Unsere Experten: Friedrich Arends, Landwirtschaftskammer Niedersachsen; Lars Broer, LUFA Nord-West
Schweinehaltungsanlagen, die nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) genehmigt sind, müssen bis zum 1. Dezember 2026 Maßnahmen umsetzen, um ihre Emissionen zu reduzieren. Das schreibt die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) vor. Dazu zählen Betriebe mit mehr als 2.000 Mast-, 750 Sauen-, 6.000 Ferkelaufzuchtplätzen oder einer entsprechenden Kombination, auch mit Geflügel- und Rinderhaltung.
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Laut TA Luft müssen Landwirte bei G-Anlagen eine Abluftreinigung einbauen, die Ammoniak-, Staub- und Geruchsemissionen reduziert.
Durch Filter gehen die Inhaltsstoffe der Abluft von der Gas- in die Wasserphase über und werden so gebunden.
Schweinehalter haben die Wahl zwischen Biofiltern, Rieselbettfiltern, Chemowäschern und mehrstufigen Anlagen.
Die Zertifizierung einer Anlage gilt immer nur für die getesteten Haltungsbedingungen. Weichen Fütterungssystem, Lüftung und Einstreu davon ab, ist eine individuelle Lösung nötig.
Diese sogenannten „G-Anlagen“ müssen eine Abluftreinigung installieren, die Ammoniak- und Staubemissionen um mindestens 70 % gegenüber dem Referenzwert der TA Luft verringert. Für Geruch gilt ein Grenzwert von 500 Geruchseinheiten/m³. Zudem darf im Reingas kein Rohgasgeruch mehr wahrnehmbar sein.
So funktioniert ein Filter
Für die Abluftreinigung in Schweineställen stehen die drei Grundverfahren Biofilter, Rieselbettfilter und Chemowäscher zur Verfügung. Außerdem gibt es mehrstufige Anlagen, die aus einer Kombination dieser Grundverfahren bestehen.
Das Grundprinzip jeder Abluftreinigung besteht darin, dass die Inhaltsstoffe der Abluft an einer feucht gehaltenen Austauschfläche von der Gasphase in die Wasserphase übergehen. Dadurch liegen sie im Waschwasser des Filters als Lösung vor. Damit Ammoniak ausreichend aufgenommen und umgewandelt wird, muss die Austauschfläche sowie die Konzentrationsdifferenz zwischen Gas- und Flüssigphase möglichst groß sein. Ist die Konzentration ausgeglichen, findet keine Stoffübertragung mehr statt und der Abluftfilter funktioniert nicht oder nur unzureichend.
Das Waschwasser sollte daher ein möglichst großes Konzentrationsgefälle aufweisen. Der Filter muss deshalb regelmäßig gereinigt werden. Das erfolgt entweder durch Austausch des Waschwassers mit Frischwasser, die Fixierung in mikrobielle Masse oder Zugabe von Schwefelsäure.
Damit die Abluftreinigung funktioniert, müssen die im System gebildeten Stoffe und Salze regelmäßig entfernt werden. Bei Biofiltern erfolgt dies durch einen kompletten Austausch des Filtermaterials. Bei Rieselbettfiltern und Chemowäschern werden die gebildeten Stoffe durch eine regelmäßige Abschlämmung des Waschwassers entfernt. Dieser Prozess wird anhand der elektrischen Leitfähigkeit des Waschwassers gesteuert.
Durch die Lösung von Ammoniak steigt zugleich der pH-Wert im Waschwasser. Gleichzeitig führt die einsetzende Nitrifikation zu einem sinkenden pH-Wert. Bei optimaler Nitrifikation ist die Versauerung des Waschwassers stärker als die basische Wirkung des in Lösung gehenden Ammoniaks. Dadurch sinkt der pH-Wert deutlich ab und beeinträchtigt die mikrobielle Aktivität. In Folge werden aus dem Waschwasser Stickoxide freigesetzt, die das System ungefiltert verlassen und die Umwelt belasten. Daher muss der pH-Wert im Waschwasser durch die Zugabe von Laugen oder Nitrifikationshemmern regelmäßig angehoben werden.
