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Güllezusätze: Welcher wirkt wirklich?

Am Markt gibt es viele Güllezusätze, die Ammoniakemissionen senken und positiv auf die Gülle wirken sollen. Wie effektiv sie tatsächlich sind, wurde in einem Projekt aus Bayern untersucht.

Lesezeit: 7 Minuten

Unsere Autoren

Susanne Höcherl, Dr. Veronika Flad, Dr. Bettina Mößnang, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft

Pflanzenkohle, Steinmehle und Effektive Mikroorganismen – diese Güllezusätze machen nur einen Bruchteil der am Markt verfügbaren Zusatzstoffe aus. Weitere Hauptstoffgruppen sind Säuren, Kalk, Tonminerale, Salze, Algenpräparate, ätherische Öle, kosmische Zusätze und Kombinationen mehrerer Wirkstoffe. Nach einer aktuellen Zählung gibt es zurzeit über 40 Zusatzstoffe am Markt.

Die Hersteller versprechen, dass ihre Produkte viele positive Effekte auf die Wirtschaftsdünger haben. Sie sollen z. B. die Sink- und Schwimmschichten auflösen, die Fließ- und damit Infiltra­tionsfähigkeit in den Boden verbessern und sich positiv auf Pflanzenbestände und das Bodenleben auswirken. Zudem werben die Firmen häufig auch mit ­einer verminderten Geruchsbelastung und geringeren Ammoniakemissionen.

Ob die verschiedenen Güllezusätze wirklich Ammoniakemissionen redu­zieren können, war in bisherigen Un­tersuchungen nicht eindeutig belegt. In ­einigen Studien führten sie zwar zu geringeren Ammoniakemissionen, in anderen Studien hingegen zu erhöhter Freisetzung von Ammoniak.

Das Projekt EmiAdditiv der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft hat nun die Wirkung verschiedener Zusätze auf Rindergülle unter standardisierten Bedingungen untersucht.

Warum Ammoniakemissionen mindern?

Ammoniak (NH3) ist ein gesundheits- und umweltschädliches Gas. Es lagert sich in Ökosystemen ab, lässt Gewässer eutrophieren, Böden versauern und kann zu einem Rückgang der Artenvielfalt beitragen. Um dem entgegenzusteuern, hat sich auch Deutschland an internationalen Abkommen zur Minderung von Luftschadstoffen beteiligt.

Demnach muss es nach der Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen (neue NEC-Richtlinie) seine Ammoniakemissionen bis zum Jahr 2030 um 29 % senken (Referenzjahr: 2005). Die wichtigste Emissionsquelle von Ammoniak ist in Deutschland die Landwirtschaft.

Ein Großteil dieser Emissionen geht dabei auf die Tierhaltung und hier auf Wirtschaftsdünger zurück. So entstehen in der Rinderhaltung 56 % der Ammoniakemissionen während der Ausbringung und 9 % im Güllelager. In der Schweinehaltung belaufen sich die Anteile auf 12 % bei der Lagerung und 22 % während der Ausbringung. Ein Standardverfahren, um die Emissionen beim Ausbringen zu reduzieren, ist die bodennahe, streifenförmige Applikation der Gülle. Doch auch hier werben viele Hersteller mit der emissionsmindernden Wirkung von Güllezusatzstoffen.

Wie wirken Güllezusätze?

Die im Projekt untersuchten Güllezusätze basieren auf verschiedenen Wirkmechanismen: 

Zu den chemisch wirkenden Zusatzstoffen gehören Säuren und Salze. Ihre Wirkung beruht auf dem Gleichgewicht zwischen Ammonium und Ammoniak in der Gülle, welches vom pH-Wert abhängt. Die Salze und Säuren senken den pH-Wert, wodurch sich das Gleichgewicht in Richtung Ammonium verschiebt. Diese N-Form bleibt in der Gülle gebunden, sodass weniger Ammoniak freigesetzt wird. Hierbei ist zu beachten, dass die Zugabe von Säuren bereits ein wissenschaftlich anerkanntes und verifiziertes Verfahren zur Reduktion von Ammoniakemissionen ist.

