Ab Februar 2025 ist der Breitverteiler beim Ausbringen von Gülle auf Grünland verboten. Flüssige Wirtschaftsdünger dürfen nur noch bodennah mit emissionsarmer Technik wie Schleppschläuchen, Schleppschuhen oder Scheibeninjektoren ausgebracht werden. Eigentlich – denn in einigen Bundesländern wie Bayern, Baden-Württemberg und NRW gibt es Ausnahmen. Dort dürfen Landwirte auch künftig Rindergülle bis zu einem Trockensubstanzgehalt von 4,6 % weiter mit dem Breitverteiler ausbringen. Die Verdünnung soll die klimarelevanten Ammoniakverluste (NH3) der Rindergülle reduzieren. Viele Landwirte haben bereits im Vorfeld der Änderung in Schleppschlauch- und Schleppschuhsysteme investiert.
In einer Umfrage von top agrar spricht sich eine Mehrheit der Teilnehmenden dafür aus, dass die Ausnahmeregel für den Breitverteiler bundesweit gelten sollte. Ein Drittel der Teilnehmenden wünscht sich zudem, dass die Regelung auch auf andere Güllearten ausgedehnt wird. Nur eine Minderheit von 17 % sagt in der Umfrage, die Ausnahmen seien unnötig, weil die meisten Betriebe bereits auf bodennahe Technik umgestellt haben. Die Umfrage ist nicht signifikant und zeigt ein Stimmungsbild unter 1.773 Personen, die in den top agrar-Kanälen darüber abgestimmt haben.
Wer hat investiert?
Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden dort gibt an, dass sie bisher nicht in neue Technik für die Gülleausbringung investiert haben. Gut ein Viertel der Teilnehmenden will ab Februar beide Techniken parallel nutzen, den Breitverteiler und die emissionsarmen Ausbringtechniken. Rund 17 % ärgern sich in der Umfrage, dass es jetzt Ausnahmen gibt und sie ihre neue Technik wieder verkaufen könnten.
Gemischtes Echo unter landwirtschaftlichen Fachleuten
In der landwirtschaftlichen Fachwelt gibt es unterschiedliche Bewertungen dazu, dass die Landesregierungen jetzt kurz vor Fristende zum Mittel der Ausnahmen greifen. „Die Untersuchungen von vor fast 40 Jahren sind jedermann zugänglich, und dass dünnere Rindergülle weniger emittiert als dickere, ist mindestens seit 30 Jahren international bekannt. Nach dem was wir bisher über diese kürzliche Innovationsforschung zu NH3-Emissionen wissen, ist das erst einmal nicht mehr als alter Wein in neuen Schläuchen“, sagt Helmut Döhler von Döhler Agrar, im Interview mit top agrar.
Er forscht seit Jahrzehnten zum Thema Gülle-Emissionen. Aus seiner Sicht wüssten viele Landwirte eigentlich die Vorteile hinsichtlich Längs- und Querverteilungsqualität, Grenzstreuen und Emissionsminderung zu schätzen und reagierten überwiegend mit Kopfschütteln auf die Renaissance des Breitverteilers.
Technik-Hersteller kritisieren Ausnahmeregeln
Der Hersteller Zunhammer kritisiert die neuen Ausnahmeregeln zum Einsatz der Breitverteiltechnik bei Rindergülle offen. Er fürchtet dabei auch um das Image der Landwirtschaft. Wirtschaftlich ergebe die neue Regelung für Landwirte wenig Sinn, so die Einschätzung von Sebastian Zunhammer, Seniorchef beim gleichnamigen Hersteller für Gülletechnik. Durch das Verdünnen der Rindergülle steige das auszubringende Volumen so stark an, dass die dafür benötigte Technik teurer sei als die Ausbringung der unverdünnten Gülle mit Schleppschuhverteiler.
Ähnlich sieht man es beim Wettbewerber Joskin. Pierre Wuidar, Verkaufsleiter für die deutschsprachigen Länder bei Joskin, befürchtet, dass eine eingeschränkte Nachweisbarkeit der ausreichenden Verdünnung zu Missbrauch führen wird.
Zu dem Thema Breitverteiler sind bei top agrar viele Leserstimmen eingegangen. Von denen wir hier eine Auswahl veröffentlichen.
Alle Meinungsbeiträge in diesem Artikel stammen von unseren Leserinnen und Lesern. Sie geben nicht unbedingt die Meinung unserer Redaktion wieder. Wir behalten uns vor, die Einsendungen gekürzt in diesem und ähnlichen Formaten zu veröffentlichen.