Nachfolgend werden die drei Grundverfahren der Abluftreinigung vorgestellt. Weitere Informationen sowie Skizzen finden Sie in den DLG-Merkblättern „Hinweise zum Betrieb von Abluftreinigungsanlagen für die Schweinehaltung“ Nr. 483 und 484. Sie stehen unter www.dlg.org kostenlos zum Download bereit.
Mit Hackschnitzeln filtern
Ein mögliches Verfahren der Abluftreinigung stellt der horizontal aufgestellte Biofilter dar. Er besteht aus einzelnen modulartig aufgebauten Edelstahlrahmen. Zunächst wird das Rohgas aus dem Stall über druckstabile Ventilatoren in eine Druckkammer gedrückt. In der Druckkammer wird die Luft über einen Tragrahmen und kreuzweise gestapelte Holzschwarten gleichmäßig verteilt. Danach folgt eine Schicht aus geschreddertem Kunststoffmaterial. Anschließend durchströmt das Rohgas eine Hackschnitzelschicht. Sie dient bei Biofiltern als Austauschfläche für die Abscheidung der Abluftinhaltsstoffe.
Damit Biofilter ordnungsgemäß funktionieren, muss das Filtermaterial durchgehend befeuchtet werden. Ist es zu trocken, mindert es den Geruch nicht ausreichend. Zudem begünstigen wechselnde Feuchtigkeitsgehalte das Wachstum von Pilzen.
Die im Wasser gelösten Geruchsstoffe werden von Mikroorganismen abgebaut. Weil die Geruchsstoffe als Nahrungsgrundlage allein nicht ausreichen, ernähren sich die Mikroorganismen zusätzlich vom Filtermaterial. Deshalb eignen sich Biofilter besonders gut für den Geruchsabbau. Dadurch zersetzt sich das Material jedoch mit der Zeit und reichert sich zudem mit Stickstoff an. Deshalb muss die Hackschnitzelschicht bei diesem Biofiltertyp jährlich gewechselt werden.
Ursprünglich eigneten sich Biofilter nur zur Abscheidung von Staub und Geruch. Inzwischen gibt es den zuvor beschriebenen Biofilter auch mit einer anerkannten Stickstoffabscheidung. Bei diesen wird der Biofilter stärker mit Wasser berieselt. Außerdem erfolgt eine automatische Abschlämmung aus der Wasservorlage, sobald die Leitfähigkeit einen bestimmten Grenzwert erreicht. Allerdings muss die Hackschnitzelschicht hierbei alle sechs Monate statt nur einmal jährlich gewechselt werden.
Zu den wesentlichen Vorteilen eines Biofilters gehören die sehr gute Geruchsminderung und eine gute Funktionssicherheit mit puffernder Wirkung der Hackschnitzelschicht. Nachteilig sind neben einem hohen Platzbedarf der regelmäßig notwendige Wechsel des Filtermaterials.
Kompakter Rieselbettfilter
Eine zweite Variante der Abluftreinigung stellen Rieselbettfilter dar. Dabei wird die Stallabluft über Ventilatoren durch den Filter gedrückt oder alternativ gesaugt. Bei vielen Herstellern wird das Rohgas befeuchtet, bevor es in die Druckkammer eintritt. Die Abluft wird dann über eine Füllkörperpackung geleitet, die im Regelfall von oben permanent mit einem Waschmedium berieselt wird.
Als Füllkörper dienen überwiegend langlebige Kunststoffpackungen. Sie sollen die Stoffaustauschfläche vergrößern und Aufwuchsflächen für Mikroorganismen bieten. Darüber hinaus verstopfen sie kaum und halten den Druck möglichst stabil. Per Umwälzpumpe wird die Füllkörperpackung mit Waschwasser berieselt.
Der pH-Wert des Waschwassers wird permanent gemessen. Bei Überschreitung des Sollwertes wird automatisch Säure eindosiert. Bei Unterschreitung des Sollwertes werden entweder eine Lauge oder ein Nitrifikationshemmer zugegeben. Ziel ist, den pH-Wert dauerhaft zwischen 6,5 und 7,2 zu halten.