 Biologisch wirkende Güllezusätze umfassen Präparate auf der Basis von (Effektiven) Mikroorganismen (EM) oder solchen organischen Stoffen, die als Nahrungsquelle für Mikroorganismen dienen. Effektive Mikroorganismen bzw. das EM-Konzept wurden 1970 in Japan entdeckt. Hierbei sollen Veränderungen der Mikroflora und in den mikrobiellen Stoffwechselprozessen die Ammoniakfreisetzung in der Gülle mindern. Die erste EM-Mischung basierte dabei vorwiegend auf Milchsäurebakterien, phototrophen Bakterien und Hefen und ließ sich bei einem pH-Wert von 3,5 stabil lagern.

Alle ­aktuell auf dem Markt verfügbaren EM-Präparate sind an das ursprüng­liche Produkt angelehnt, eine genaue Organismenliste gibt aber kaum ein Hersteller an. Präparate mit Effektiven Mikroorganismen zielen darauf ab, dass sich diese in der Gülle anreichern. So sollen sie nachteilige Mikroorganismen verdrängen, enthaltene organische Stoffe aufspalten und Nährstoffe in ihrer Biomasse binden. Der Zusatz von Nahrungsquellen für Mikroorganismen zielt darauf ab, dass diese die Gülle über den mikrobiellen Stoffwechsel natürlich ansäuern.

 Physikalisch wirkende Zusätze wie Steinmehle, Pflanzenkohlen oder Tonminerale sind eine weitere Möglichkeit. Sie sollen Ammonium und/oder Ammoniak binden und so die Ammoniakfreisetzung reduzieren.

Außerdem gibt es noch Zusätze mit unbekanntem Wirkmechanismus, zu denen Wirkstoffgruppen wie ätherische Öle zählen. In die Kategorie „Informationsüberträger“ fallen die sogenannten kosmischen Zusatzstoffe, die mit Energie geladen sind. Hier besteht das Trägermaterial oft aus Calciumcarbonaten.

So wurde geprüft

Um nun herauszufinden, ob Güllezusätze Ammoniakemissionen senken können, wurde am Institut für Landtechnik und Tierhaltung (ILT) im Jahr 2021 eigens eine vollautomatisierte Versuchsanlage entwickelt. Mit dieser Anlage kann man bis zu sieben Güllezusätze in einem einzigen Durchgang testen – in vierfacher Wiederholung und unter standardisierten Bedingungen (gleichbleibende Temperatur, Luftgeschwindigkeit).

Zu Beginn des Versuchs wurden die Zusatzstoffe nach Herstellerangaben zudosiert und dabei das Einrühren der Zusätze im Güllelager simuliert, um so die Ammoniakfreisetzung beim Rührvorgang messen zu können. Die Versuchsdauer umfasste zwei Monate, da Hersteller oft empfehlen, die Zusatzstoffe sechs bis acht Wochen vor der Ausbringung hinzuzugeben. Um die Wirkungsweise biologisch wirkender Güllezusätze prüfen zu können, wurden zudem Veränderungen in der Mikroflora behandelter Güllen mikrobiologisch untersucht. Im Rahmen des Projektes konnten in den Lagerungsversuchen insgesamt 20 verschiedene Güllezusatzstoffe getestet werden.

