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topplus Grundsteuer-Chaos

Bürokratie-Drama: Landwirt soll Tausende Euro zu viel zahlen

Ein falscher Bescheid, eine viel zu hohe Steuerforderung – und keine Reaktion vom Finanzamt: Landwirt Martin Dellers kämpft seit anderthalb Jahren um die Korrektur eines Berechnungsfehlers.

Lesezeit: 4 Minuten

Ackerbauer Martin Dellers aus Neuenburg am Rhein hat viel Geduld, das verlangt sein Beruf als Landwirt. Doch als er im Januar 2025 den Grundsteuerbescheid seiner Gemeinde erhielt, war es mit der Geduld vorbei. Rund 7.745 € sollte er nur für sein Wohnhaus samt Grundstück zahlen – ein Vielfaches dessen, was er eigentlich erwartet hatte. Zum Vergleich: Bislang waren es für den gesamten Hof 1.074 €.

Der Grund für die enorme Steigerung: Ein Fehler beim Finanzamt, das eine viel zu große Fläche für sein Betriebsleiterhaus angesetzt hatte. „Doch bis heute verweigert die Behörde die Korrektur“, so Dellers Anfang Februar gegenüber top agrar.

Ein Missverständnis mit schwerwiegenden Folgen

Alles begann 2023, als Dellers, wie Millionen andere Grundstücksbesitzer in Deutschland, die neuen Grundsteuererklärungen ausfüllen musste. Die bisherigen Einheitswerte hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe für verfassungswidrig erklärt, und so musste die Berechnung der Grundsteuer reformiert werden. Es folgte eine beispiellose Datensammlung: Millionen von Grundstücks- und Immobilienbesitzer mussten unter anderem ihre Flächengrößen, Bodenrichtwerte und Größe des Hauses an das Finanzamt melden.

Anhand der Werte legten die Finanzämter dann die Grundsteuermessbeträge fest. Diese haben enormen Einfluss auf die tatsächlich zu zahlende Höhe der Grundsteuer. Denn diese wiederum ist das Produkt aus den Messbeträgen und Hebesätzen der Gemeinden. Beispiel: Beträgt der Grundsteuermessbetrag für eine Fläche 50 € und der Hebesatz 300 %, ergibt das eine Grundsteuer von 150 € (50 € x 3).

Dellers übermittelte fristgerecht seine Daten an sein Finanzamt in Müllheim und bekam wenige Monate später seinen Grundsteuermessbescheid. Bei näherem Hinsehen stellte er fest: Das Finanzamt hatte für sein Wohnhaus und das dazugehörige Grundstück eine Fläche von 26.478 m2 angesetzt hatte. Tatsächlich sind es jedoch nur 794 m2. „Ein massiver Berechnungsfehler, der mich nun teuer zu stehen kommt“, sagt Dellers. Dazu muss man wissen: Für Betriebsleiterhäuser wird die teurere Grundsteuer B fällig.

Einspruch bleibt unbeantwortet

Zusammen mit seinem Steuerberater legte Dellers fristgerecht im September 2023 Einspruch gegen den fehlerhaften Bescheid ein. Doch das Finanzamt reagierte nicht – auch nach fast anderthalb Jahren später nicht. Stattdessen wurden die falschen Werte unverändert an die Gemeinde übermittelt. Diese erließ auf Basis der falschen Angaben dann den viel zu hohen Grundsteuerbescheid.

Sein Steuerberater sieht das Problem nicht in bösem Willen, sondern in der Überforderung der Behörden. Viele Finanzämter seien auf diese Datenflut nicht vorbereitet. Zudem sei die Kommunikation mit den Behörden schwierig. Man bekomme keinen Sachbearbeiter ans Telefon. Alles laufe schriftlich, was viel Zeit koste, erklärt er gegenüber top agrar.

Zwischen Bürokratie und finanzieller Belastung

Trotz Einspruch bleibt Dellers erst einmal nichts anderes übrig, als den Zahlungsbescheid zu begleichen – wenn auch unter Vorbehalt. „Ich will meine Steuern zahlen, aber nur das, was auch korrekt berechnet wurde“, sagt er.

Ein Antrag auf „Aussetzung der Vollziehung“ hätte verhindern können, dass der Bescheid überhaupt erlassen wird. Doch darauf verzichtete Dellers damals. Mit dem Wissen von heute hätten man das vielleicht anders gemacht, räumt sein Steuerberater ein.

Untätigkeitsklage einreichen? Diese Möglichkeit gibt es, wenn nach einem Einspruch mindestens sechs Monate vergangen sind, ohne dass sich das Finanzamt zurückmeldet. Dellers und sein Steuerberater setzen allerdings auf Geduld. So langsam trudelten die Antwortschreiben zu anderen Fällen ein, berichtet Dellers Steuerberater. Er hofft, dass man auch im Fall Dellers bald eine Korrektur sehe.

Finanzamt in der Pflicht

Theoretisch bleibt Dellers neben einer Klage noch ein anderer Ausweg: Er kann im Zuge einer sogenannten Wertfortschreibung eine Änderung beim Finanzamt beantragen. Das ist immer dann möglich, wenn der Grundstückswert von dem Wert zum Zeitpunkt der letzten Hauptfeststellung um mehr als 15.000 € abweicht (Grundsteuerwert, nicht die zu zahlende Grundsteuer).

Diese Korrektur käme in seinem Fall aber erst zum 1.1.2026 zum Tragen und nicht rückwirkend zum 1.1.2025. Für Dellers ist das aber keine Option. „Ich sehe das Finanzamt in der Pflicht“, sagt er. Daher bleibt ihm zunächst nichts anderes übrig, als zu zahlen – und zu hoffen, dass die Bürokratie irgendwann zu ihren eigenen Fehlern steht.

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Hinweis: Mittlerweile hat das zuständige Finanzamt bzw. die Gemeinde reagiert und den Grundsteuerbescheid korrigiert (Stand 6.3.24)

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