. Bürokratische Hürden und Investitionsstaus müssen dringend abgebaut werden, um Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen.
AbL: Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) sozialer und ökologischer machen
Die Bundesvorsitzende der AbL, Claudia Gerster, sieht die Bundesregierung in der Pflicht, das Recht auf Gentechnikfreiheit zu sichern, die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) sozialer und ökologischer machen und die Bauern am Markt zu stärken. Der Umbau der Tierhaltung nach den Empfehlungen der Borchert-Kommission müsse angegangen, Klimaschutz verstärkt und eine bundesweite Existenzgründungsprämie eingeführt werden. „Auch die Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft liegen schon lange vor und müssen Eingang in den Koalitionsvertrag finden“, so Gerster.
Fleischwirtschaft: Haltungskennzeichnung verschieben
Ein Bekenntnis zum Tierhaltungsstandort Deutschland wünscht sich der Verband der Fleischwirtschaft (VDF) von der kommenden Bundesregierung. Als besonders drängend sieht der Verband Korrekturen im Bereich der Tierhaltungskennzeichnung an. „Wir wollen Tierwohl engagiert und aktiv weiterentwickeln, wie es die Wirtschaft bereits seit zehn Jahren mit der Initiative Tierwohl tut. In der vorliegenden Form behindert das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz diese Entwicklung aber mehr als dass es sie fördert“, erklärt VDF-Hauptgeschäftsführer Steffen Reiter. Hier müsse dringend eine praxisgerechte Lösung gefunden werden und der Startpunkt für die Kennzeichnung auf Verpackungen verschoben werden.