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Klimafitte Erdäpfelsorten

Der Klimawandel bringt immer häufiger Extreme mit Hitze und Trockenheit oder anhaltende Nässe mit sich. Die Wahl der richtigen, klimafitten Kartoffelsorten wird zur Stellschraube für den Anbau.

Lesezeit: 8 Minuten

Nach welchen Eigenschaften es sich zu fragen lohnt, erläutert unser Autor Christian Landzettel, Fachberater für Kartoffelbau, ­Bioland Erzeugerring Bayern e.V.

Schnell gelesen

Im Kartoffelbau wird der immense Einfluss der Sorte auf den Produktionserfolg oftmals noch immer recht deutlich unterschätzt.

Insbesondere ist die Kombination von Stresstoleranz und Blattgesundheit zunehmend bedeutsam.

Daneben geben aber auch die klimatischen Unterschiede, wie z. B. zwischen den kühlen Lagen des Waldviertels und dem trocken-heißen Marchfeld, standort-individuelle Schwerpunkte vor.

Das optimale Sortenportfolio berücksichtigt daher die Vielzahl der in den letzten Jahren erlebten Witterungsextreme.

Die Kartoffelzüchtung bietet uns bestmöglich an aktuelle Herausforderungen angepasste Sorten und hat dabei schon heute die Anforderungen für die Sorten von Übermorgen im Blick.

Kartoffelerzeuger wissen, dass jede Saison ihre speziellen Herausforderungen bereithält. In Zeiten des Klimawandels sind Extreme mit Hitze und Trockenheit oder durch anhaltende Nässe keine Seltenheit – und auch beide Stressextreme nacheinander können uns herausfordern. Eine Umfrage von Wissenschaftern im Rahmen eines von der EU geförderten Forschungsprojektes zeigt, dass mehr als 90 % der österreichischen Erdäpfelbauern über Beeinträchtigungen durch den Klimawandel in den letzten zehn Jahren berichten.

Stabil bei Hitze- und Trockenstress

Dank der zukunftsorientierten und visionären Arbeit der Kartoffelzüchter, liegt eine der wesentlichen Stellschrauben hin zum erfolgreichen Anbau zweifellos in der Sortenwahl. Der folgende Beitrag befasst sich mit den wesentlichen Merkmalen zukunftsweisender, „klimafitter“ Kartoffelsorten.

„Sommer-Stress“ kann mehrfach auf die Pflanzen einwirken. Die beiden prominentesten dieser Effekte sind Trockenheit und Hitze und auch sie fordern den pflanzlichen Organismus auf sehr unterschiedliche Art heraus. Trockenheit verlangt wassereffiziente Sorten. Ein dichtes und tiefgreifendes Wurzelwerk hilft diesen, auch bei knappem Wasserangebot lange weiterzuwachsen. Über eine perfekte Steuerung der Trans-piration des Blattapparates nutzen einige Sorten ein geringes Wasserangebot besonders effizient aus.

Des Weiteren zeichnen sich wassereffiziente Sorten oft durch eine zügige Knollenbildung aus oder sind in der Lage, trotz ggf. schwankender Wasser- und somit auch schwankender Nährstoffverfügbarkeit, ein möglichst gleichförmiges Wachstum der Knollen zu leisten. Das ermöglicht eine regelmäßige Form und eine ansprechende Schalenoptik. Hitzestress setzt der Kartoffel noch weit mehr zu als Trockenstress. Tagelange Hitze insbesondere in Verbindung mit sogenannten „tropischen Nächten“ mit Temperaturen über 20 °C sind für Kartoffeln ein Höllenszenario. Diesem zu trotzen, verlangt ganz andere Eigenschaften als reiner Trockenstress.

Zügige Krautentwicklung

Seit jeher schätzt man v. a. im Bioanbau Sorten, die dank zügiger Krautentwicklung Unkraut unterdrücken. Diese sind auch bei Hitze im Vorteil: Ist der Bestand geschlossen, werden nur die obersten Blattetagen der Hitze ausgesetzt und gleichzeitig wirken diese wie ein Sonnenschirm über dem Damm. In offenen Beständen dagegen würde die Hitze höhere Anteile der Blattmasse betreffen und die Knollen wären im teilweise besonnten Damm deutlich höheren Temperaturen aus­gesetzt.

Zunächst muss das Kraut der Hitze per se standhalten: Hitzestressempfindliche Sorten kippen zügig welkend um und öffnen somit auch ein geschlossenes Blattwerk schnell wieder. Andere verlieren beträchtliche Anteile des Blattwerkes durch hitze- und einstrahlungsbedingte Blattnekrosen und sehr häufig nimmt die Empfindlichkeit gegenüber Schwächeparasiten wie Alternaria und Colletotrichum rapide zu. Auch hier bestehen also deutliche Sortenunterschiede!

