Viele Landwirte haben derzeit Interesse an einer Agri-Photovoltaikanlage in Kombination der Tierhaltung („Tierwohl-PV-Anlage“), vor allem im Bereich Geflügelhaltung. Hierzu gibt es in der Praxis mehrere offene Punkte, die bei Landwirten, Beratern oder Behörden für Unsicherheit sorgen:
Probleme mit der EEG-Vergütung
Die DIN SPEC 91492 Tierhaltung ist noch nicht in einer Festlegung der BNetzA erwähnt und damit auch nicht rechtlich bindend, z.B. nach EEG. Das bedeutet: Wenn man die derzeit geltende Vornorm DIN SPEC 91434 nicht einhält, gibt es keine EEG-Vergütung. Einige Berater oder Verbände warnen: Wenn z.B. man eine niedrig aufgeständerte Anlage für Geflügel installieren will, würde man für den Strom keine EEG-Vergütung erhalten.
Das Solarpaket I, das eine höhere Vergütung für Agri-PV-Anlagen verspricht, ist von der EU noch nicht beihilferechtlich genehmigt. Damit ist die höhere Vergütung auch noch nicht sicher.
Neue Norm soll offene Punkte klären
Das Problem soll eine neue Norm lösen, die die beiden Vornormen ersetzen soll. Allerdings wird der Normungsprozess erst im Mai 2025 starten und drei bis fünf Jahre dauern. Trotz der rechtlichen Fragezeichen werden auch heute schon Tierwohl-Anlagen genehmigt und gebaut. Wir haben daher verschiedene Projektierer aus diesem Segment um Antworten auf folgende Fragen gebeten.
Bei welchen Tierarten gibt es Probleme bezüglich EEG-Vergütung, bei welchen nicht?
Wie gehen Sie bzw. die Kunden mit der Problematik um?
Wir haben die Antworten hier (Firmen in alphabetischer Reihenfolge) aufgeführt.
BEC: Bundesnetzagentur aktzeptiert neue DIN-Norm
„Die Aufnahme der DIN 91492 in die Festlegungen der Bundesnetzagentur (BNetzA) ist zwar noch nicht erfolgt. Dennoch wird sie von der BNetzA als Regelwerk akzeptiert, wenn Netzbetreiber bzw. Gutachter des Agri-PV-Projekts den Nachweis geführt haben. Das hat uns die BNetzA in einem persönlichen Schreiben bestätigt.“ (Dr. Andreas Brockmöller, BEC - Energie Consult GmbH, www.bec-berlin.de)
GridParity AG: Bisher keine Vergütung abgelehnt
„Derzeit sind uns noch keine Fälle bekannt, in denen die Vergütung bei Einhaltung der Vorschriften (insbesondere in Bezug auf UV-Licht für Hühner) abgelehnt wurde. Wir haben aber Kunden, die den Bau bis zur Klärung der Angelegenheit zurückgestellt haben.“ (Marcel Thenée, GridParity AG, www.gridparityag.com)
Metavolt: Welche Tiere fallen unter Weidehaltung?
„Die aktuelle DIN SPEC 91434 erwähnt auf Seite 10 (Tabelle 1) unter Agri-PV-Kategorie 1 ‚Aufständerung mit lichter Höhe‘ unter 1D ‚Dauergrünland mit Weidenutzung‘. Für die Weidehaltung von Großvieh (Rinder, Pferde, Schafe in Herdengröße mit eindeutig kommerzieller Absicht) sowie für die Gänsezucht wird die Förderfähigkeit basierend auf der ersten gültigen DIN SPEC anerkannt. Obwohl sich bei der Geflügelhaltung – vor allem von Masthähnchen und Legehennen - eine der größten Symbiosen für Agri-PV und Tierhaltung erreichen lässt, wird gerade diese aber noch in Frage gestellt, da es Stimmen gibt, die die Nutzung der Auslaufflächen durch Hühner nicht als Weidehaltung sehen wollen.
Unsererseits entsteht der eindeutige Eindruck, dass es hier nicht um rationale Gründe geht, sondern um wirtschaftspolitische Motive bestimmter Lobby-Gruppen. Die meisten unserer Kunden sind fest entschlossen, die Anlage umzusetzen. Wir helfen vielen dabei, auch alternative, EEG-unabhängige Konzepte zu entwickeln, die trotzdem von Banken finanziert und von Versicherungen versichert werden. Das kann z.B. bedeuten, dass wir bei Verfügbarkeit die Direktbelieferung lokaler Großabnehmer mit eigenem Kabel konzipieren, wenn die Lastgänge aus Erzeuger und Abnehmer harmonieren oder Eigenverbrauchskonzepte zur Stromveredelung auf dem Hof entwickeln. Dies soll umgesetzt werden, sobald irgendeine grundlegende Gesetzes- oder Förderkriterien-Änderung nicht oder stark verzögert kommt.“ (Thomas Reimers, metavolt, www.metavolt.solar)
Münch Energie: Probleme nur bei Hühnern und Schafen
„Es gibt Probleme bei Hühnern wegen der Flächennutzung. Der Auslauf ist kein Referenzertrag laut Din SPEC. Ebenso gibt es bei Schafen Probleme, weil eine Gewinnerzielungsabsicht hinter dem Projekt bzw. der Bewirtschaftung meist nicht gegeben ist. Die Genehmigung von Rinder- und Schweinehaltung unter Modulen geht recht problemlos. Bei Gänsen kommt es auf die Haltung an sich an. Eine Lösungsmöglichkeit könnte sein, die Hühnerweide mit Rindern zu ergänzen. Hierzu haben wir aber noch keine praktische Erfahrung, ob das EEG-konform wäre.“ (Luca Unger, M. Münch Elektrotechnik, www.muench-energie.de)
Visioneere: Hoffen auf Klarstellung für Hühner
„Gerade bei Freiland-Legehennen gibt es Unsicherheiten bezüglich EEG-Vergütung. Dabei wäre es aus landwirtschaftlicher Sicht sehr sinnvoll, im Auslauf von Hühnerställen Agri-PV zu bauen, weil das Schutz vor Greifvögeln bietet und die Hühner die Fläche so besser nutzen können, während der Landwirt weniger Verluste hat. In der Festlegung der BNetzA vom 01. Juli 2023 zu besonderen Solaranlagen auf Grünland wird allerdings nur von mechanisch bewirtschaftetem Grünland gesprochen und die Ergänzung gemacht „Dauerweideland wird ebenfalls vom Begriff des Dauergrünlands umfasst.“
Hühner sind aber leider keine Weidetiere, sondern scharren nur und suchen Körner und Insekten. Somit ist der reine Auslaufbereich der Hühner nicht explizit von dieser Regelung eingeschlossen. Momentan hoffen wir, dass es eine Klarstellung gibt, wonach Auslaufflächen von Hühnern unter die bestehende Regelung fallen oder die Regelung wird zum nächst möglichen Zeitpunkt in Bezug auf diesen Punkt deutlicher formuliert. Auch bei anderen Tierarten wäre es wünschenswert, für Weidehaltung klare Differenzierungsmerkmale zwischen Agri-PV und Freiflächen-PV zu haben. Deutungsspielräume sind auch immer Risiken für den Landwirt als Investor, insbesondere in weniger sonnenreichen Regionen, wo die Wirtschaftlichkeit schnell kippen kann.“ (Marcel Richter, Visioneere, www.visioneere.de)