Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Meinung & Debatte
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bundestagswahl 2025 Maul- und Klauenseuche Gülle und Wirtschaftsdünger

topplus Supergau MKS

Landesbauernpräsident Wendorff: „Die Landwirtschaft verliert jetzt Millionen“

Durch den MKS-Ausbruch ist der Export von Fleisch, Milch und Käse zum Erliegen gekommen. Der Präsident des Bauenverbandes in Brandenburg, Henrik Wendorf, berichtet über die Situation vor Ort.

Lesezeit: 4 Minuten

Herr Wendorff, wie ist der aktuelle Stand zur MKS in Brandenburg? Gibt es neue Verdachtsfälle oder Ausbrüche?

Wendorff: Bislang gab es glücklicherweise nur den einen Ausbruch in der Wasserbüffelherde im Landkreis Märkisch-Oderland. Alle weiteren bisher abgeschlossenen Untersuchungen sind negativ (Stand 13.1.25). Zur Wahrheit gehört aber auch, dass noch mehrere Testergebnisse offen sind und das Untersuchungsgebiet ausgedehnt wird. Hier erwarten wir die Ergebnisse in den nächsten Tagen.

Wie viele Tiere mussten bislang gekeult werden?

Wendorff: Neben den 14 Wasserbüffeln wurden vorsorglich 170 Schweine gekeult, die im 1 km-Radius gehalten wurden. Zudem mussten 55 Schafe bzw. Ziegen getötet werden. Diese gehörten zu dem Betrieb, der auch die Wasserbüffelherde hält. Momentan wird geprüft, ob die Schafe und Ziegen Heu gefressen haben, das von der Hofstelle stammt, wo die Büffelherde steht.

Die 48-stündige Verlängerung des Transportverbotes ist hart, aber nachvollziehbar.

Die Behörden haben das 72-stündige Transportverbot um 48 Stunden verlängert. Ist die Entscheidung richtig?

Wendorff: Die Entscheidung ist für die betroffenen Tierhalter natürlich hart. Angesichts der großen Gefahr halte ich die Entscheidung aber für vertretbar. Wenn wir jetzt rigoros handeln, können wir vielleicht noch Schlimmeres verhindern.

Gibt es neue Erkenntnisse zum Eintragsweg? Oder zumindest Vermutungen?

Wendorff: Nein. Bislang wissen wir nicht, wie das Virus in die Herde gelangt ist. Fest steht nur, dass es sich um den Serotyp 0 handelt. Und dieser kommt vor allem außerhalb Europas vor. Die Spurensuche wird also anhalten.

Wie laufen die Untersuchungen in den Betrieben ab? Muss jedes Tier einzeln beprobt werden oder sind Poolproben möglich?

Wendorff: Alle Tiere werden einzeln beprobt. Die Blutproben ziehen ausschließlich Mitarbeiter der Veterinärämter und des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI). Die Behörden wollen dadurch sicherstellen, dass möglichst wenig Personen Kontakt mit den Paarhufern bekommen. So soll das Übertragungsrisiko der hochansteckenden MKS-Seuche minimiert werden.

Zuerst werden die Kontaktbetriebe beprobt, dann die Bestände in der 3 km-Zone und anschließend die Herden, die in der 10 km-Zone liegen.

Wie viele Betriebe mit Rindern und Schweinen sind von den MKS-Sperrmaßnahmen aktuell betroffen?

Wendorff: Das kann ich nicht im Detail sagen. Die Zahl dürfte aber im mittleren zweistelligen Bereich liegen. Die betroffenen Landkreise sind relativ vieharm. Bei Schweinen gibt es nur einzelne kleinere Stallanlagen. Größere Milchviehhalter findet man ebenfalls nur vereinzelt in dieser Region.

Deutschland hat Frischfleisch im Wert von 840 Mio. Euro exportiert. Damit ist jetzt Schluss.

Wie sehen die vermarktungstechnischen Auswirkungen derzeit für Rinder- und Schweinehalter konkret aus? Bis wann gelten welche Sperren?

