Eine Kolumne von Agrarjournalist Rainer Münch aus Berlin.
Mit dem Zweiten mag man besser sehen, aber nicht mehr alles. Die Forschungsgruppe Wahlen – seit Jahrzehnten wohlbekannt im ganzen Land für die sonntägliche Wahlberichterstattung im Zweiten Deutschen Fernsehen – geht mit der Zeit: Den Fragebogen für die Nachwahlbefragung hat man angepasst, das Abstimmungsverhalten der Bauern bei der allen noch sehr präsenten Bundestagswahl Ende Februar nicht mehr ermittelt.
Wer auf das Erste hofft, steht erst recht im Dunkeln: Das dort tätige Wahlforschungsinstitut infratest dimap hatte die Bauern in seiner vierzigjährigen Geschichte ohnehin nie auf dem (Bild-)Schirm.
Vernachlässigung des ländlichen Raums in der Wahlforschung
Was steckt dahinter – bauernfeindliche Geister in den Reihen der Büttel von den ohnehin der Meinungsmache und Einseitigkeit verdächtigen Öffentlich-Rechtlichen? Die Lügenpresse? Der Spardruck? Womöglich ist‘s einfacher, aber nicht weniger schmerzhaft: Bauern fallen bei Wahlen statistisch gesehen nicht mehr so recht ins Gewicht. Angesichts des bäuerlichen Rechtsdralls, der bei den Landtagswahlen im vergangenen Herbst in Thüringen und Sachsen noch gemessen und publik wurde, muss das kein Nachteil sein für eine Branche, die nachweislich viel leistet für die Gesellschaft, aber von ihr aus guten Gründen auch einiges erwartet. Alles will man gar nicht so genau wissen!
Naturgemäß gilt das nicht für Wissenschaftler, schon gar nicht für die im Braunschweiger Thünen-Institut. Die haben ermittelt, dass die AfD bei der Bundestagswahl auf dem Lande weiter Boden gut gemacht hat gegenüber den dort seit Ewigkeiten dominierenden Unionsparteien. Dies gilt vor allem für solche Regionen, in denen sich Fuchs und Hase besonders herzlich gute Nacht sagen.
Vorbei die Zeiten, in denen mancherorts Besenstiele gewählt wurden, wenn sie nur schwarz waren. Das muss nicht so bleiben, wie ein Blick auf die Deutschlandkarte der Wahlkreisergebnisse nahelegen könnte. Da ist schon jetzt mancher Besenstiel sehr blau.
Es kommt auf die Menschen vor Ort an
Die nächste Bundesregierung wird liefern müssen, wenn es nicht ein blaues Erwachen geben soll. Das verabredete 500 Milliarden-Infrastrukturpaket kann dabei helfen, im weiten Land wieder an Ansehen zu gewinnen. Erfahrungsgemäß schießt Geld aber weder Tore, noch macht es gar glücklich.
Es wird schon ankommen auf die Menschen vor Ort, in der Feuerwehr und auf dem Platz, bei den Landfrauen, im Jugendclub und in der Kirche, in Parteien und Verbänden. Manche nennen es auch Zivilgesellschaft. Noch ist das Land nicht verloren. Hinten wird die Ente fett. Wer weiß das besser als die Bauern. Immerhin leben die davon.