Beim Thema Wolf ist der Frust auf Seiten der Weidetierhalter riesengroß: Das Wolfsmanagement kommt aus ihrer Sicht nicht wirklich in die Gänge. Gleichzeitig wachsen die Wolfsbestände weiter an und die Gefahr für Schafe, Rinder und Pferde zieht mit an. Neun Tierhalterverbände haben deshalb in dieser Woche medienwirksam ihre Teilnahme an einer Beratungsveranstaltung des Bundeszentrums Weidetiere und Wolf (BZWW) medienwirksam boykottiert.
BMEL fragt, ob Verbände überhaupt Lösungen wollen
Auf Anfrage von top agrar zeigten sich Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) und das Bundesumweltressort (BMUV) irritiert von der anhaltenden Blockade der Fachverbände. Das Agrarministerium weist darauf hin, dass die Bundesregierung gerade wichtige Weichenstellungen auf europäischer Ebene unterstützt und damit ermöglicht habe, dass der Wolf in der Berner Konvention von streng geschützt auf geschützt heruntergestuft werden soll.
„Dass sich die Verbände nun - nachdem eine ihrer wesentlichen Forderungen erfüllt wird - ausgerechnet den Gesprächen verschließen, bei denen es um die konkrete Umsetzung dieser Verbesserung für die Weidetierhaltenden geht, ist verwunderlich und führt leider auch zu der Frage, ob man verbandsseitig überhaupt an Lösungen in der Sache interessiert ist“, so eine Ressortsprecherin gegenüber top agrar. Das BMEL würde das jedenfalls begrüßen und setze weiterhin auf eine konstruktive und lösungsorientierte Zusammenarbeit.
Umweltressort: Kommission muss Umsetzungsvorschlag machen
Dem BMUV zufolge hat Bundesumweltministerin Steffi Lemke stets betont, „dass sie die Sorgen und Nöte von Weidetierhaltern ernst nimmt und einen lösungsorientierten, pragmatischen Ansatz verfolgt“. Ob und inwieweit der seitens der EU geplante Vorschlag, den Schutzstatus des Wolfs in der Berner Konvention abzusenken, im Falle der entsprechenden Beschlussfassung in der Folge zu einer Änderung der Regelungen im EU-Recht führen und Änderungen für ein Management des Wolfs ermöglichen würde ist nach Auffassung des Bundesumweltministeriums im ersten Schritt abhängig von dem dann seitens der EU-Kommission vorzulegenden Umsetzungsvorschlag. Die Bundesregierung werde den Vorschlag bewerten, wenn er vorliegt, so eine Sprecherin des BMUV.
Freie Bauern: Spielräume der FFH-Richtlinie nutzen
Die Einordnung durch das Umweltressort überzeugt die Freien Bauern nicht. Der Verband bezweifelt, dass Bundesumweltministerin Steffi Lemke die damit gewonnenen Spielräume zugunsten der dringend notwendigen jagdlichen Regulierung des Raubtiers nutzen wird. „Nach wie vor verweigert Lemke sogar die Übernahme des Artikels 16 (1) der FFH-Richtlinie ins deutsche Naturschutzrecht, wodurch Wölfe in der Nähe von Siedlungen und Viehweiden bereits heute geschossen werden könnten“, so Marco Hintze, Landessprecher der Freien Bauern Brandenburg.
So werde die Weidetierhaltung etwa in Schweden oder Frankreich effektiv gegen Wölfe verteidigt. Hintze weiter: „Für Lemke ist der Wolf ein Herrschaftssymbol grüner Ideologie – das Leid der Weidetiere, die Ängste der Tierhalter und der Verlust wertvoller Biotope in der Kulturlandschaft lassen sie offenbar kalt.“
Eine Sprecherin des Umweltministeriums weist in dem Zusammenhang auf die aus Sicht des Ressorts bereits gelockerte Verfahren zur Entnahme von Problemwölfen ein: „Das von der Umweltministerkonferenz (UMK) verabschiedete Schnellabschussverfahren sieht vor, dass in Gebieten mit erhöhtem Rissaufkommen bereits nach erstmaligem Überwinden des zumutbaren Herdenschutzes und dem Riss von Weidetieren durch einen Wolf eine Abschussgenehmigung erteilt werden kann. Diese soll zeitlich für einen Zeitraum von 21 Tagen nach dem Rissereignis gelten und die Entnahme im Umkreis von bis zu 1.000 m um die betroffene Weide im betroffenen Gebiet zulassen. Bewegt sich der Abschuss in diesem in der Genehmigung vorgegebenen Rahmen, ist der Abschuss des Wolfes rechtmäßig. Die Länder können nach Abschuss des Wolfes weiterhin eine DNA Probe entnehmen. Das Verfahren der Schnellabschüsse ermöglicht somit durch die Definition von Gebieten mit erhöhtem Rissaufkommen bereits ein regional differenziertes Management.“