Ein zentraler Punkt bei Hitzestress betrifft die Knollen selbst. Bei einigen Sorten löst mehrtägiger Hitzestress mit Temperaturen jenseits der 27 °C das sogenannte Zweitwachstum (Zwiewuchs) aus. Einige Knollen schließen dann das reguläre Wachstum ab und entwickeln eine Bereitschaft zum Wiederaustrieb. Herrschen nach einer trocken-heißen Phase wieder moderatere Temperaturen bei gleichzeitig ausreichendem Wasserangebot, so bilden diese Knollen direkt oder an kurzen Stolonen angewachsenes, neues Knollengewebe (Puppigkeit, Kettenwuchs). Lebt und assimiliert die zwiewüchsige Staude nicht so lange weiter, bis auch die Zweitprodukte physiologisch ausgereift sind, so zehren die neuen Knollenanhängsel ihre „Mütter“ aus. Neben verspäteter Abreife und oft drastischen optischen Verwerfungen sind Partien mit unreifen und teilweise ausgezehrten Anteilen in der Lagerfähigkeit oft stark eingeschränkt und im schlimmsten Fall fäulnisgefährdet und nicht sachgerecht verwertbar. Mit zunehmend heißer werdenden Sommern ist die Zwiewuchsstabilität einer Sorte zu einem zentralen Aspekt der Sortenwahl avanciert.

Besonders prioritär ist dieser Punkt dort, wo ohne Bewässerung produziert wird bzw. auf Standorten, die wie das Weinviertel, das Burgenland oder das Grazer Feld sehr häufig von anhaltender Hitze geplagt sind. Erfreulicherweise finden sich auf den Angebotslisten der Züchter zunehmend Sorten, die neben einer Trockentoleranz mit einer beeindruckenden Zwiewuchsfestigkeit aufwarten können!

Stabil gegen Krautfäule

Neben Starkregenereignissen, die mit Überflutung und Erosionsrisiken he-rausfordern können, erleben wir immer wieder auch Phasen anhaltender Nässe wie beispielsweise im vergangenen Sommer in vielen österreichischen oder deutschen Anbaugebieten. Von den vielen Herausforderungen nasser Verhältnisse (Staunässe ist ein enorm ertragsreduzierender Stressfaktor!) sei an dieser Stelle die geforderte Stabilität gegenüber der Krautfäule hervorgehoben.

Hier gilt es festzuhalten: Die Widerstandsfähigkeit einer Sorte ist die effektivste und nachhaltigste Form der Krautfäulebekämpfung! Zunächst betrachtet man die Reaktion des Krautapparates, doch wir müssen gleichermaßen auf eine Widerstandsfähigkeit an Kraut und Knolle (Kraut- und Knollenfäule!) Wert legen.

Innerhalb des Sortimentes lässt sich bzgl. der Blattbefallsstabilität eine gute Einteilung vornehmen, wenn man mit bekannten, mittelmäßig widerstandsfähigen Sorten wie Agria vergleicht. Hierbei ist die Reifezeit der Sorte relativierend mit einzubeziehen, da spätere Sorten in der Regel stabiler sind (und auch sein müssen!) als frühe. Vergleichen wir im mittelfrühen Segment mit Agria, so finden wir neben vielen leider markant schwächeren Charakteren viele sogenannte feldresistente Sorten.

Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie bei stärkeren Epidemien eines Tages zwar Befall zeigen, er tritt jedoch sichtlich später auf. Hinzu kommt oft eine gewisse Toleranz, sodass sich der Befall weniger schnell ausbreitet bzw. der Ertrag weniger beeinträchtigt wird.

In Kombination mit einer guten Widerstandsfähigkeit in der Knolle bieten feldresistente Sorten daher im Hinblick auf Ertrag und Qualität eine signifikante Absicherung gegenüber der Krautfäule. Bedenkt man, dass an einem guten Wachstumstag ein Ertragszuwachs von ca. 1 t/ha möglich ist, wird der Mehrwert schnell auch betriebswirtschaftlich greifbar.

