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Das Beben bei der Baywa: Ein Absturz mit Ansage

Deutschlands wichtigster Agrarhändler steckt in der größten Krise seiner 100-jährigen Geschichte. Wie kam es dazu und ist der Konzern noch zu retten?

Lesezeit: 5 Minuten

Es war ein Paukenschlag, der nicht nur die Agrarbranche, sondern auch die Börsianer in Deutschland erschütterte: In einer dürren Pressemitteilung teilte die Baywa AG Mitte Juli mit, dass sie ein Sanierungsgutachten beauftragt hat und damit auf eine angespannte Finanzlage reagiert.

„Ein Sanierungsgutachten fordern Kreditgeber in der Regel dann, wenn sich ein Unternehmen in einer finanziellen Krise befindet und befürchtet werden muss, dass Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eintreten könnte“, erläutert Rechtsanwältin Carola Fischer von der Kanzlei Geiersberger Glas & Partner mbB in Rostock. Nur wenn das Gutachten eine positive Fortführungsprognose aufweise, werden die Banken weiter Kredite vergeben.

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Extreme Expansion

Was war mit dem Agrar- und Baustoffhändler aus Bayern passiert, der sich in den letzten 15 Jahren zum stolzen globalen Handelskonzern entwickelt und 2023 auf großer Bühne in München noch sein 100-jähriges Bestehen gefeiert hatte? Und der 2023 mit 23.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 24 Mrd. € erwirtschaftet hatte?

Die Baywa hat von 2008 bis 2023 unter ihrem damaligen Vorstandsvor­sitzenden Klaus Josef Lutz mit inter­nationalen Zukäufen extrem expandiert. Das klassische Agrargeschäft in Deutschland mit dem Handel von Getreide sowie dem Verkauf von Betriebsmitteln und Landtechnik trägt aktuell nur noch mit etwa 30 % zum Umsatz bei. Weitere 20 % bringt der Handel mit klassischen Energie­trägern und Baustoffen. Die andere Umsatzhälfte steuern Zukäufe aus der Ära Lutz bei:

  • Die Erneuerbaren Energien-Tochter Baywa r.e. projektiert und verkauft weltweit Wind- und Solarparks und handelt mit Solarmodulen.

  • Der niederländische Getreide- und Sojahändler Cefetra ist ebenfalls auf den globalen Märkten aktiv.

  • Der neuseeländische Apfelhändler Turners und Growers bedient vor allem asiatische Märkte.

Zukäufe auf Pump

Das Problem: Die Zukäufe der Baywa waren fast ausschließlich fremdfinanziert. Die Fremdkapitalbelastung stieg bis Ende letzten Jahres auf 10,8 Mrd. € an, die Eigenkapitalquote sank auf sehr magere 13,7 % (siehe Übersicht 1).

Solange das Zinsniveau niedrig war, konnte die Baywa die Kosten für die Kredite relativ gut beherrschen. Doch nach Anstieg des Zinssatzes in den ­letzten Jahren drücken die Zinszahlungen auf den Gewinn. Das Zinsergebnis lag 2023 bei minus 340 Mio. €, was wesentlich zum Jahresfehlbetrag des Konzerns von 93,4 Mio. € beitrug.

Probleme bei Baywa r.e.

Hinzu kamen Probleme in der Sparte Erneuerbare Energien, u. a. weil es einen Preisverfall bei Solarmodulen gab. In Neuseeland zerstörte ein tropischer Wirbelsturm einen Teil der Apfelplantagen und die Krise am Bau ließ den Umsatz mit Baustoffen einbrechen.

Die aktuelle Liquiditätslücke beruht aber offenbar auch auf einer mangelhaften Liquiditätssteuerung der aktuellen Vorstandsriege. So soll der jetzige Vorstand unter seinem Vorsitzenden Marcus Pöllinger Medienberichten zufolge eine Anleihe von 500 Mio. € zurückgezahlt und diese mit neuen Schulden und eigenen Finanzmitteln finanziert haben, was die finanzielle Lage der Baywa weiter verschärft haben soll. Genau diesen Betrag benötigt die Baywa aber, um den Finanzbedarf für die nächsten zwölf Monate zu decken.

Aktienkurs bricht ein

Kein Wunder, dass bei solchen Nachrichten der Aktienkurs der börsennotierten Baywa eingebrochen ist. Bevor der Auftrag für das Sanierungsgutachten bekannt wurde, kostet die Aktie noch 22,70 €. Zwischenzeitlich stürzte sie um mehr als 50 % ab. Mitte der Kalenderwoche 32 notierte sie bei 12,70 €.

Eigner wollen Baywa retten

Trotz dieser fast ausweglosen Situation ist die Baywa nicht am Ende. Denn die genossenschaftlichen Hauptaktionäre in Bayern und Österreich sind offenbar fest entschlossen, den hochverschuldeten Handelskonzern zu retten. Die ­Bayerische Raiffeisen-Beteiligungs-AG (BRB) hält etwa 34 % an der Baywa. Die Raiffeisen Agrar Invest AG aus Österreich 28 %. Hinter ihr steht unter anderem der Lagerhauskonzern Raiffeisen Ware Aus­tria AG (RWA).

Die beiden Haupteigentümer der Baywa haben sich offenbar mit wich­tigen kreditgebenden Banken auf eine Lösung geeinigt. Dabei geht es um eine Finanzspritze von 400 Mio. €. Davon sollen 200 Mio. € die Banken in Form weiterer Kredite beisteuern und 200 Mio. € die Eigentümer, u. a. durch die Aufstockung des Eigenkapitals.

Eine Schlüsselrolle nimmt dabei die BRB ein. Sie verwaltet als Holding der bayerischen Genossenschaftsbanken wichtige Beteiligungen. So hat die BRB auch Anteile an der DZ Bank, an der R+V-Versicherung und an der Münchner Hypothekenbank eG. An der BRB wiederum ist neben den bayerischen Genossenschaftsbanken auch die Baywa AG selbst beteiligt.

Im Rahmen des Rettungsdeals soll die Baywa AG ihre Anteile an der BRB, die mehr als 100 Mio. € wert sein sollen verkaufen. Dieses Geld würde dann der Baywa als Eigenkapital zur Verfügung stehen. Weitere 15 Mio. € soll die österreichische Agrar Invest als zweiter Baywa-Großaktionär zugesagt haben. Die restliche Summe zu den fehlenden 200 Mio. € sollen bayerische Volks- und Raiffeisenbanken direkt einbringen. Diese Einzeldarlehen sollen später zu Eigenkapital der Baywa umgewandelt werden, z. B. in Form von Anteilen der BRB an der Baywa.

Wie geht es weiter?

Sollte die Baywa diese Kapitalspritze von 400 Mio. € erhalten, wäre zumindest kurzfristig ihr Fortbestand gesichert. Wie es langfristig mit der Baywa weitergeht, hängt vom Ergebnis des ­Sanierungsgutachtens ab, das bis Mitte September fertiggestellt sein soll. Diskutiert wird offenbar der Verkauf der Mehrheitsbeteiligung an der Baywa r.e., was aktuell aber nur zu wenig lukrativen Konditionen möglich sein soll.

Offen ist, ob die Baywa die interna­tionalen Töchter Cefetra sowie Turners und Growers behalten kann. Müsste sie diese abgeben, würde die Baywa wieder zu einem nationalen Agrar- und Baustoffhändler schrumpfen.

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