Zettelwirtschaft oder digital: Wie sieht das Agrarbüro Ihrer Mandanten aus?
Riedlberger: Etwa die Hälfte meiner Mandanten arbeiten in ihrem Büro schon weitgehend digital oder befinden sich noch in der Umstellung. Heutzutage kann man auch gar nicht mehr komplett mit Papier arbeiten, Förderanträge und vieles mehr sind nur noch digital möglich.
Wie verändert die Digitalisierung die Zusammenarbeit zwischen Landwirten und Steuerberatern?
Riedlberger: Die Zusammenarbeit ist effizienter. Arbeitet ein Landwirt mit einem Buchhaltungsprogramm oder einem Contentmanagement-System ist ein großer Vorteil, dass sein Steuerberater einen besseren Zugriff auf die Belege hat – und das im besten Fall in Echtzeit. Der Landwirt muss nicht jeden Beleg für den Steuerberater scannen und per Mail oder Fax zusenden.
Insbesondere bei Rückfragen durch das Finanzamt (z.B. bei der Bearbeitung der Steuererklärung oder auch im Rahmen einer Betriebsprüfung) muss ich die Belege nicht beim Mandanten anfordern, ich kann mir als Steuerberater die digitalen Belege einfach aus dem Portal ziehen. Das spart beiden Seiten viel Arbeitszeit. Und ich als Steuerberater gewinne mehr Freiraum für die individuelle Beratung meiner Mandantinnen und Mandanten, auch weil ich einen direkten Zugang zu den Dokumenten habe und nicht aufwändig in Aktenordnern suchen muss.
Was droht Betrieben, die sich weigern ihr Büro zu digitalisieren?
Riedlberger: Jeder muss seit dem 1.1.2025 eine E-Rechnung empfangen können. Wenn sich jemand dem komplett verwehrt und eine E-Rechnung im originalen Format nicht revisionssicher speichert, dann erfüllt er nicht die gesetzlichen Aufzeichnungspflichten. Das kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass das Finanzamt die Buchführung nicht anerkennt, verwirft und den Gewinn schätzt. Das wird teuer.
Wie läuft bisher der Empfang der E-Rechnung in der Praxis?
Riedlberger: Das läuft tatsächlich technisch reibungslos. Der Landwirt benötigt lediglich eine E-Mail-Adresse und muss die Rechnungen korrekt abspeichern. Noch versenden nicht alle Unternehmen E-Rechnungen, aber es ist zu erkennen, dass das zunimmt. Ich schätze, dass spätestens im zweiten Halbjahr 2025 die meisten Unternehmen auf E-Rechnungen umstellen werden.
Lohnt es sich auch für kleinere Betriebe, Zeit und Geld in die Digitalisierung des Büros zu stecken?
Riedlberger: Es lohnt sich ausnahmslos für jeden Betrieb. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Die Digitalisierung, die wird nicht erst kommen, die ist schon lange Realität. Jeder Unternehmer muss sich auch jetzt schon digital organisieren, da kommt man in der heutigen Zeit nicht mehr drum herum. Darauf muss sich auch jedes noch so kleine Unternehmen einlassen.
Welche Probleme haben die meisten Betriebe, die gerade erst dabei sind von der Zettelwirtschaft zum digitalen Agrarbüro zu wechseln?
Riedlberger: Es gibt Betriebe, die der Technik nicht vorbehaltslos vertrauen. Sie befürchten, dass die Daten in der Cloud nicht sicher sind, bzw. gelöscht werden könnten.
Das ist aus meiner Sicht unbegründet und auch meine Erfahrung zeigt, dass es dort noch nie Probleme gab. Ein weiterer Aspekt ist die Organisation. Wenn das Büro digitalisiert wird, hat das auch Auswirkungen auf die Abläufe. Darauf muss man sich einstellen und sich vorher schon eine vernünftige digitale Struktur und Ablage schaffen.
Wie sollte man den Übergang von Papierdokumenten zu digitalen Dokumenten planen?
Riedlberger: Das Wichtigste ist, dass man sein Büro entsprechend ausstattet, weil es nur dann Spaß macht. Der Landwirt braucht zwei Bildschirme, damit er die Dateien mit nur einem Klick von links nach rechts ziehen kann. Das ist dann auch eine Kopfsache. Der Landwirt hat dann z.B. seine Eingangsrechnung auf dem linken Bildschirm und schiebt sie auf den rechten Bildschirm zum Überweisen und Abspeichern. In der analogen Welt läuft das ja durchaus ähnlich: Man verwendet zum Beispiel ein Ablagefach für die Eingangsrechnungen. Dort entnimmt man eine Rechnung, überweist sie und legt sie anschließend im Buchführungsordner ab. Im Rahmen des digitalen Prozesses sorgt hier der zweite Bildschirm für die nötige Übersichtlichkeit. Genauso wichtig ist ein vernünftiger Scanner mit einem automatischen Einzug und Duplex Scan, bei dem auch direkt beim Einscannen die Zieladresse eingeben werden kann. Dadurch ist sichergestellt, dass das Dokument direkt am richtigen Ort gespeichert wird.
