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Dauerstress auf Milchkuhbetrieben - Was macht das mit Landwirten?

Die Arbeitsbelastung auf Milchkuhbetrieben ist hoch. Auswertungen des Thünen-Instituts zeigen, dass mehr als die Hälfte der Betriebsleiter keinen regelmäßigen freien Tag pro Woche haben.

Lesezeit: 4 Minuten

Unsere Autorin: Dr. Birthe Lassen, Thünen Institut für Betriebswirtschaft, Braunschweig

Es ist Freitagabend, 20 Uhr. Milcherzeugerin Michaela läuft eilig durch den Stall. Die Geburt bei Kuh Nr. 126 geht seit Stunden nicht voran. In ihrer Tasche vibriert das Handy. „Kommst du noch?“, schreiben ihre Kollegen der freiwilligen Feuerwehr. Sie hatte sich fest vorgenommen, beim heutigen Treffen dabei zu sein, aber jetzt ist sie im Stall gefragt. Sie schnappt sich den Geburtshelfer und läuft zurück zur Abkalbebucht. Vielleicht klappt bald immerhin ein Grillabend mit Freunden. Als sie nach der Versorgung von Kuh und Kalb ins Haus kommt, ist es bereits 21.30 Uhr. Das Handy klingelt wieder: Jetzt meldet der Roboter eine Störung. Seufzend macht sich Michaela wieder auf den Weg in den Stall.

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Schnell gelesen

Stress ist auf vielen Milchviehbetrieben ein Thema. Das zeigen Auswertungen des QM-Nachhaltigkeitsmoduls Milch.

Regelmäßige Auszeiten in Form von Urlauben oder freien Tagen sind eher die Ausnahme als die Regel auf Betrieben mit Milchviehhaltung.

Das Gehirn braucht Pausen, um ­leistungsfähig zu bleiben. Urlaube und freie Tage sollten also ein Muss sein.

Rechtzeitig Hilfe holen ist wichtig, ­erklärt Maria Höschen von der ländlichen Familienberatung im Interview.

Unzufriedenheit auf Höfen

Sie kennen die Situation so oder so ähnlich? Bestimmt, denn das Fallbeispiel Michaela ist kein Einzelfall, wie Auswertungen des QM-Nachhaltigkeitsmoduls Milch zeigen. Befragungen des Thünen-Instituts unter mehr als 10.000 Milchviehbetrieben in Deutschland zeigen, dass etwa jeder dritte Milcherzeuger mit der persönlichen Arbeitssituation unzufrieden ist. In jedem fünften Betrieb empfindet die Betriebsleitung das Arbeitspensum als dauerhaft sehr hoch und oft überfordernd.

Hohe Arbeitsbelastung

Gleichzeitig beschreibt die Mehrheit der Betriebe die Arbeitsbelastung als oft hoch und gelegentlich über dem eigenen Limit. Hier stellt sich allerdings die Frage, was passiert, wenn einzelne Mitarbeiter ausfallen oder zusätzliche Aufgaben hinzukommen. Dann ist die Arbeit schnell nicht mehr zu schaffen und die „Belastungs-Ampel“ springt auf Rot (Übersicht 1).

Zu der oft angespannten Arbeits­situation gehört auch, dass Auszeiten in Form von freien Tagen oder Urlaub oft nicht eingeplant werden – so auch auf dem Betrieb von Michaela. Urlaub? Wer soll denn dann die Tiere versorgen und in der Außenwirtschaft einspringen? Michaelas Kinder sind sauer: „Alle anderen fahren immer in den Urlaub, nur wir nie. Ich will kein Bauer werden!“

Keine fünf Tage Urlaub pro Jahr

Tatsächlich sind Urlaube oder regelmäßige Auszeiten in Betrieben in ganz Deutschland weiterhin eher die Ausnahme. Deutschlandweit gaben knapp 60 % der befragten Milcherzeuger an, weder regelmäßig mindestens einen freien Tag pro Woche oder mehr frei zu haben, noch es zu schaffen, mindestens fünf zusammenhängende Tage Urlaub im Jahr zu machen (Übersicht 2). Dabei gilt: Je kleiner der Betrieb ist, desto unwahrschein­licher ist es, dass sich die Betriebsleiter auch nur ansatzweise ausreichend Zeit zur Regeneration einräumen.

Wie tickt unser Gehirn?

Passiert das nicht, leidet das rationale Denken darunter. Denn Dauerstress versetzt das Gehirn in einen Reflexmodus und das ist problematisch: Das Gehirn ist darauf ausgelegt, uns zu schützen. Bis heute rechnet es jederzeit mit dem Angriff des Säbelzahn­tigers und hat für diesen Fall reflex­artige Reaktionen in petto: Angriff, Flucht oder Totstellen. Das alles passiert bei Gefahr, bevor wir überhaupt realisiert haben, was gerade passiert.

Bei Dauerstress, also im „Reflexmodus“ sinkt der Anteil rationaler Entscheidungen dramatisch und tendiert gegen Null. Kurzum: Um unternehmerisch rationale Entscheidungen treffen zu können, braucht das Gehirn Pausen, also Auszeiten vom gewohnten Hamsterrad.

Zurück zu unserem Fallbeispiel Michaela: Sie hat sich getreu dem Motto „Wege entstehen beim Gehen“ dafür entschieden, doch Urlaub zu buchen – ihrer Familie zuliebe. Über einen Betriebshelfer und ihre Eltern konnte sie die Abwesenheit abdecken und hat für sich eine sehr positive Bilanz gezogen: „Mir kamen während des Urlaubs ein paar Ideen, wo ich ansetzen kann, um mehr Freiräume im Betrieb zu schaffen. Bisher war ich auf dem Auge wohl betriebsblind.“

Leistungsfähig bleiben

Auszeiten lösen sicher nicht alle betrieblichen Herausforderungen, aber ausschließlich mit Pausen lassen sich ­unternehmerische Kompetenzen, Leistungsfähigkeit und Gesundheit er­halten. Bei den Kühen erscheint das ­vielen Landwirten logisch: Wenn sie nicht ausreichend liegen, sinkt die Milch­leistung. Das ist bei Menschen ähnlich.

Die Datengrundlage

Das QM-Nachhaltigkeitsmodul Milch

Nachhaltigkeit definieren, Fakten sammeln, Verbesserungspotenziale aufdecken: Das sind die Ziele des QM-­Nachhaltigkeitsmoduls Milch. Neben Aspekten zur Arbeitsbelastung der Betriebsleitung umfasst das Modul insgesamt 86 Kriterien aus den Bereichen Ökonomie, Ökologie, Soziales und Tierwohl. Dazu gehören unter anderem Liquiditätsmanagement, Inanspruchnahme von Beratung (siehe Interview), Mitarbeiterführung, Nährstoff- und Güllemanagement sowie Tiergesundheit und Gesundheitsmanagement.

Das QM-Nachhaltigkeitsmodul erfasst in ganz Deutschland und angrenzenden Regionen Nachhaltigkeitsaspekte in Milchviehbetrieben. Getragen wird das Modul vom Thünen-Institut für Betriebswirtschaft und dem QM-Milch e.V. Mehr als 15.000 Milchviehbetriebe haben bereits teilgenommen. Interessiert mitzumachen? Dann sprechen Sie den QM-Milch e.V. oder Ihre Molkerei an.

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