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Hochwasser Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

topplus Obstbau statt Schweinemast

Wie ein Österreicher mit 23.000 Marillenbäumen den Betrieb neu ausrichtet

Wolfgang Hackl hat den elterlichen Betrieb umgekrempelt. In der Neuausrichtung mit Steinobst sieht er Potenzial. Während sich die Vegetationsperiode weiter verschiebt, punktet er mit mutigen Ideen.

Lesezeit: 6 Minuten

Im Garten von Familie Hackl steht ein Marillenbaum. Ein einziger. Doch der reichte für eine ganz neue Betriebs­idee: Obstbau. Heute stehen auf dem Hackls-Hof 23.000 Marillen- bzw. Ap­rikosenbäume. „Wir waren ein klassischer Betrieb mit Ackerbau und Schweinemast“, erzählt Wolfgang Hackl, als wir ihn auf einer Farm-Tours-Reise gemeinsam mit 23 Landwirtinnen und Landwirten besuchen.

In der Tierhaltung sah er wegen der Erzeugerpreise wenig Zukunft. Ähnlich beim Ackerbau, den die heißen Witterungsbe­dingungen zusätzlich erschweren. Es musste also eine neue Idee her. „Ich habe überlegt, was in unserer Region gesucht wird. Da bin ich schnell auf die Marille gekommen“, sagt der 50-jährige Betriebsleiter. 2007 übernahm er die konventionelle Landwirtschaft seiner Eltern und hat den Betrieb breiter aufgestellt. Heute bewirtschaftet er 18 ha Marillengärten, hält Legehennen und Truthähne.

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300 Früchte pro Baum

Der Hof von Familie Hackl liegt in ­Atzelsdorf im Weinviertel im Nordosten Österreichs. Mit dem Bus fahren wir zu einem der Marillengärten. Alle Bäume stehen in Reih und Glied, zwischen jeder Reihe sind 4 m Platz. Beim Anbau der Früchte kommt es auf drei wesentliche Punkte an, wie Wolfgang Hackl erklärt: das Ausschneiden der Bäume, das Auspflücken der Früchte und die Düngung.

„Jedes Jahr nach der Ernte schneiden wir die Bäume aus, damit sie in Form bleiben und nicht zu hoch oder zu breit werden“, sagt der Betriebsleiter. Per Hand leiten die Mitarbeiter mit Elek­troscheren die überflüssigen Äste und Wassertriebe an einer Astgabel ab. Für 1,5 Monate sind damit vier Personen acht Stunden täglich ausgelastet.

Dieser Sommerschnitt macht die Bäume resilienter gegen Trockenheit. Denn der August ist entscheidend dafür, wie viele Früchte ein Baum trägt. Dann sollten die Pflanzen möglichst wenig Stress haben. Haben die Blätter rote Spitzen, ist der Baum gesund und nimmt genügend Wasser auf.

Naturgemäß trägt ein Baum zwischen 600 und 800 Marillen. Das ist für eine Qualitätsproduktion zu viel, weshalb das Team vom Hacklshof die kleinen Früchte nach der Blüte ausdünnt. Zwischen zwei Marillen sollten etwa drei Finger breit Abstand sein. So wachsen nur noch 300 Früchte je Baum – dafür mit höherer Qualität. Das Auspflücken bezweckt auch, dass ein Baum gleich­mäßig Energie aufnehmen kann.

Die Energie stammt aus Kompost und Hühnermist zwischen den Baumreihen. Zum Kompost gehören z. B. das Schnittgut der Bäume und des Rasens darunter und faule Marillen. „Er dient als Nährstoffspeicher und gibt sie dann ab, wenn die Pflanze sie braucht“, erklärt Hackl. „Den Garten verlassen nur vermarktungsfähige Marillen. Alles andere verbleibt auf dem Kompoststreifen.“ Diese Kreislaufwirtschaft ist der Familie sehr wichtig.

Arbeitsspitzen managen

Ein Feind der Marillen ist die Pilzkrankheit „Monilia“. Der Infektionsdruck ist hoch, wenn sich die Blüte öffnet. Dann ist eine Fungizidbehandlung nötig. Hackl erklärt, dass eine Pflanzenschutzbehandlung mit Kupferpräparat die Knospen desinfiziert, wenn sie sich öffnen, ebenso beim Blattfall im Herbst.

Für eine hohe Schlagkraft sind auf dem Hackls-Hof neun Mitarbeitende fest angestellt, die ganzjährig in allen Bereichen einsetzbar sind. Zudem sind saisonal bis zu 50 Erntehelfer auf dem Betrieb tätig. Bis zur tschechischen Grenze sind es 30 km, bis zur Slowakei etwa 20 km. Von dort kommen viele der Aushilfen. „In den vergangenen drei Jahren ist es deutlich schwieriger geworden, Helfer aus diesen Nachbarländern zu finden. Es ist schwer planbar, weil manche abends zusagen und am nächsten morgen nicht da sind“, so die Erfahrung von Hackl, der Wert darauf legt, gutes Personal lange zu halten.

