Der Geschäftsführer des Verbandes „Der Agrarhandel“, Martin Courbier, zum Präsidentschaftswahlsieg von Donald Trump und den möglichen Folgen für den internationalen Agrarhandel und die deutsche Wirtschaft
AgE: Herr Courbier, Donald Trump ist zum zweiten Mal zum US-Präsidenten gewählt worden. Im Wahlkampf hatte er für diesen Fall angekündigt, einen Zoll von 60% auf „alles“ aus China und Zölle von 10 bis 20% auf alle anderen Importe zu erheben. Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass Trump diese Ankündigung wahr macht?
Courbier: Aus der ersten Amtszeit von Trump wissen wir, dass der US-Präsident seinen Ankündigungen durchaus Taten folgen lässt. Allerdings befinden sich die USA, befindet sich die Welt geopolitisch heute in einer anderen Situation als gegen Ende seiner ersten Amtszeit. Zu befürchten ist aber in jedem Fall, dass der Ton rauer und der protektionistische Kurs konsequent fortgeführt wird.
Zölle hätten für uns gravierende Folgen
Was würden denn Zölle von 10 bis 20% für den deutschen Agrarexport in die USA bedeuten?
Courbier: Lassen sie mich das zunächst einordnen: Insgesamt importierte Deutschland im Jahr 2023 Agrargüter im Wert von 3,3 Mrd. € aus den USA, was 1,5% der gesamten deutschen Agrarimporte entsprach. Etwa die Hälfte davon machten wertmäßig Sojabohnen aus.
Die Ausfuhren von landwirtschaftlichen Produkten aus Deutschland in die USA betrug 2,3 Mrd. €. Das entsprach einem Exportanteil von 1,2%. Ausgeführt werden vor allem Zuckerwaren, Kakaoprodukte sowie Kaffee. Im Verlauf der letzten Jahre hat das Agrarhandelsdefizit mit den USA zugenommen.
Zölle von 10 bis 20 % auf deutsche Agrarprodukte in die USA hätten spürbar negative Auswirkungen auf den Export, würden aber auch der US-Wirtschaft massiv schaden. Die direkten Konsequenzen wären höhere Preise, eine verringerte Nachfrage und damit potenziell weiter sinkende Exportmengen, was zu Umsatzverlusten und einer geringeren Wettbewerbsfähigkeit führen würde. Die genauen Folgen hängen auch davon ab, ob die betroffenen Unternehmen beispielsweise mit Effizienzsteigerungen in der Produktion reagieren und inwieweit alternative Märkte erschlossen werden können.
Neue Handelsabkommen sehr wichtig
Was kann man also tun?
Courbier: Es wird deutlich, wie wichtig es aus deutscher und auch europäischer Sicht ist, neue Handelsabkommen zügig abzuschließen beziehungsweise zu ratifizieren - Stichworte Mercosur, Export deutschen Getreides nach Indonesien et cetera. Denn die Zölle verteuern nicht nur deutsche Waren in den USA, sondern dürften auch zu Gegenzöllen der EU führen, was den Außenhandel weiter belasten würde.
Inwiefern könnte dies dann Lieferungen nach Deutschland treffen?
Courbier: Auch hier dürfte es dann zu höheren Preise, Verlagerungen in den Lieferketten, reduzierten Exporten in die USA und einer potenziellen Ungewissheit für Unternehmen und Verbraucher kommen. Betroffene Unternehmen könnten auf neue Märkte umschwenken, ihre Lieferketten diversifizieren und versuchen, die zusätzlichen Kosten durch Effizienzsteigerungen oder Änderungen in der Produktstrategie auszugleichen.
Die USA bleiben aber ein wichtiger Handelspartner und wichtigster Verbündeter in einer Zeit globaler Umbrüche. Daher müssen wir weiterhin in die Fortsetzung der traditionell guten transatlantischen Beziehungen investieren.
Deutschland braucht offene Märkte
Wie sollte sich Deutschland also aufstellen?
Courbier: Wir haben ein essenzielles Interesse an offenen Märkten und einer effizienten Arbeitsteilung bei der Produktion von Agrarprodukten auf der Welt. Deutschland ist einer von global ganz wenigen Gunststandorten für die ackerbauliche Produktion, vor allem bezogen auf Getreide – diese Stärke müssen wir festigen, gerade mit Blick auf die weltweit vorherrschenden, protektionistischen Tendenzen und weltweit sinkenden Getreidebilanzen bei einer wachsenden Weltbevölkerung.
Jegliche politische Maßnahme, die eine Extensivierung im Ackerbau nach sich zieht, muss daher immer kritisch und eingehend auf die Notwendigkeit geprüft werden.
Welche wirtschaftlichen Folgen hätte im schlimmsten Fall ein Handelskrieg zwischen den USA mit China und der EU für die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft?
Courbier: Langfristig wäre die deutsche Agrarwirtschaft gezwungen, ihre Märkte und Lieferketten stärker zu diversifizieren, was eine Anpassung der strategischen Ausrichtung erfordern würde. Die Welt braucht aber weniger und nicht mehr Handelsbeschränkungen. Nach Prognosen des Instituts der deutschen Wirtschaft könnte ein solcher Handelskrieg die hiesige Wirtschaft in vier Jahren bis zu 180 Mrd. € kosten.
Brauchen schnelle, klare Entscheidungen
Was also raten Sie der zukünftigen Bundesregierung für den Umgang mit der Administration Trump, ausgehend von den Erfahrungen aus den ersten vier Jahren von Trump als US-Präsident?
Courbier: Was wir dringend benötigen, sind schnellere politische Entscheidungsprozesse mit klaren Prioritäten. Das haben wir sowohl auf EU- wie auch auf deutscher Ebene eine lange Zeit vermisst. Hier müssen wir dringend besser werden und uns auch rechtzeitig auf solche Szenarien einstellen.
Gibt es auch Positives, was Sie von einem US-Präsidenten Trump in Bezug auf die internationalen Handelsbeziehungen erwarten?
Courbier: Ein amerikanischer Präsident kann und darf nie nur „America first“ sein. Von einem verantwortungsbewusst handelnden Präsidenten erwarte ich im Grundsatz immer positive Impulse in Bezug auf die internationalen Handelsbeziehungen, beispielweise über bilaterale Handelsabkommen oder eine Deregulierung des Handels. Allein der Glaube fehlt mir, dass in diesem Fall Erwartung und Realität in Einklang zu bringen sind.
Herzlichen Dank!