„Gehört für mich schon seit 10 Jahren verboten. Wir fahren schon seit 20 Jahren erst mit Schleppschlauch und seit 10 Jahren mit Schleppschuh. Beide Geräte ohne Förderung gekauft. Das Schlimme gerade in Dorfnähe wird oft noch mit Prallteller gefahren. Das verschlechtert das Image von uns allen.“ (Daniel Kattendahl-Biedemann, via Instagram)
„Genau das Selbe gilt für Mais Bohne! Wir haben durch die Bauernmilliarde einen Schleppschuh und eine Maishacke gekauft. Nun wird Mais-Bohne wieder gestrichen und das Geld steht hier im Schuppen. Dadurch, dass alle anderen die Technik dann auch nicht brauchen, fallen die Preise für Gebrauchtmaschinen im jeweiligen Segment. Die Politik schiebt was an, lockt mit Förderung und lässt uns nun mit den Krediten und den teuren Maschinen in der Halle im Regen stehen.“ (Timo Semken, via Instagram)
„Für Kleinbetriebe und schwieriges Gelände sollte es eine Ausnahme geben, für den Rest nicht.“ (Josef P., via Instagram)
„Für uns wäre der Breitverteiler wichtig, wir haben die Bullengülle immer in Würsten auf dem Gras liegen.“ (Manuel, via Instagram)
„Für das Grünland ist die bodennahe Ausbringung nicht gut“ (Gregor G., via Instagram)
„Wettbewerbsverzerrung anderen Landwirten gegenüber, die in Technik investieren müssen.“ (Franz, via Instagram
„Es wäre sinnvoller den Einsatzzeitraum von Pralltellern festzulegen.“ (Leo L., via Instagram)
Zu: "Rindergülle: Zunhammer gegen Breitverteiler"
„Das ist logisch, dass die Hersteller das so sehen wenn die Gelddruckmaschine bröckelt. Wer den Sumpf trocken legen will darf die Frösche nicht fragen.“ (Winfried Klosterkamp)
„Die Streifentechnik war für die Hersteller wie eine Lizenz zum Geld drucken! Und die Landwirte mussten den Wahnsinn bezahlen! (Alois Straßer)“
„Da haben die Hersteller nun mal Recht. Vor allem spricht dieses Vorhaben wieder den Erwartungen, das es keine Planungssicherheit mehr gibt und Betriebe, die viel investiert haben, sind wieder die Dummen.“ (Bernd Brunhöver)
„Tja das nächste Fass wird jetzt sicher kein Joskin und auch kein Zunhammer. Generell ist das ganze Stickstoff Thema zu vergessen, wenn wir Harnstoff beim Auspuff raus blasen. Was auch immer vergessen wird, ist die sofortige Aufnahme übers Blatt, die bei bodennaher Ausbringung gänzlich verloren geht.“ (Alfred Selker)
„Wem die Gülle stinkt, dem stinkt die Gülle egal wie sie ausgebracht wird!“ (Helmut Wehr)
„Das war doch klar, dass sich Zunhamer und Co. sich so äußern, insbesondere wenn einem das Wasser bis zum Hals steht und man die eigene viel zu teure Technik nicht verkauft bekommt.“ (Herbert Platen)
„Dass sich die Hersteller für teure Technik aussprechen, ist klar. Auch gehen die vom 0815-Fall aus. In der Praxis gibt es aber eben Fälle, wo große, schwere, teure Verteiler eben keinen Sinn ergeben. Sei es auf Kleinstflächen, am Steilhang oder wenn die Gülle eh schon (beinahe) ausreichend flüssig ist bzw. sowieso Waschwasser (Melkstand) oder Regenwasser der Siloflächen ausgebracht werden müssen. - Fatal ist, dass die Regelungen, die erst zu den teuren Ausbringtechniken geführt haben, allein darauf beruhen, dass man denen per se nachgesagt hatte, sie seien verlustärmer. Fakt ist aber, dass dies - wie nun wissenschaftlich bewiesen und in Bayern auch im gesetzlichen Regelwerk anerkannt ist - gar nicht stimmen muss. Hätte man nicht gleich ehrlich bleiben und einen Zielwert zur Verlustvermeidung setzen können und dann den Landwirten selbst überlassen können, mit welcher Strategie und Technik sie diese erreichen? - Das Allerletzte ist, dass bei Joskin jemand öffentlich äußert, dass Landwirte Missbrauch betreiben werden.“ (Andreas Gerner)
Das sind wohl Firmen denen der Verdienst nicht groß genug sein kann. Es gibt auf den landwirtschaftlichen Betrieben so viel verdünnte Gülle indem das Waschwasser vom Melkstand enthalten ist oder das Wasser von den Silo Platten aufgefangen wird, somit ist es sinnvoll auf Moorwiesen mit leichter Technik und nicht noch mit zwei Tonnen extra im Nacken Gülle auszubringen. Das ist dann nachhaltig und im Sinne des Bodenschutzes. (Harry Hinrichsen)
