Die Landwirtschaft in Deutschland hat bereits in der Vergangenheit viele technologische Innovationen zu nutzen gewusst. Jetzt eröffnet Künstliche Intelligenz (KI) möglicherweise einen weiteren Innovationssprung für die Branche.
"Deutschland kann mit einer Kombination aus sehr gut ausgebildeten landwirtschaftlichen Unternehmern, Technologie- und Know-How-Führern im vor- und nachgelagerten Bereich punkten und bietet mit einem funktionierenden Forschungsnetzwerk insgesamt gute Voraussetzungen für das Agribusiness der Zukunft“, sagte Dr. Christian Janze, Partner bei EY, am Mittwoch bei der Vorstellung des Konjunkturbarometers Agribusiness 2025.
Beschäftigte im Agribusiness überdurchschnittlich offen für neue Technologie
Bei der Barometerumfrage von EY, der Georg-August-Universität Göttingen und der Justus-Liebig-Universität Gießen kam heraus, dass Beschäftigte aus dem Bereich Agribusiness Künstliche Intelligenz überdurchschnittlich positiv bewerten, sowohl wenn es darum geht, die neue Technologie bereits zu nutzen, als auch was die Einstellung zu KI allgemein betrifft.
In einer von EY im Frühjahr 2024 durchgeführten Befragung von Beschäftigten in unterschiedlichen Branchen bewerteten 72 % der Befragten aus dem Agribusiness den Einfluss von KI-Anwendungen auf ihre Branche positiv. Über alle Branchen hinweg lag dieser Wert nur bei 63 %. Und sogar 87 % der Befragten aus dem Agrarsektor gaben an, bereits positive Erfahrungen in ihrem Arbeitsalltag mit KI gemacht zu haben. Im Durchschnitt aller Branchen hinweg sagten das nur 80 %.
Vielversprechende KI-Anwendungen
„Im Ackerbau sind digitale Techniken bereits seit Jahren verbreitet und machen es unter anderem möglich, Dünge und Pflanzenschutzmittel sowie Saaten bedarfsgerecht auszubringen. KI kann beim Einsatz dieser Technologien zusätzlich unterstützen, zudem bietet diese Technologie nahezu unbegrenzte Kapazitäten bei der Auswertung großer Datenmengen", so Janze.
Seiner Meinung nach wird es bald schon in der Landwirtschaft möglich sein, KI-Technologien etwa für die grafische Daten- und Bildverarbeitung zum Zweck der Tier und Pflanzenerkennung zu nutzen. "Beispielsweise können Kameras auf Traktoren oder Drohnen eingesetzt werden, um Pflanzen und Tiere zu überwachen und zu beurteilen – eine Aufgabe, die der Mensch mit seinen eingeschränkten Sinnen nicht übernehmen kann“, erläutert Janze.
„Lösungen und Anwendungen aus dem Bereich KI müssen einen klaren Mehrwert bringen“, ergänzt Dr. Stefan Seifert von der Universität Göttingen – auch wegen der Kosten und des Schulungsaufwands, die diese Anwendungen mit sich bringen.
„Aktuell gibt es viele Angebote auf dem Markt, die zwar spannend, aber noch nicht komplett ausgereift sind.“ Ein weiteres Anwendungsgebiet wäre beispielsweise der optimierte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln: „Diese sind für die Landwirtschaft zwar essenziell, um Erträge zu sichern und Pflanzen vor Schädlingen und Krankheiten zu schützen, jedoch befindet sich ihr Einsatz seit Jahren auf einem hohen Niveau. Mithilfe von KI-Anwendungen lässt sich die Menge an eingesetzten Pflanzenschutzmitteln reduzieren – in intensiven Feldfrüchten teilweise sogar deutlich.“
Janze ergänzt: Besonders spannend ist zudem die Möglichkeit, KI-generierte Daten für die Inwertsetzung von Ökosystemleistungen zu nutzen, etwa bei der Bewertung von Mooren oder der Förderung des Tierwohls.“
Allerdings warten auch Herausforderungen auf die Anwenderinnen und Anwender von KI, beispielsweise im Bereich Governance. Denn auch wenn Nutztiere im Vergleich zu Menschen keine Persönlichkeitsrechte haben – und dies die Überwachung und Datenerfassung erleichtert – gilt es hier trotzdem, Datensicherheit zu gewährleisten und damit Vertrauen bei den Anwendern zu schaffen. „Die Politik muss dabei einen Rahmen schaffen, der zwar Sicherheit im Blick behält, jedoch nicht zu ausufernder Bürokratie und Investitionshemmnissen führt“, fordert Janze.