Vor allem in den letzten Jahren bieten die Züchter vermehrt auch Sorten an, die tatsächlich mehr oder weniger „resistent“ sind bis hin zum Nullbefall. In den meisten Fällen handelt es sich um hochwirksame Resistenzen, die auf klassischem Züchtungsweg (keine Gentechnik!) aus Kartoffelwildarten in moderne Zuchtlinien überführt wurden. Trotz der hohen Effektivität beruhen diese Effekte -anders als die der meisten Feldresistenzen- auf der Wirkung einzelner, sogenannter R-Gene. Insbesondere wenn nur ein oder zwei solcher R-Gene eine Resistenz vermitteln, gilt es zu berücksichtigen, dass sie schnell gebrochen werden könnte, wenn auf eventuell benachbart stehenden, anfälligen Sorten durch Mutation eine Krautfäulespore entsteht, die den Resistenzmechanismus umgehen kann. Spätestens wenn anfällige Sorten in der Umgebung Befall zeigen, gilt es, eventuelle Mutanten durch angepasste Pflanzenschutzmaßnahmen rein zum Resistenzschutz abzufangen!

Sollten resistente Sorten selbst Befall zeigen, sind zudem Maßnahmen wie die Bereinigung von Infektionsherden, Krautminderung, Nachbauvermeidung etc. zu prüfen. In der modernen Zuchtarbeit setzt man u. a. auf die Kombination mehrerer R-Gene, welche sich gegenseitig schützen. Feldresistente wie R-Gen-resistente Sorten tragen in allen Anbausystemen zur Reduktion des Pflanzenschutzbedarfes bei.

Resistentere Sorten leisten einen erheblichen Beitrag zur Reduktion des allgemeinen Fungizideinsatzes. Auch im Bioanbau nähert sich der Kupferaufwand noch weiter an diejenige Menge an, die im Laufe einer Fruchtfolge ohnehin als Nährstoff benötigt wird.

Um diese Entwicklung aktiv zu befördern und die Züchtung entsprechender Sorten zu würdigen, ist in den Richtlinien des Bioland-Verbandes für Betriebe mit mehr als zwei Hektar Kartoffeln der Anbau von überdurchschnittlich krautfäulestabilen Sorten auf mindestens 10 % der Kartoffelfläche verpflichtend vorgeschrieben.

Von starker Frühentwicklung bis Langzeitlagerfähigkeit

Je früher eine Sorte marktfähige Knollenkaliber entwickelt, desto geeigneter ist sie für die Produktion von Früh- und Anschlussware. Doch auch innerhalb späterer Reifegruppen unterscheiden wir Sorten mit eher trägerer oder eben früherer Knollenertragsbildung.

Gegenüber extremer Frühsommerwitterung oder der Krautfäule ist das eine Art indirekter Resistenz: Viele mittelfrühe Sorten sind unter normalen Bedingungen Anfang September erntereif. Wird das Wachstum schon Anfang August durch Hitze oder Krautfäule beendet, werden wir bei Sorten, die bereits im Juli die wesentliche Ertragsbildung vollzogen haben, sicherere Erträge haben als bei Sorten, die dies erst im August umsetzen. Fast alle Züchter werben mit Low-Input-Sorten. Diese Sorten bieten hohes Ertragspotenzial auch bei geringerem Nährstoffangebot. Dabei geht es vor allem um den Stickstoffbedarf. Sorten, die mit 20 bis 30 % weniger Stickstoffangebot denselben Ertrag bilden können wie der Durchschnitt der Sorten, markieren eine bemerkenswerte Weiterentwicklung.

Keimruhe ist wichtiger Aspekt

Die Keimruhe und somit Lagerfähigkeit einer Sorte ist ein weiterer Aspekt, der insbesondere bei den mittelfrühen und späteren Sorten immer bedeutsamer wird. Ausgeprägter Hitzestress schon zum Zeitpunkt der Abreife, eine nur langsame Abkühlung im Herbst und immer mildere Winter fordern eine deutlich höhere Gewichtung einer stabilen Keimruhe. Gleichzeitig wird die Kühllagerung immer essenzieller.

Natürlich dürfen wir das Produktionsziel nie aus den Augen verlieren! Auch eine noch so stressresistente Sorte lohnt den Anbau nur, wenn sie ihren Markt findet. Doch hier gilt es, Zuversicht zu haben: Wie es im Speisebereich immer mehr „klimafitte“ Sorten mit ausgesprochen ansprechender Optik und guten Geschmacksqualitäten gibt, finden sich auch im Bereich der Verarbeitungskartoffeln zunehmend stresstolerante Charaktere mit z. B. hervorragenden Frittiereigenschaften. Hier hat sich in den letzten Jahren viel getan und ein Blick auf die „Pipelines“ der Züchter lässt in den kommenden Jahren viele interessante Neuheiten erwarten.

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