Die Leitfähigkeit des Waschwassers wird ebenfalls permanent gemessen. Bei Überschreitung des Sollwertes wird ein Teil des Waschwassers mithilfe einer Pumpe automatisch in ein Gülleaußenlager abgeschlämmt und mit etwas Verzögerung Frischwasser aufgefüllt.
Zu den wesentlichen Vorteilen eines Rieselbettfilters gehören die kompakte Bauform, die Abscheidung aller relevanten Abluftinhaltsstoffe sowie die günstigen Ableitbedingungen. Nachteilig ist, dass Säuren, Laugen bzw. Nitrifikationshemmer sowie das Waschwasser wasserrechtlich zulässig gelagert und verwertet werden müssen.
Abluft chemisch Waschen
Bei der dritten Kategorie handelt es sich um sogenannte Chemowäscher. Hierbei wird das Waschwasser über die Zugabe von Säure auf einen pH-Wert zwischen 3 und 5 eingestellt. Biologische Reaktionen wie der Abbau von Geruchsstoffen oder eine Nitrifikation finden nicht statt. Prinzipiell entspricht der Aufbau eines Chemowäschers weitgehend dem eines Rieselbettfilters. Allerdings werden hier keine Laugen zudosiert und es fällt weniger Abwasser an.
Ein Vorteil von Chemowäschern ist eine sehr effiziente Ammoniakabscheidung. Außerdem kann das Waschwasser deutlich aufkonzentriert werden. Dadurch ist weniger Lagerraum notwendig und die Transportwürdigkeit wird erhöht.
Allerdings eignen sich Chemowäscher nicht zur Geruchsminderung. Zudem entstehen durch die Bevorratung sowie Lagerung von Säure und Waschwasser aufgrund der möglichen Wassergefährdung erhöhte Kosten. Und alle Anlagenteile, die mit den genannten Stoffen in Kontakt kommen, müssen korrosionsfest sein.
Die Systeme kombinieren
Darüber hinaus werden in der Praxis auch mehrstufige Anlagen eingesetzt. Sie bestehen aus einer Kombination der verschiedenen Systeme, z. B. Biofilter und Chemowäscher.
Zu den wesentlichen Vorteilen einer mehrstufigen Anlage gehören eine hohe Betriebssicherheit, die Optimierung und Steuerung einzelner Verfahrensstufen und die Möglichkeit, Waschwasser gezielt aufkonzentrieren zu können. Von Nachteil sind die vergleichsweise hohen Investitions- und Betriebskosten.
Welcher Filter eignet sich?
Um die Vorgaben der TA Luft zu erfüllen, dürfen Schweinehalter nur Abluftfilter einbauen, die zuvor qualitätsgeprüft und zertifiziert wurden. Übersicht 1 zeigt eine Auswahl der derzeit von der DLG zertifizierten Anlagen für die Schweinehaltung (Stand Oktober 2024). Dabei ist zu beachten, dass die Abluftvolumenströme aus zwangsbelüfteten Schweineställen je nach Tages- und Jahreszeit, Tierbesatz, Tiergröße und Tieraktivität schwanken. Zudem ist die Zusammensetzung der Stallabluft vom Haltungs-, Lüftungs- und Fütterungsverfahren sowie vom allgemeinen Stallmanagement abhängig. Daher gilt die zertifizierte Funktionsfähigkeit immer nur im Rahmen der Haltungsbedingungen, in denen getestet wurde.
Abluftreinigungsanlagen müssen also zu dem jeweiligen Stall und den örtlichen Gegebenheiten passen. Übersicht 2 bietet eine Hilfestellung, um den richtigen Filter für den jeweiligen Stall zu finden. Dabei können Landwirte, deren Ställe die Standardbedingungen erfüllen, die Auswahl anhand des gewünschten Kosten-, Arbeits- und Wartungsaufwands treffen.
