Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Meinung & Debatte
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bundestagswahl 2025 Maul- und Klauenseuche Gülle und Wirtschaftsdünger

topplus Bewirtschaftungskonzepte

Agri-PV: Das Maschinenkonzept wird noch zu wenig berücksichtigt

Wenn man vorhandene Maschinen nicht auch für die Bewirtschaftung der Agri-PV-Flächen weiternutzen kann, wird sich das Konzept nicht durchsetzen, erklärt Dr. Henning Müller im top agrar-Interview.

Lesezeit: 5 Minuten

Dr. Henning Müller ist ehrenamtlicher Vorsitzender vom Agrotech Valley Forum e.V. (AVF), einem Netzwerk mit starkem Praxisbezug. Der AVF bündelt Forschungseinrichtungen und Unternehmen rund um die Agrartechnik. Als Mitarbeiter des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Osnabrück hat Müller ein starkes Interesse an der Wissenschaft. Gemeinsam mit seiner Frau bewirtschaften beide einen landwirtschaftlichen Betrieb im Landkreis Cloppenburg. Standbeine sind Schweinehaltung, Ackerbau und Pferdezucht. Im EIP-Vorhaben „Agri-PV FieldGarden“ befasst sich das Team vom Hof Fleming gemeinsam mit der Hochschule Osnabrück und der Fa. HoBohTec mit praktischen Fragen rund um die Agri-Photovoltaik.

Wie viele andere Berufskollegen auch planen Sie aktuell eine Agri-Photovoltaikanlage. Was schwebt Ihnen vor?

Müller: Die Idee hatten meine Frau und ich schon vor der Verabschiedung des Solarpakets I. Wir haben aber nicht einfach einen Bauantrag gestellt, sondern wollten systematisch überlegen: Welche Art von Agri-PV-Anlage passt in einen Standardbetrieb, um vorhandene Maschinen wirtschaftlich einsetzen zu können? Mittlerweile konzentrieren wir uns auf eine privilegierte Anlage auf maximal 2,5 ha, wie sie das Baugesetzbuch ermöglicht. Denn in unserer Region ist nicht viel freie Fläche vorhanden.

Es gibt mittlerweile drei Typen von Anlagen: Hochaufgeständerte „Dachanlagen“, vertikale „Zaunsysteme“ oder Trackersysteme mit beweglichen Modultischen. Was bevorzugen Sie?

Müller: Die hochaufgeständerten Dachsysteme halte ich für wenig sinnvoll für unseren Betrieb bzw. für vergleichbare Betriebe. Sie sind beispielsweise für Sonderkulturen oder etwa Legehennen geeignet. Um mit Maschinen wie einem Mähdrescher darunter fahren zu können, müssten sie so hoch sein, dass ein normales Rammprofil für die Statik mit unseren Windlasten nicht mehr ausreicht. Da müssten dann Betonfundamente gegossen werden. Günstiger und passender zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung sind Zaun- oder Trackersysteme. Aber für eine sinnvolle Entscheidung sind noch viele Fragen offen.

Welche meinen Sie?

Müller: Das fängt damit an, dass man sich ein Pflanzenbaukonzept überlegen muss. Dafür ist wichtig zu wissen, mit welcher Verschattung ich zu rechnen habe. Aber viel entscheidender finde ich die Frage, was für Maschinen man einsetzen kann. Denn ich werde ja nicht für 2,5 ha extra neue Maschinen anschaffen. Das würde die Wirtschaftlichkeit nie hergeben. Oder anders gesagt: Ohne, dass man auf einfache Weise vorhandene Maschinen auch für die Agri-PV-Anlage weiternutzen kann, wird sich das Konzept nicht durchsetzen.  Daher die Frage: Wie kann man vorhandene Maschinen einfach anpassen? Und kann ich auch Roboter einsetzen? Denn eine PV-Anlage auf der Fläche könnte ja künftig wie eine Tankstelle arbeiten, bei der die elektrisch angetriebenen selbstfahrenden Arbeitsmaschinen bzw. Roboter aufgeladen werden können.

Wie lässt sich der vorhandene Maschinenpark für die Agri-PV-Bewirtschaftung anpassen?