Wendorff: Deutschland hat den Status MKS-fei verloren. Deshalb dürfen bei Exportgeschäften in Drittländer keine MKS-frei-Zertifikate mehr ausgestellt werden. Die finanziellen Folgen sind dramatisch, wie das Beispiel Frischfleisch verdeutlicht. Deutschland exportiert pro Jahr Frischfleischprodukte im Wert von rund 840 Mio. € in Drittländer, vor allem nach Großbritannien. Dieser Absatzkanal ist nun gefährdet. Bei Milch- und vor allem Käseprodukten ist die Situation ähnlich katastrophal. Auch hier gehen die Verluste in die Millionen.

Möglich ist der Handel mit Produkten von Paarhufern theoretisch derzeit nur außerhalb der Risikogebiete. Diese Waren dürfen auch dann nur innerhalb der EU gehandelt werden. Praktisch geht aber auch hier vorerst nichts. Denn die EU hat die genauen Grenzen der Risikogebiete bislang nicht bestätigt. Damit rechnen wir aber in Kürze.

Welche Forderungen richtet der Bauernverband jetzt an die Behörden?

Wendorff: Fakt ist, dass die betroffenen Betriebe mit Einschränkungen rechnen müssen bzw. bereits Auflagen wie Transportverbote usw. erteilt wurden. Als Bauernverband fordern wir die Politik auf, den unschuldig in Not geratenen Betriebsleitern finanziell unter die Arme zu greifen. Hilfen sind zum Beispiel nötig, wenn vermarktungsreife Tiere länger als üblich aufgestallt bleiben müssen, Abzüge wegen zu hoher Schlachtgewichte o.Ä. drohen oder Mehrkosten beim Transport entstehen.

Ein Impfstoff könnte schnell bereitgestellt werden.

Halten Sie Impfungen für sinnvoll?

Wendorff: Fakt ist, dass die deutsche MKS-Impfstoffbank für Ringimpfungen in den Restriktionsgebieten zeitnah einen Impfstoff zur Verfügung stellen könnte. Laut FLI kann ein Impfstoff innerhalb weniger Tage hergestellt werden. Die Frage, ob und wie wir mit möglichen Impfungen umgehen, muss situationsbezogen beantwortet werden.

Können betroffene Landwirte finanziellen Hilfen beantragen?
Wendorff: Die MKS ist eine staatlich anerkannte Tierseuche. Müssen Weiden oder Wiesen zusätzlich eingezäunt, Ställe bzw. Herden besonders geschützt oder Tiere notgetötet und entsorgt werden, werden die Kosten übernommen. Über weitere Unterstützung sollten sich die Tierhalter bei der zuständigen Tierseuchenkasse erkundigen.

Landwirte sollten auch mit ihrer Versicherung sprechen, welche Kosten diese ggf. trägt. In jedem Fall ist es ratsam, die Kosten sauber zu dokumentieren.

Wen sollten Landwirte benachrichtigen, wenn die Haltung ihrer Tiere wegen der Sperrmaßnahmen ggf. gegen Tierschutzbestimmungen verstößt?
Wendorff: Wichtig ist, dass die zuständige Veterinärbehörde frühzeitig darüber informiert wird, dass eine fristgerechte Vermarktung nicht möglich ist. Ich appelliere an die Behörden, die rechtlichen Vorgaben in Krisenzeiten mit Augenmaß auszulegen. Angesichts der hohen Gefahr, die von der MKS ausgeht, sollten Haltungsvorgaben vorübergehend gelockert werden dürfen. Wenn die Tiere z.B. zu schwer werden, sollte eine kurzzeitige zu dichte Belegung einfach akzeptiert werden, dies gilt ebenso im Rahmen von Zertifizierungen.

 

Ihre Meinung ist gefragt

Was denken Sie über dieses Thema? Was beschäftigt Sie aktuell? Schreiben Sie uns Ihre Meinung, Gedanken, Fragen und Anmerkungen.

Wir behalten uns vor, Beiträge und Einsendungen gekürzt zu veröffentlichen.

Mehr zu dem Thema

top + Wissen, was zählt.

Voller Zugriff auf alle Beiträge, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten - auch in der App.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

E-Mail-Adresse

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.