Ergebnisse: biologisch ­Ansäuern senkt Emissionen

Die Zugabe von Kohlenstoffquellen (C-Quellen), wie z. B. Glucose oder Zuckerrübenmelasse, säuerte die Rindergülle biologisch an und konnte so die freigesetzte Ammoniakmenge senken (siehe Übersicht). Die zugesetzten C-Quellen dienen als Nahrung für die in der Gülle enthaltenen Mikroorganismen und werden von ihnen zu organischen Säuren verstoffwechselt. Dadurch wird der pH-Wert abgesenkt und die Emissionen – wie bei der chemischen Ansäuerung – durch ein verlagertes Gleichgewicht zu Ammonium hin reduziert. Die Zunahme an säurebildenden Bakterien löste so eine biologische Ansäuerung aus.

Allerdings traten hierbei Zielkonflikte auf. So ließ sich nach ca. zwei Tagen eine teils deutliche Schaumbildung beobachten. Darüber hinaus führten die C-Quellen in der Gülle teils zu starker Geruchsbelastung durch die entstehenden flüchtigen Fettsäuren.

Zwischenfazit: Die biologische Ansäuerung führt also nachweislich zur Reduktion von Ammoniakemissionen, was aber auch mit Zielkonflikten verbunden ist (z. B. Schaumbildung, teils starke Geruchsbelastung, hohe Kosten). Die pH-Wert-Senkung tritt zudem nicht unmittelbar nach der Zugabe ein, sondern je nach Außentemperatur erst deutlich später (ca. nach einer Woche).

Wie wirken Physikalische und kosmische Zusätze?

Die physikalisch wirkenden Güllezusätze sollen Emissionen durch das Binden von Ammonium senken. Hier ließ sich nur bei der Weichbraunkohle Leonardit, dem Gesteinsmehl Zeolith (Zugabemenge von 10 % [100 kg/m³]) und Calciumcarbonat eine signifikant niedrigere Ammoniakfreisetzung messen. Bei Zeolith konnten geringere Einsatzmengen von 1 % bzw. 10 kg Zeolith pro m³ Rindergülle die Ammoniakfreisetzung nicht signifikant reduzieren.

Bei den kosmisch wirkenden Güllezusätzen konnte nur Calciumcarbonat in energetisierter Form signifikant Emissionen mindern. Hierbei fand sich allerdings kein signifikanter Unterschied zu Calciumcarbonat ohne Energieaufladung.

Fazit

Die Ergebnisse des Lagerungsversuches zeigen, dass die Wirkung von Güllezusätzen sehr vielfältig ausfällt. Eine chemische Ansäuerung, die den Gülle-pH-Wert absenkt, reduziert Ammoniakemissionen verlässlich. Da hier zumeist konzentrierte Säuren zum Einsatz kommen, sind jedoch entsprechende Sicherheitsmaßnahmen erforderlich, die den Einsatz im landwirtschaftlichen Betrieb aufwendig machen. Zudem kann die erforderliche Säuremenge zum Absenken des pH-Wertes je nach Pufferkapazität des Wirtschaftsdüngers, aber auch innerhalb einer Wirtschaftsdüngerart, variieren. Das kann wiederum zu höheren Kosten führen, sodass vorab eine Laboranalyse zum Abschätzen der erforderlichen Säuremenge sinnvoll ist.

Eine Alternative kann das biologische Ansäuern mithilfe von C-Quellen sein. Dieses Verfahren ist jedoch auch mit Zielkonflikten verbunden, wie z. B. einer vermehrten Schaumbildung, und/oder verstärkter Geruchsbelastung. Zudem sind oft hohe Einsatzmengen erforderlich, um einen ähnlichen Effekt wie die Säuren zu erreichen. Das schlägt sich dann meist in hohen Beschaffungskosten nieder. Bei den physikalisch wirkenden Güllezusätzen ließen sich die Ammoniakemissionen nur durch eine Zugabe von Leonardit, Calciumcarbonat und Zeolith senken.

Ob sich diese Ergebnisse auch auf Wirtschaftsdünger anderer Herkunft übertragen lassen, wird zurzeit in ­einem Nachfolgeprojekt untersucht. Das dreijährige Forschungsprojekt EmiAdditiv wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus gefördert.

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