Zu: „Renaissance der Gülle-Breitverteilung?“
„Pro und kontra? Was ist idealer? Meiner Meinung nach ist die Gülleausbringung auf Grünland mit der alten Technik Breitverteiler wesentlich besser als mit Schleppschuh! Güllewürste im Futter ist ekelhaft! Genauso erste Gülledüngung auf Getreide im Frühjahr hat mehr Vorteile als Nachteile! Das Getreide kann bei Breitverteilung wesentlich mehr Stickstoff in kurzer Zeit aufnehmen als die 15cm breit abgelegten Güllewürste. Bis da die Nähstoffe von den weit entfernten Pflanzen aufgenommen werden, vergehen oft mehr als drei Wochen! Solche Forscher wollen der Landwirtschaft nichts Gutes! Sie sind nur auf ihren eigenen Profit aus und verteuern zusätzlich die Produktionskosten der Landwirte!“ (Hermann Kamm)
„Die letzte Aussage aus dem Interview ist wohl richtig, jedoch zählt in den Moorwiesen jede Tonne Gewicht und nicht jeder Betrieb hat zu 100% ackerfähiges Grünland, somit wäre dieses für alle Bundesländer ein guter Kompromiss, es muss ja nur die Gülle auf den Flächen verdünnt werden, der Rest ja nicht.“ (Harry Hinrichsen)
„Bei uns werden Flächen unter Schutz gestellt da darf ab 1.3. des Jahres nicht mehr gefüllt werden , das bedeutet ab da kein Schleppschuheinsatz mehr möglich. Vielfach sind die Flächen davor aber gar nicht befahrbar…… über Frost ist ja auch verboten ! Was sollen die betreffenden Landwirte nun machen alles zum Schutz der Bodenbrüter - wenn aber ein Meyer Schiff überführt wird und die Ems 4 Tage aufgestaut wird ist das alles egal. Man kann nachher am Emsdeich sehen, wie hoch das Wasser gestanden hat.“ (Gerd Uken)
"So ein Quatsch. Die Abschaffung der Breitverteiler hat doch nur den Herstellern geholfen. Bei den Landwirten hat es doch nur den Strukturwandel beschleunigt. Und der Nutzen für die Umwelt ist meiner Meinung nach auch mehr als zweifelhaft." (Manuela Franka, via Instagram)
"Es gibt aber auch die Betriebe, wo die stark verdünnte Rindergülle/-jauche einfach anfällt (eben wie beschrieben durch offene Laufhöfe), es sich aber allein auf Grund der sehr geringen Menge absolut nicht lohnt, irgendwas anderes als die vorhandene Technik zu nutzen. Von daher sind die Ausnahmeregeln sehr zu begrüßen. Die Unruhe kommt am Ende höchstens dadurch, dass man sich erst eine Regelung ausdenkt und dann wieder bis unmittelbar vor Torschluss braucht, um diese praxistauglich zu machen. In unserem Fall müsste ich einen Lohnunternehmer (das sind neben den Herstellern die einzigen Profiteure) beauftragen, um im Wesentlichen die "Sickerjauche" unserer 25 Mutterkühe, die eh mehr Hobby und Landschaftspflege als wirtschaftlich sind, vom offenen Laufbereich mit Festmist auszubringen. Da die Zufahrt zum Güllebehälter aber historisch gewachsen mit einem großen Fass nicht möglich ist, müsste ich ihm das Zeug auch noch mit dem vorhandenen 7 m3-Fass zubringen. Wirtschaftlich und arbeitswirtschaftlich völlig absurd und auch über einen ökologischen Vorteil müssen wir da glaube ich nicht mehr sprechen." (Daniel Gottmann, via Instagram)
Zu: "Breitverteiler: Auch NRW erlaubt Ausnahmen für Rindergülle"
"Ich persönlich bin absolut überzeugt von der bodennahen Ausbringung, aber es ist ein absoluter Schlag in den Nacken für jeden Betrieb und Lohnunternehmer, der investiert hat, um Gesetze einzuhalten. Diese Politik ist nur noch unglaubwürdig." (Stefan Volmer, via Instagram)
"Bodennahe Ausbringung schön und gut, aber es gibt auch Flächen wo man mit der Technik und vor allem mit dem Gewicht nicht mehr fahren kann, weil es einfach auch zu schwer wird." (Nils Bornholt, via Instagram)
„Da ist noch mehr möglich, konzentriert Gülle ablegen / injektieren ist für die Boden-Biologie und das Gewinn-Modell unserer Landwirtschaft ein Riesen-Unfug. In Triesdorf sind im Februar 2024 Forschungen gelaufen, die uns helfen können.“ (Maarten Sillekens)