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Die Akzeptanz für Wind- und Solarprojekte auf dem Land hat spürbar nachgelassen. „Es gibt eine gewisse Sättigung. Viele sagen: Wir haben doch schon genug“, beobachtet Kommunikationsexperte Eberhard Breuninger. Auch politische Einflüsse spielen eine Rolle – etwa durch die AfD, die solche Vorhaben pauschal ablehnt. Je nach Region fallen die Reaktionen unterschiedlich heftig aus. Nicht selten werden Projektideen zurückgezogen, weil Landwirte frühzeitig starken Gegenwind spüren und die möglichen Konflikte vermeiden wollen.
Frühzeitig informieren – transparent bleiben
Bevor ein Projekt öffentlich gemacht wird, sollten Landwirte die Stimmung im Ort frühzeitig ausloten. Der erste Schritt: Gespräche mit dem Ortsvorsteher, Mitgliedern des Gemeinderats oder anderen Vertrauenspersonen. Wer sind mögliche Unterstützer, wer prägt die Stimmung im Dorf? Persönliche Gespräche im kleinen Kreis helfen, frühzeitig zu überzeugen – und ein Gefühl für mögliche Konflikte zu bekommen.
Sobald die Machbarkeit des Projekts realistisch eingeschätzt werden kann, ist es Zeit für eine klare Kommunikation nach außen. „Agieren ist besser als reagieren“, betont Breuninger. Wichtig dabei: Keine vorschnellen Ankündigungen. Wer offen über den Stand des Projekts spricht, ohne es als beschlossene Sache zu verkaufen, signalisiert Gesprächsbereitschaft – auch wenn das Zeit und Nerven kostet.
Statt einer Bürgerversammlung kann das persönliche Gespräch oft wirkungsvoller sein: „Ich kenne Landwirte, die von Tür zu Tür gegangen sind und jeden Abend ein Gespräch mit einem Anwohner geführt haben. Das hat funktioniert. Die Leute fühlen sich ernst genommen und abgeholt“, sagt Breuninger. Auch kleine Gesprächsrunden können helfen, Bedenken abzubauen und gegenseitiges Verständnis zu fördern.
Wichtig ist, auf die Menschen zuzugehen, Fakten transparent zu machen und vor allem: Geduld zu zeigen. Wer ruhig bleibt, sachlich argumentiert und empathisch reagiert, wirkt glaubwürdig. „Ruhiges Auftreten, ehrliches Interesse und eine wertschätzende Haltung haben großen Einfluss – das ist psychologisch belegt“, sagt der Kommunikationsexperte.
Welche Argumente überzeugen – und was nach hinten losgeht
Was zählt, sind nachvollziehbare Argumente: die Bedeutung eines vielfältigen Energiemixes, Beiträge zur Versorgungssicherheit, die Nutzung weniger fruchtbarer Flächen oder der garantierte Rückbau der Anlagen. Auch der Klimaschutz kann überzeugen – wenn er zur eigenen Haltung passt.
Landwirtschaft ist per se nachhaltig und das sollte man betonen, rät Eberhard Breuninger: „Wir wirtschaften so, dass auch die nächste Generation ernten kann. Dazu gehört auch, dass ein Teil der Energie auf unseren Flächen direkt aus Sonne und Wind gewonnen werden kann. So tragen wir als Landwirte unseren Teil zur Energieerzeugung bei, die notwendig ist.“
Wer belehrt, statt zu überzeugen, verliert schnell die Augenhöhe und damit die Gesprächsbasis."
Finanzielle Aspekte dürfen dabei ehrlich angesprochen werden – ohne ins Detail zu gehen: „Ich lebe von der Landwirtschaft. Mit der Energieerzeugung auf geeigneten Flächen erschließe ich eine weitere Einkommensquelle und trage dafür gleichzeitig das unternehmerische Risiko.“ Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wirkt Authentizität oft überzeugender als detaillierte Rechtfertigungen.
Modelle zur Beteiligung der Anwohner – etwa über Energiegenossenschaften – können ein zusätzlicher Hebel sein. „Sie machen aus Betroffenen Beteiligte. Aber sie sind kein Allheilmittel und funktionieren nicht überall“, so der Experte. Entscheidend sei, sie klar und ehrlich zu kommunizieren.
