Die Dachverbände der Biobranche berichten in diesen Wochen einhellig von einer wachsenden Nachfrage nach Bioprodukten, während das Angebot an heimischen Biorohstoffen weitgehend stagniert.
„Erzeugerpreise sind zu niedrig“
Aus Sicht der top agrar-Leser sind für diese auseinanderlaufende Entwicklung die zu niedrigen Erzeugerpreise verantwortlich. „Die Erlöse im Biobereich sind zu niedrig, sonst würde mehr produziert“, kommentiert Franz-Josef Aussel. Er kann dem stagnierenden Angebot auch eine positive Seite abgewinnen. Für alle Betriebe, die bereits biologisch wirtschaften sei es doch nur gut, wenn das Angebot knapp bleibe. Nur dann sei mit stabilen Preisen zu rechnen, so Aussel.
„Keine starke Umstellungswelle“
Eckhardt Koch glaubt nicht, dass es zu einer starken Umstellungswelle kommt, wie sie der Geschäftsführer der Vermarktungsgesellschaft Bio-Bauern Andreas Hopf erwartet: „Unter den neuen Vorzeichen der CO2-Abgabe, den recht klaren Regeln sowie dem Einkaufsverhalten der Discounter frage ich mich schon, ob Herr Hopf in eine Glaskugel schaut oder der Idealismus bei ihm sehr gewichtig durchschlägt.“ Wegen steigender Preise durch die CO2-Abgabe und somit zunehmender Inflation werde sich das Kaufverhalten nicht Richtung Bio erhöhen. Zudem könnten auf Dauer Subventionen bei leeren Kassen nicht als fester Bestandteil mit in die Wirtschaftlichkeit einbezogen werden.
„Hohe Bioförderung wäre Bürgergeld für Landwirte“
Hermann Kamm nimmt die Bioförderung vor dem Hintergrund einer möglichen starken Umstellungswelle aufs Korn: „Ich hoffe, dass nochmals 20 % der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland auf Bio umstellen! Dann sind mit Sicherheit die konventionellen Betriebe klar im Vorteil. Am besten jeden Biobetrieb mit 1.200 €/ha fördern. Das ist dann Bürgergeld für Landwirte! Dann werde ich meinen Betrieb sofort auf Bio viehlos umstellen. Die Bewirtschaftung würde folgendermaßen aussehen: Mit Düngerstreuer Getreide sähen und mit Scheibenegge flach einarbeiten: Fertig ist die Arbeit auf dem Acker. Wächst was wächst.“
„Hohe Auflagen verhindern Umstellung“
Roland Schun sieht in den steigenden Auflagen einen wichtigen Grund, warum nicht mehr Betriebe umstellen. „Nicht nur die Nachfrage ist gestiegen, sondern auch die Vorgaben, besonders bei den Rindviehhaltern. Wir haben nach fast zehn Jahren wieder auf konventionell umgestellt.“ Haltungsstufe 3 bringe mehr Zuschlag als Bioware.
„Bio für Discountern: Gleiches Hamsterrad wie konventionell“
Thomas u. Helmut Gahse sehen die zunehmende Vermarktung von Bioprodukten an Disconter kritisch: „Bio für Lidl und Aldi? Das gibt das gleiche Hamsterrad wie bei den konventionellen Lebensmitteln. Und wenn in Deutschland Material fehlt, liefert das Ausland zu günstigen Konditionen den Rest.“
„Bioware knapp?“
Jens Oliver Krause hat angesichts anderer Erfahrungen aus seinem Umfeld Zweifel, dass Biorohstoffe tatsächlich so knapp sind, wie berichtet: „Wenn die Ware so knapp ist, warum haben dann meine im Umkreis befindlichen Biokollegen solch große Probleme ihre Ernten aus den vergangenen Jahren loszuwerden?"
„Vorsicht walten lassen!“
Stefan Lehr fragt sich, wie die Situation in drei Jahren aussieht, wenn die Umstellungsphase durch ist und rät aufgrund eigener Erfahrungen zur Vorsicht. „Wir haben es mit einem Teilbetrieb durchgeführt und müssen, trotz hoher Subventionen, feststellen, dass es sich nicht rechnet. Außerdem sollte man auch davon ausgehen, dass die Förderungen nicht mehr, sondern weniger werden.“
Für ihn ist klar, dass Verbraucher und Handel eindeutig mehr für die Rohstoffe zahlen müssen. Das werde aber wahrscheinlich nicht in dem benötigten Umfang erfolgen, vermutet Lehr. Sein Fazit lautet: „Wo es geht und sich rechnet - sofort. An anderen Orten würde ich sehr, sehr viel Vorsicht walten lassen.“