Ohne Stickstoffdünger gibt es keine ertragreiche Ernte. Doch steigende Preise, politische Vorgaben und globale Marktverschiebungen setzen die Landwirte unter Druck. Die diesjährige Tagung des Evangelischen Landforums der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig, die am 17. Februar unter dem Motto „Unser täglich Brot" stattfand, rückte diese Herausforderungen in den Mittelpunkt. Rund 50 Landwirtinnen und Landwirte diskutierten über die Zukunft der Nahrungsmittelproduktion - ein zentrales Thema war der Düngemittelmarkt.
Torsten Graßhoff, Regional Sales Manager beim Düngemittelhersteller Yara, brachte es in seinem Vortrag auf den Punkt: Stickstoff ist teuer, aber effizient. Jeder Betrieb muss seinen Einsatz optimieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Preisexplosion bei Stickstoffdüngern
Die Preise für Stickstoffdünger sind in den vergangenen Monaten drastisch gestiegen. „Die 4 steht schon wieder vor dem Komma“, sagte Graßhoff mit Blick auf den aktuellen Marktpreis für Kalkammonsalpeter (KAS). Noch im Sommer 2024 lagen die Preise bei 260 bis 270 € pro Tonne für den Handel. Während die Getreidepreise stagnieren oder sogar sinken, steigen die Kosten für Düngemittel weiter an - eine Entwicklung, die viele Landwirte in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringt.
Importe aus Russland auf dem Vormarsch
Kritisch äußerte sich Graßhoff zu den Sanktionen gegen Russland. Der Anteil russischer Düngemittel auf dem deutschen Markt nimmt zu. Mittlerweile stammen 18 % des hier verwendeten Stickstoffdüngers aus Russland. Graßhoff kritisierte: „Einerseits sanktionieren wir russisches Gas, andererseits importieren wir ihr weißes Gold - den Harnstoff“.
Gleichzeitig gewinnen ägyptische Produzenten an Bedeutung. Bis vor wenigen Jahren wurde dort Gas ungenutzt abgefackelt, heute betreiben sie moderne Ammoniakanlagen und liefern billigen Dünger nach Europa.
Grüner Dünger wird sich außerhalb Europas kaum vermarkten lassen
Chancen für den deutschen und europäischen Markt sieht Graßhoff in grünen Düngern, die auf Basis erneuerbarer Energien hergestellt werden. Bisher sei das aber nur eine kleine Nische. „Das Problem sind die hohen Kosten. Außerhalb Europas wird sich das kaum vermarkten lassen“, warnt Graßhoff. 80 Prozent der Kosten bei der Düngemittelproduktion entfallen allein auf die Energie. Die klimafreundlichere Alternative kostet derzeit rund 500 € pro Tonne mehr als herkömmlicher Dünger. Bezogen auf ein Brötchen oder Brot seien das aber nur wenige Cent, so der Experte.
Trotz der höheren Kosten birgt grüner Dünger ein großes Potenzial für den Klimaschutz: Durch seinen Einsatz lassen sich 10 bis 30 % der CO₂-Emissionen einsparen. Bisher hält sich die Nachfrage allerdings in engen Grenzen.
Bald zu wenig Qualitätsweizen?
Für Yara hat der europäische Markt in den letzten Jahren an Bedeutung verloren. Am Beispiel Deutschland zeigte er auf, dass durch die Düngeverordnung aus Brüssel der Einsatz von stickstoffhaltigem Mineraldünger seit 2014/15 um 43 % zurückgegangen ist. Die Folge: weniger Eiweißweizen aus heimischer Produktion - und mehr Importe. „Wir müssen importieren, was wir früher selbst angebaut haben“, sagt Graßhoff.
Markt im Wandel
Die europäische Düngemittelindustrie steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Die Preise steigen, der Wettbewerb mit internationalen Produzenten nimmt zu und politische Vorgaben setzen enge Grenzen. Doch eines bleibt sicher: „Ohne Stickstoff gibt es keine Erträge“, betonte Graßhoff abschließend. Wie sich der Markt unter diesen Bedingungen entwickelt, werden die nächsten Jahre zeigen.