Ein Landwirt aus dem niedersächsischen Varel hat Mitte Februar bei morgendlichen -7 °C Gülle auf den gefrorenen Boden ausgebracht. Gegen den Landwirt ist ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden. Einen ähnlichen Fall gibt es in Österreich.
Auf die Meldung haben wir sehr viele Zuschriften von Lesern bekommen. Die rechtliche Lage ist unmissverständlich: Im Zuge der Düngeverordnungsnovelle aus 2020 muss der Boden bei der Düngung völlig frostfrei sein. Auch wenn leichte Nachfröste im oberen Boden zu einem entsprechenden Frostbelag führen, darf eine Düngung nicht erfolgen. Lesen Sie die Meinungen unserer Leser:
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Alle Meinungsbeiträge in diesem Artikel stammen von unseren Leserinnen und Lesern. Sie geben nicht unbedingt die Meinung unserer Redaktion wieder.
Wir behalten uns vor, die Einsendungen gekürzt in diesem und ähnlichen Formaten zu veröffentlichen.
Vorschriften gehen an der Praxis vorbei
Bei Frost darf man nicht fahren, bei frostfreiem Boden ist zunächst oft die Befahrbarkeit nicht gegeben. Solche Vorschriften gehen schlicht an der realen Praxis vorbei. Behörden sollten mal ihren Verstand einschalten (…) - statt sinnlos Paragraphen auswendig zu lernen. (Georg Nordendorf)
Völlig an der guten fachlichen Praxis vorbei, pflanzenbaulich unsinnig. (Nico Beckmann-Andersen)
Lieber Kollege, alles richtig gemacht. Keine Bodenverdichtung und den Blick auf die Wetterdaten. Der Gesetzgeber ignoriert den Faktencheck. (Rudolf Rößle)
Die Unsinnigkeit dieser Regelung schreit zum Himmel. (Egge Mansholt)
Hoffentlich klagt der Landwirt gegen diese unsinnige Vorschrift. (Thorsten Holtmeier)
Hier müsste "unser" Bauernverband sich mal einsetzen! Dieses Verbot ist für mich einfach nicht zu erklären. Ich hoffe für den Landwirt das er keine Strafe für sein gutes, fachliches handeln bekommt. (Richard Meutes)
Das er gegen das zurzeit geltende Recht verstoßen hat ist ganz klar, aber diese Frostregelung ist auch nicht nachvollziehbar. Wenn der Boden oberflächlich angefroren ist läuft es auf schweren und auch anmoorigen Standorten. Durch die Technik werden die Gespanne immer schwerer mit negativen Folgen. Die Landwirte aus den Niederlanden fahren auch bei Frost so lange sie die Gülle noch injektieren können (…)(Gerd Uken).
Entscheidungsträger zu Fachgesprächen einladen
Der Landwirt hat fachlich alles richtig gemacht. Ich weiß nicht wer Gesetze beschließt, die eine praktikable umweltgerechte Düngung unmöglich machen. Gerade unsere schweren Minutenböden benötigen eine frühe Startgabe, da sich die Kulturen hier immer schwerer tun. Auch vor dem Hintergrund des Gedankens der Kreislaufwirtschaft möchten und müssen wir unsere Gülle optimal einsetzen, um möglichst viel Mineraldünger zu ersetzen.
Ich würde die Entscheidungsträger gerne mal zu Fachgesprächen, gerne vor Ort auf entsprechenden Flächen, einladen. Wo bleibt die Unterstützung der Kammern, den fachlichen Nutzen mal wieder nach vorne zu stellen und auch in die entsprechenden Ministerien zu tragen? Dürfen sie uns nicht mehr in unserem Sinne vertreten und hat Angst vor Konsequenzen? (Theo Strake)
Warum hat Bayern eine andere Auslegung?
Ziel aller Regelungen muss doch die Düngeeffizienz sein. Und da ist das Verbot, bei den letzten tragenden Nachtfrösten zu fahren, kontraproduktiv. Die Nährstoffausnutzung ist optimal und die Ammoniak-Ausgasung minimal, wenn bei leichtem Frost ausgebracht wird und kurz darauf der Boden auftaut, also die Nährstoffe aufnimmt. Nebenbei werden Verdichtungen vermieden. Muss dagegen erst zugewartet werden, bis der Boden auch ohne Frost sauereifrei zu befahren ist, sind dann schon die Temperaturen und die Einstrahlung höher, also steigen die Ausgasungsverluste und der erste Nährstoffbedarf der Kultur wurde verpasst. Bei gleicher Düngehöhe sind dann die Erträge etwas geringer, also die Düngeeffizienz schlechter, die N-Überhangsalden höher.
Aus diesem Grund haben Bayern* und Hessen es so geregelt, dass unter bestimmten (sinnvollen!) Einschränkungen das Düngen bei Nachtfrost erlaubt ist. So darf es nicht zu tief gefroren sein und es muss über den Tag auftauen. Die Regelungen zu Schneedecke und Wassersättigung bleiben unberührt. (Ein Hauch Schnee wäre fachlich auch top. Vielleicht findet sich da noch eine Ausnahmeregelung) Es geht also und das könnte man durchaus auch auf Bundesebene bzw. den übrigen Bundesländern übernehmen. Wird es nicht umgesetzt, steht glasklar die Frage im Raum: Will man die geforderte Effizienz wirklich, oder es in Wahrheit bloß den Landwirten schwer machen? (Andreas Gerner)
Frage mich, warum nur Bayern* das Ausbringen auch bei gefrorenem Boden erlaubt. Daran müssten sich die anderen Länder orientieren. (Heiner Rickers)
*Hinweis der Redaktion:
Für den Vollzug der Düngeverordnung und damit auch bei Auslegungsfragen sind die Länder zuständig, es gibt es z. T. unterschiedliche Definitionen. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) hat folgende Definition festgelegt: “Ein leichtes Überfrieren des Bodens über Nacht ist unschädlich, solange der Boden im Laufe eines Tages durchgehend (mindestens bis einer Tiefe von 20 cm) frostfrei ist.“
….die neue Regierung könnte das sehr schnell ändern. Mein Großvater und Vater haben immer bei Frost Mist und Gülle ausgebracht um den Boden zu schonen. Selbst die Pflanzenbauberater von der Kammer sagen das. Die neue Politik sollte endlich wieder auf die Fachleute hören(…). Die ganze Düngeverordnung sollte man auf die Gesetze von 2002 zurück setzen. Da sitzen doch jetzt genug neue Abgeordnete im Parlament die das mal eben machen könnten. (Dieter Ahlers)
Gegen geltendes Düngerecht verstoßen
Maßstab ist die gesetzliche Regelung, nicht die persönliche Meinung eines Berufskollegen. Daher hat der Landwirt gegen geltendes Düngerecht verstoßen. Niemand, auch kein Bauer, steht über dem Gesetz. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um die Straßenverkehrsordnung - z.B. Geschwindigkeitsbegrenzung - oder um die Düngeverordnung mit den gesetzlichen Düngevorschriften zum Schutz der Natur handelt (Günter Schanné).