Viele Sorten = längere Ernte

Eine Arbeitsspitze ist die Ernte. Sie zieht sich über acht bis neun Wochen. „Wir bauen zwölf Marillensorten an. Jede Sorte ist ca. eine Woche lang reif“, sagt Hackl. So kann er über einen längeren Zeitraum frische Früchte liefern.

Das Team erntet die Früchte per Hand und packt sie in Kisten auf Paletten. Mit Trecker und Anhänger werden sie zum Hof transportiert, von einem Stapler abgeladen und maschinell nach Größe sortiert. Faule Früchte müssen die Mitarbeiter händisch aussortieren.

Die Ernte hat in diesem Jahr am 5. Juni begonnen – zehn Tage früher als üblich. „Auch der Blütenbeginn am 27. Februar war deutlich früher. Vor einigen Jahren wäre dann Winter ge­wesen, mittlerweile wird das eher zum Normalzustand“, vermutet der Obstbauer, der mit gesunden Bäumen, vielfältigen Sorten und höher gelegenen Standorten reagiert.

Es braucht mehrere Tage, um einen Baum abzuernten, da die Früchte unterschiedlich reifen. Wolfgang Hackl muss sich auf Gratwanderung begeben: „Für einen guten Geschmack müssen die Marillen am Baum reifen. Bleiben sie nur einen Tag zu lange hängen, setzt die Totreife ein und sie fallen herunter.“ Heiße Tem­peraturen beschleunigen eine mehlige Fruchtkonsistenz bei manchen Sorten.

Am eigenen Preis festhalten

Nach der Ernte bleiben drei Tage für die Vermarktung, damit die Früchte frisch beim Endkunden ankommen. 80 % der Marillen verkaufen Hackls als Frischware, 20 % verarbeiten sie weiter. Die Vermarktungswege:

  • über den eigenen Hofladen

  • durch Wiederverkäufer

  • mit Lebensmittelhändlern als Partner.

„Die Zusammenarbeit mit Rewe habe ich nach 13 Jahren aufgelöst. Alles wird teurer und ich soll als Lieferant die Preise senken. Das geht wirtschaftlich einfach nicht“, hält Hackl fest. Ein anderer Händler hat die Preise erhöht, zudem ist der Obstbauer gut vernetzt, um mehr Wiederkäufer zu akquirieren.

Je besser du die Vermarktung in der Hand hast, umso gesünder ist der Betrieb.“
Wolfgang Hackl

Im Hofladen ist neben den Früchten auch Marmelade aus der hofeigenen Manufaktur zu finden – ebenso Nektar, Likör, Kompott, Marillenbrand, -früchtetee, -schokolade und -wein.

Aufs Ei gekommen

„Auf der Suche nach Produkten, die unser Angebot ergänzen, sind wir aufs Ei gekommen“, so Hackl. Neben Eierlikör mit Marillennote lässt sich die Haltung von Bäumen und Hühnern kombinieren: 2.000 Legehennen sind in Holzhütten im Obstgarten untergebracht. Sie halten die Baumreihen sauber und picken Fallobst. Vor und während der Marillenernte müssen die Tiere im Stall bleiben, um die Hygiene einzuhalten.

Die Eier vermarkten Hackls zu gleichen Teilen über den Hofladen, die Gas­­tronomie und Lebensmittelgeschäf­te. Wolfgang Hackl weiß: „Je besser du die Vermarktung in der Hand hast, umso gesünder ist der Betrieb.

Die Idee mit den Truthühnern

Ein ebenfalls neuer Betriebszweig ist die Mast von Truthühnern. 2022 hat Wolfgang Hackl in einen Aufzucht- und zwei Mastställe investiert und hält 8.800 Tiere je Stall – also rund 25.000 insgesamt. Dafür hat er insgesamt 6,5 Mio. € in die Hand genommen. Der Landwirt sieht darin Potenzial: Denn in Österreich liegt der Selbstversorgungsgrad mit Truthahnfleisch bei gerade einmal 40 %. Zudem ordnen sie sich gut in den betrieblichen Kreislauf ein. „Sie liefern Mist für unsere Felder“, so Hackl. Doch damit ist die Idee noch nicht am Ende.

Dem Pionier schwebt vor, ein eigenes Restaurant zu bauen, in dem es vom Steak bis zum Burger alles vom Truthahn gibt. „Unser Hof ist eine halbe Stunde von Wien entfernt und Fahrradwege sind gut ausgebaut“, teilt er seine Gedanken: „Falls der Trend zu regionalem Urlaub stärker wird, weil Flugreisen teurer werden oder es irgendwann eine CO2-Begrenzung gibt, befinden wir uns in einer Gunstregion für Tourismus.“ Die Kreislaufwirtschaft hat Hackl auch dafür mitgedacht: Er hat bereits eine ­unterirdische Wärmeleitung bis zum potenziellen Restaurant-Standort verlegt, um sie später als Heizung zu nutzen.

Die Wärme stammt von zwei Blockheizkraftwerken, die im Zuge der Truthühnerställe entstanden sind. Aus Hackgut entsteht dort Strom und Wärme. Sonnenenergie wandelt eine Photovol­taikanlage mit 700 kW in Strom um.

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