Welche Buchhaltungsprogramme oder Agrarbürosoftware braucht der Landwirt?
Riedlberger: Fragen Sie Ihren Steuerberater und verlassen Sie sich auf seine Einschätzung. Es muss ein Programm sein, mit dem der Steuerberater auch gut auf die Belege zugreifen kann. Da gibt es für die Landwirtschaft verschiedene geeignete Programme: HANNIBAL, Die nlb-Buchführungssoftware und LAND-DATA sind die geläufigsten Buchführungsprogramme.
Bei den Managementsystemen gibt es beispielsweise top farmplan, just Farming oder NEXT FARMING. Die Systeme lassen sich mit der Buchhaltungssoftware verknüpfen. Wenn man diese Systeme nutzt, ist das schon eine enorme Arbeitserleichterung. Meine Mandanten arbeiten überwiegend mit top farmplan.
Natürlich ist es am Anfang eine Herausforderung, wenn man ein neues Programm einführt und alte Strukturen verändert. Je mehr Belege aber im neuen Programm gespeichert sind, desto einfacher wird es und desto sinnvoller werden z.B. auch Volltextsuchen. Das ist sehr praktisch: Dann kann mit nur wenigen Klicks eine alte Rechnung aus dem digitalen Aktenschrank gefunden und beispielweise Futterkosten verglichen werden.
Hilft der Steuerberater beim Installieren der neuen Software und beim Einarbeiten?
Riedlberger: Wir machen das tatsächlich. Wir haben unsere Landwirte beim Registrierungsprozess unterstützt. Zudem haben wir als Mitbenutzer Zugriffsmöglichkeiten , sodass wir im Hintergrund immer helfen können, wenn mal Fragen auftreten.
Wie können Landwirte sicherstellen, dass ihre digitalen Daten vor Cyberangriffen geschützt sind?
Riedlberger: Sichert man seine Daten in der Cloud bei einem vertrauenswürdigen Anbieter, der zertifiziert ist und sein Rechenzentrum in Deutschland unterhält, ist man da schon auf der sicheren Seite. Wichtig ist es auch, dass man immer sowohl zur Anmeldung am PC, als auch zur Anmeldung im entsprechenden Portal ein sehr starkes Passwort vergibt. Oder besser noch eine Zwei-Faktor-Authentifizierung wählt.
Welche Dokumente müssen überhaupt noch in Papierform vorliegen?
Riedlberger: Die Finanzverwaltung erkennt im Regelfall alle Arten von Dokumenten digital an, es muss nichts mehr in Papierform vorgelegt werden. So reicht z.B. bei einem Pachtvertrag ein PDF-Dokument. Wenn es allerdings um die Aufbewahrung von Dokumenten geht, ist oft die Ablage im Original empfehlenswert: beispielsweise für Notar-, Pacht- oder Kaufverträge. Grundsätzlich empfehle ich aber, dass Sie alle Dokumente, die in Papierform vorliegen, auch digitalisieren. Dann sind diese bei Speicherung in der Cloud jederzeit digital zugänglich. Das Original-Papierdokument bewahren Sie natürlich weiterhin auf. Erhalten Sie z.B. noch eine Papierrechnung, müssen Sie diese in ihrer originalen Form aufbewahren, sonst ist das nicht GoBD-konform.
"Künftig sollte es das Ziel sein, das Tagesgeschäft voll digital abzuwickeln."
Welche langfristigen Trends sehen Sie in Bezug auf die Digitalisierung?
Riedlberger: Auch in Zukunft wird es noch Papierdokumente geben, z.B. bei Notar – oder Pachtverträgen. Aber künftig sollte es schon das Ziel sein, das Tagesgeschäft voll digital abzuwickeln, vor allem Routinetätigkeiten, wie die Ablage von Lieferscheinen oder Rechnungen. Tatsächlich ist die Digitalisierung in unserer Wirtschaft schon lange angekommen und ein Landwirt hat eigentlich keine Wahlmöglichkeit, ob er sich beteiligt oder nicht. Die meisten Landwirte sind insbesondere im Landtechnikbereich jeder Innovation, jedem technischen Fortschritt gegenüber überaus positiv aufgeschlossen. Weil es mehr Ertrag bringt und Kosten spart. Und so ist das auch mit der Digitalisierung bei der Buchhaltung und im Büro allgemein.
Haben Sie Tipps für Landwirte, die noch nicht digital arbeiten?
Riedlberger: Gehen Sie positiv an die Sache ran. Innovation und Fortschritt hat es schon immer gegeben und ist unverzichtbar. Nutzen Sie den Fortschritt zu Ihrem Vorteil!
Vielen Dank für das Gespräch!