Seit Monaten liegt die beihilferechtliche Genehmigung des Solarpakets I durch die Europäische Kommission auf Eis. Das Solarpaket, das im Mai 2024 in Kraft trat, hat das Ziel, den Ausbau von Photovoltaikanlagen auf Dächern, Freiflächen und landwirtschaftlichen Flächen zu fördern. Dazu gehören auch innovative Technologien wie Agri-Photovoltaik, die landwirtschaftliche Flächen doppelt nutzbar machen.
Trotz klarer Zielsetzungen und großer Nachfrage von Landwirten und Investoren hängt die Umsetzung zentraler Fördermaßnahmen von der beihilferechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission ab.
Blockadehaltung ist „politisches Versagen“
Diese Genehmigung verzögert sich jedoch, da angeblich notwendige Unterlagen aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) erst spät oder unvollständig nachgereicht wurden. Die Folge ist, dass hunderte Projekte, insbesondere im Bereich der Agri-Photovoltaik, stillstehen.
„Die Blockadehaltung, die sich sowohl in Brüssel als auch in Berlin abzeichnet, ist nicht nur ein politisches Versagen, sondern auch ein Schlag ins Gesicht für all jene, die mit Innovation und Engagement den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben wollen“, erklärt Norbert Lins (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung im Europäischen Parlament.
Agri-Photovoltaik-Projekte, die Landnutzung und Energieerzeugung miteinander vereinen, könnten einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende und zur wirtschaftlichen Stabilität in ländlichen Regionen leisten. Doch solange die Genehmigung des Solarpakets I auf sich warten lasse, blieben diese Potenziale ungenutzt. „Es ist dringend Zeit, dass Minister Habeck und die Bundesregierung ihre Blockadehaltung aufgeben und endlich liefern, was die Kommission für eine Entscheidung braucht“, fordert Lins.
Nach Ansicht von Christian Ehler (CDU), industriepolitischer Sprecher der EVP-Fraktion, schade die Hängepartie den Bauern und dem Klima, denn es zerstöre die Sicherheit und Perspektive von Investitionen in innovative Anlagen, wie der Agri-Photovoltaik. Und Markus Ferber (CSU), wirtschaftspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion, betont: „Wenn wir die Energiewende vorantreiben wollen, braucht es Planungssicherheit.“ Ohne sie blieben Investitionen aus. Deswegen sollten sowohl Kommission als auch der Bundeswirtschaftsminister eigentlich ein Interesse daran haben, das Verfahren schnell abzuschließen.
Konkretes Beispiel aus Beuren
Im baden-württembergischen Beuren hat der dortige Bürgerverein ein Agri-PV-Projekt geplant, das jetzt im Bau ist. Die technische Fertigstellung wird im Februar erfolgen, der Netzanschluss ist für März geplant. „Das Projekt haben wir auf Basis der geplanten Einspeisevergütung (EEG) seit Mitte des Jahres 2023 geplant“, erklärt Axel Pustet vom Ingenieurbüro axess solar, das den Bürgerverein bei der Planung der Anlage beraten hat.
Im August 2023 hatte das Kabinett das Solarpaket 1 verabschiedet. Die Verzögerung der Verabschiedung des Gesetzes hat für erste deutliche Beunruhigung gesorgt, weil der Bürgerverein für die Planungen einiges an Geld in die Hand genommen hatte. Bundesrat und Bundestag haben am 26.4.2024 dem Gesetz zugestimmt. Daraufhin wurde die Umsetzung in die Wege geleitet. Am 16.9.2024 war der offizielle Spatenstich für das Projekt.
Die Vergütung von Agri-PV-Anlagen wurde im Gesetzestext unter den Vorbehalt der beihilferechtlichen Zustimmung der EU gestellt, der auf Nachfrage beim BMWK stets als „weit fortgeschritten“ bezeichnet wurde. „Der Bürgerverein arbeitet ausschließlich für sozio-kulturelle Zwecke in der Ortsgemeinschaft Beuren, völlig ohne persönliche finanzielle Interessen. Wenn die Zustimmung der EU nicht erteilt wird, kann die Anlage durch den Bürgerverein nicht wirtschaftlich betrieben werden, es droht die Insolvenz und die Einstellung aller (vorbildlichen) Aktivitäten dieses außergewöhnlichen Vereins“, beklagt Pustet.
Darum hofft der Bürgerverein auf die Unterstützung der EVP-Parlamentarier. Unterstützung hat auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung zugesagt. Denn die geplante Anlage in Beuren liegt in dem Wahlkreis des stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU.
„Vertrauen geht weiter verloren“
Wie in Beuren warten auch viele andere Landwirte auf ein Ergebnis. „Allein wir haben mittlerweile über 100 Bauanträge, die wir im Auftrag von Landwirten im privilegierten Verfahren für 1 MW-Anlagen auf 2,5 ha gestellt haben“, sagt Pustet, der die endlose Hängepartie kritisiert. „Ohne die Zustimmung der EU bricht die Anschubfinanzierung für die Agri-PV-Technologie weg, und Agri-PV als solches wird sich um Jahre verzögern“, malt er ein düsteres Bild.
Das hätte auch wirtschaftspolitische Folgen. Aufgrund des Kabinettsbeschlusses und der Verabschiedung im Bundestag seien einige Firmen entstanden, die sich auf Agri-PV fokussiert haben. „All diese innovativen Firmen sind jetzt bedroht, nicht zu reden vom Stimmungsbild unter den Landwirten, die Geld und Zeit in Anspruch genommen haben, um ihren Betrieb resilienter gegen die Schwankungen in der Agrarpolitik und den Preisen zu machen.“