Müller: Wir haben zunächst Düngerstreuer und Feldspritze betrachtet. Wir haben mit Netzwerkpartnern vom Agrotech Valley diskutiert, wie man bei einem Modulreihenabstand von 10,5 bis 13,5 m düngen kann. Denn die effektive Breite beträgt dann 9 bis 12 m, weil man noch etwa 75 cm Abstand zur PV-Anlage einhalten will. Es soll kein Dünger unnütz unter die Modultische gelangen. Hier ist z.B. ein Konzept mit beidseitig aktiviertem Grenzstreusystem denkbar. Auch muss das Feldspritzengestänge so anzupassen sein, dass man auch eine Breite von 9 oder 12 m damit bearbeiten kann, ohne eine Spezialmaschine kaufen zu müssen. Eine weitere Aufgabenstellung ist, dass bei einem Mähwerk keine Steine auf die Module geschleudert werden. Oder wie man einen Zettwender so steuert, damit das Gras nicht unter die Modultische gelangt. Denn dann würde es im Schatten der Module länger zum Trocknen brauchen. Für alle Arbeiten ist zudem die Fahrspurplanung wichtig. Dann kommt das Mähen von Biodiversitätsstreifen zwischen den Pfosten dazu. Herkömmliche Mulcher oder Baumscheibenmähwerke kommen da bei kniehohem und teilweise verholztem Bestand an ihre Grenze, haben wir festgestellt.

Das sind viele Aufgaben vor allem für Landtechnikhersteller. Wie gehen Sie dabei vor?

Müller: Zu allen diesen Fragen arbeiten wir mit verschiedenen Netzwerkpartnern zusammen. Bei vielen Herstellern wächst erst langsam die Erkenntnis, dass man für Agri-PV spezielle Maschinenkonzepte braucht. Dazu gehört u.a. der Landmaschinenhersteller Amazone, den wir zum Thema Saat, Düngung und Pflanzenschutz einbeziehen. Bezüglich Ladetechnik arbeiten wir mit der Firma HoBohTec aus Garrel zusammen, die Batterietechnik und Ladeinfrastruktur anbietet. Das Unternehmen ist fester Partner in unserem EIP-Vorhaben. Mit der Firma Grimme stimmen wir ein Rodekonzept für Kartoffeln ab. Wissenschaftlich begleitet uns die Hochschule Osnabrück z.B. zum Thema elektrische Maschinen. Wir wollen aber auch die Landtechnikhersteller mit Anbietern von Agri-PV-Anlagen zusammenbringen, damit sie gemeinsam über die Herausforderungen sprechen. Anlagentechnik und Bewirtschaftungskonzept kann man nur zusammen entwickeln.

Inzwischen gibt es zwei Vornormen "DIN SPEC" zur Agri-PV, die auch Vorgaben zur Bewirtschaftung machen. Hilft das der Praxis?

Müller: Die Definitionen helfen zwar, damit alle von der gleichen Sache sprechen. Aber es gibt auch Herausforderungen. So muss man nach der DIN SPEC ein Bewirtschaftungskonzept mit den erwarteten Erträgen vorlegen. Hier wäre ein Standardvorgehen bzw. eine Musterberechnung sinnvoll: Welche Verschattung und damit welche Ertragseinbußen habe ich bei welcher Fruchtfolge abhängig von der Ausrichtung der Anlage nach Süden oder nach Ost-West? Hier wären die Landwirtschaftskammer oder Lehr- und Versuchseinrichtungen mit Agri-PV-Anlagen wie Grub gefragt. Das würde der Praxis sehr weiterhelfen.

 

Ihre Meinung ist gefragt

Was denken Sie über dieses Thema? Was beschäftigt Sie aktuell? Schreiben Sie uns Ihre Meinung, Gedanken, Fragen und Anmerkungen.

Wir behalten uns vor, Beiträge und Einsendungen gekürzt zu veröffentlichen.

Mehr zu dem Thema

top + Wissen, was zählt.

Voller Zugriff auf alle Beiträge, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten - auch in der App.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

E-Mail-Adresse

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.