Die Investitionskosten einer Abluftreinigung sind vor allem von der Anzahl der Tierplätze und der installierten Luftleistung sowie der erforderlichen Lagerkapazität des Waschwassers abhängig. Ebenfalls berücksichtigt werden müssen die Kosten für den Rohbau, z. B. für die Errichtung einer Bodenplatte, und eventuelle Rabatte auf die Listenpreise der Hersteller. Auf dieser Basis haben Ewald Grimm vom Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V. (KTBL) und Sebastian Bönsch von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen Richtwerte für die Anschaffungskosten der unterschiedlichen Systemtypen ermittelt (Stand 2023).
Am günstigsten ist ein Biofilter. Hier liegen die Investitionskosten für einen Stall mit 2.000 Tierplätzen und einer installierten Luftleistung von 158.000 m³/h etwa zwischen 154.000 und 177.000 €. Ein Rieselbettfilter für einen Stall in der gleichen Größenordnung kostet etwa zwischen 223.500 und 245.000 €. Und eine mehrstufige Anlage schlägt mit etwa 194.000 bis 227.000 € Investitionskosten zu Buche.
Höheren Investitionskosten stehen in der Regel jedoch niedrigere Betriebskosten und ein geringer Wartungsaufwand gegenüber. Die Werte gelten für die Installation in einem Neubau. Bei der Nachrüstung in einem bestehenden Stall entstehen – sofern es bau- und lüftungstechnisch möglich ist – zusätzliche Kosten, zum Beispiel für den Einbau von Luftkanälen im Dachraum und druckstabilen Ventilatoren. Weitere Infos und ausführliche Kalkulationen finden Landwirte online unter www.ktbl.de .
Anders sieht es in Ställen aus, deren Bedingungen vom Standard abweichen. Weil es für Spezialfälle keine zertifizierten Anlagen gibt, können Empfehlungen für den passenden Anlagentyp nur anhand von Erfahrungen ausgesprochen werden.
Bei der Zertifizierung und Überwachung von Abluftreinigungsanlagen hat sich gezeigt, dass Rieselbettfilter bei hohen Schadgasfrachten aus der Gülle oder einer hohen Geruchsstofffracht aus der Flüssigfütterung nicht die erforderliche Minderungsleistung erbringen können. Daher kommen sie für die Emissionsminderung in diese Stalltypen nicht infrage. Das müssen Landwirte vor allem bei einer Nachrüstung in vorhandenen Ställen berücksichtigen und sich dazu ausgiebig beraten lassen. Um die Auflagen der TA Luft sicher erfüllen zu können, müssen die Anlagen nach dem Einbau in den jeweiligen Stall ggf. nochmals gesondert geprüft werden.
Filter „unverhältnismäßig“?
Bei der Verpflichtung zum Nachrüsten einer Abluftreinigung gibt es jedoch Ausnahmen. Manche Schweinehalter sind davon nicht betroffen, z. B. bei frei belüfteten Ställen. Scheidet die Abluftreinigung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit aus, müssen G-Anlagen trotzdem die Ammoniakemission um 40 % gegenüber dem Referenzwert reduzieren. Gleiches gilt für die „V-Anlagen“ mit 1.500 bis 2.000 Mastplätzen, 560 bis 750 Sauenplätzen, 4.500 bis 6.000 Ferkelaufzuchtplätzen, oder einer Kombination daraus bzw. mit Geflügel- oder Rinderhaltung. Hier endet die Frist 2028.
In diesen Fällen kann die Nachrüstpflicht eines Filters entfallen:
Die Ställe sind frei belüftet.
Die Ställe werden zwangsgelüftet, liegen aber unterhalb der Grenzen einer V-Anlage, deren Nachrüstung gegenwärtig grundsätzlich als unverhältnismäßig angesehen wird.
In den Ställen soll künftig ein qualitätsgesichertes Haltungsverfahren umgesetzt werden, das nachweislich dem Tierwohl dient.
Die Nachrüstung ist technisch nicht umsetzbar.
Die Nachrüstung ist zwar technisch machbar, aber wirtschaftlich nicht verhältnismäßig.