Der Branche mangelt es nicht unbedingt an Kanälen, medienwirksamen Personen oder Kontaktpunkten, da waren sich Prof. Matthias Kussin von der Hochschule Osnabrück und Rüdiger Ontrup, Creative Director bei der Agentur Kopfkunst einig. Aber: Prof. Kussin gab zu bedenken, dass viele Menschen durch den gestiegenen Medienkonsum bereits so sehr ausgelastet seien, dass es schwierig wäre, beispielsweise junge Personengruppen mit komplexen Themen und faktenbasierter Sprache zu erreichen. Sein Vergleich: Es interessiere niemanden, wie ein Smartphone aufgebaut ist, auch wenn es für viele mit das wichtigste ist, das sie tagsüber in die Hand nehmen.
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Gute Beispiele aus dem Handwerk
Rüdiger Ontrup führte ein erfolgreiches Beispiel aus einer anderen Branche an. So zeichnet sich die Kampagne „Das Handwerk“ in seinen Augen beispielsweise dadurch aus, dass sie crossmedial funktioniere, also sowohl im Netz als auch über gedruckte Medien oder persönliche Ansprache vor Ort. In seinen Augen bräuchte die Landwirtschaft ein Modell, das wie eine Pyramide aufgebaut ist. An der Spitze ständen einige Premiuminhalte, die Reichweite und Aufmerksamkeit generieren. Daneben wären dann Inhalte zu finden, die runtergebrochen auf die individuellen Betriebe passende Lösungen bespielen. Das wären z. B. Plakate für den Hof oder Argumentationsleitfäden für Diskussionen.
Aus Sicht des Experten müssten die Premiuminhalte vor allem so gestaltet sein, dass sie nicht die eigene Branche, sondern die urbanen Milieus erreichen. Das gelinge mit Humor, mit Spannung und mit Emotionen. Eine solche Imagekampagne für die gesamte Branche müsste von Grund auf durchdacht werden, um z. B. intelligente Mechanismen und unterschiedliche Multiplikatoren einzubinden.
Wisser und Besserwisser
Ontrup sieht das Pfund der Landwirte vor allem in ihrer fachlichen Kompetenz. Sie wüssten, was sie tun. Demgegenüber ständ vor allem in den sozialen Netzwerken eine hohe Anzahl an Besserwissern. Aus diesem Spannungsfeld „Wisser und Besserwisser“ könnte man in den Augen des Experten kreative, interessante, ja verblüffende und humorvolle Inhalte erstellen.
Was kostet das?
Bleibt die Frage, wie all diese Aktionen und Ideen in der realen Praxis gebündelt und finanziert werden können. Ein Problem sei dabei die „Wenn mein Nachbar zahlt, profitiere ich ja auch davon“-Mentalität einiger Landwirte. Es sei nötig, an einem Strang zu ziehen und auch eine sichere Finanzierung auf die Beine zu stellen.
Von dem Gedanken, dass eine große Kampagne alle Betriebe gleichermaßen abbilden kann, muss man sich eher verabschieden."
Uneinigkeit gab es beim Pro und Contra für die Vielschichtigkeit der Branche und der Verbände. Auf der einen Seite verpuffe die Energie einer Kampagne, wenn man sich nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständige, der alle Berufszweige einbezieht. Zudem bräuchte man für die richtige Ansprache der urbanen Bevölkerung Fachkräfte, die ohne das Vertrauen der Berufsvertreter handlungsunfähig wären. Von dem Gedanken, dass eine große Kampagne alle Betriebe gleichermaßen abbilden könne, müsste man sich daher verabschieden. Wichtig sei aber das Vertrauen, dass auch eine Kampagne, die den eigenen Betrieb nicht eins zu eins abbildet, am Ende auf das eigene Image einzahle, so Prof. Kussin.
Viel kann auch viel helfen
Rüdiger Ontrup brachte noch einen zweiten Punkt in die Überlegungen mit ein: Wenn viele mitmachen, könne das eine Kampagne noch einmal auf andere Art erfolgreich machen. Wichtig sei dafür eine Plattform, auf die jeder zugreifen kann. Intelligente Mechanismen seien wie ein Baukastenset in der Lage, unterschiedliche Multiplikatoren und verschiedene Player gleichermaßen einzubinden. Viele gemeinsam könnten eine Art Schwarmlautstärke erzeugen. Ziel müsste es sein, jeden Landwirt und Ortsverband durch passende Materialien zu ertüchtigen, mit möglichst geringem Aufwand vor der eigenen Haustür Wirkung zu erzeugen.