Was dagegen nicht geht, ist, Bedenken der Anwohner unter den Teppich zu kehren, ein moralischer Tonfall oder jemandem vorzuwerfen, er sei ein „Nimby“. Damit sind Personen gemeint, die sich gegen sinnvolle Projekte wehren, weil sie in ihrer Nachbarschaft aufgebaut werden sollen („Not in my backyard“). Selbst gut gemeinte Sätze wie „Der Ukrainekrieg hat doch gezeigt, wie wichtig Energieautarkie ist“ können belehrend wirken – und eher Ablehnung hervorrufen. Wer belehrt, statt zu überzeugen, verliert schnell die Augenhöhe und damit die Gesprächsbasis.
Ein häufiger Fehler: zu viel erklären, ohne vorher zuzuhören.“
Fehler vermeiden: Nicht zu viel reden – mehr fragen
Ein häufiger Fehler in der Kommunikation: zu viel erklären, ohne vorher zuzuhören. Aussagen wie „Davor braucht ihr keine Angst haben“ oder „Deine Bedenken sind unbegründet“ wirken eher beschwichtigend als überzeugend und erzeugen Misstrauen. Stattdessen empfiehlt Breuninger, aktiv nachzufragen: „Was genau bereitet dir Sorgen? Was bringt dich zu dieser Einschätzung?“ Wer echtes Interesse zeigt, stärkt das Vertrauen und bewirkt, dass der Gesprächspartner sich verstanden fühlt.
Wichtig ist, das Gesagte des Gesprächspartners in eigenen Worten widerzuspiegeln und aufrichtig auf Bedenken einzugehen: „Unterm Strich bleibt eine optische Beeinträchtigung – da hast du recht. Gleichzeitig lässt sich damit aber ein Beitrag zum Energiemix leisten.“ Entscheidend ist der Ton: nie von oben herab, sondern immer auf Augenhöhe.
In schwierigen Gesprächen: ruhig bleiben, vertagen
Konfliktgespräche gehören dazu und erfordern Fingerspitzengefühl. Vorurteile etwa zu Infraschall, Wertverlusten von Immobilien oder zu mangelndem Rückbau lassen sich oft mit Fakten entkräften: „Gut, dass du das ansprichst – ich kann dir gerne zeigen, wie der Rückbau geregelt ist.“ Auch Nachfragen hilft, denn oft zeigt sich dabei, dass dem Gegenüber die Fakten fehlen und die Sticheleien in sich zusammenfallen.
Bei emotionalen Aussagen empfiehlt sich auch ein Widerspiegeln des Gesagten: „Habe ich dich richtig verstanden, du befürchtest Nachteile für die Vogelwelt?“ Geht der Gesprächspartner darauf ein, ist er weiterhin empfangsbereit. Wenn die Emotionen jedoch überkochen, hilft ein Gesprächsabbruch auf Zeit: „Ich merke, wie sehr dich das bewegt, aber ich möchte in sachlichem Ton sprechen – lass uns lieber morgen weiterreden.“
Manchmal helfen alle Kommunikationswerkzeuge nicht weiter: Wenn jemand selbst nach mehreren konstruktiven Anläufen unbeirrt bei seiner Meinung bleibt, dann gilt es, dies zu akzeptieren.
Selbst bei Provokationen gilt: ruhig bleiben, Augenhöhe wahren und jede Frage ernst nehmen, auch wenn sie unbequem ist oder auf Fehlinformationen beruht. Bei persönlichen Angriffen oder Drohungen sollte jedoch klar eine Grenze gezogen werden. In solchen Fällen sollte man sich zurückziehen, das Gespräch vertagen oder sich ggf. beratende Unterstützung holen.
Zeit, Respekt und ehrliches Interesse
Wer als Landwirt offen und frühzeitig kommuniziert, sich ehrlich mit den Sorgen auseinandersetzt und bereit ist, auf andere zuzugehen und auch mal kritische Töne aushält, kann die Akzeptanz im Dorf deutlich erhöhen. Der Schlüssel liegt in der Haltung: nicht belehren, sondern ernst nehmen. Und bereit sein, sich Zeit zu nehmen. Denn Vertrauen wächst nicht mit dem Projekt, sondern mit Zeit, Respekt und ehrlichem Interesse.