Der Bundestag könnte noch in seiner letzten Sitzung in dieser Woche das „Bioenergiepaket“ beschließen. Am 15. Januar führte der Ausschuss für Klimaschutz und Energie des Bundestags eine Anhörung durch. Die einhellige Meinung der Sachverständigen war, dass der Gesetzgeber noch vor der Wahl die Zukunft der Branche in der Gesetzesnovelle sichern muss.
Der Landesverband Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein (LEE SH) weist darauf hin, dass für viele Biogasanlagen die Förderung ausläuft. „Wenn der Bundestag jetzt nicht die richtigen Hebel umlegt, stehen zahlreiche Biogasanlagen und damit auch Wärmenetze in Schleswig-Holstein und ganz Deutschland vor dem Aus", warnt Felix Papenfuß, Referent Erneuerbare Gase LEE SH.
Keine Perspektiven für Biogasanlagen
Bioenergie liefert seit gut zwei Jahrzehnten verlässlich Strom und Wärme. Allein in Schleswig-Holstein erreichen rund 400 Erzeugungsanlagen bis 2030 das Ende der 20-jährigen Förderperiode. Sie bemühen sich derzeit um Anschlusskonzepte und wollen in ihre Transformation investieren.
Doch die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen bieten laut LEE SH keine wirtschaftliche Perspektive. Zudem bevorteilt die geplante Kraftwerksstrategie des Bundeswirtschaftsministeriums fossile Gaskraftwerke. Bioenergie erreicht die dort gesetzten Ziele schneller, sofort erneuerbar und vor allem günstiger, wie eine Studie der FAU Nürnberg-Erlangen aufzeigt.
„Jetzt muss schnell gehandelt werden,“ fordert Papenfuß. „Wenn der aktuelle Bundestag sich nicht auf ein substanzielleres Bioenergiepaket einigt, wird ein weiterer Biogas-Jahrgang überwiegend stillgelegt.“ Dies betrifft deutschlandweit Anlagen mit ca. 400 MW installierter Leistung. Diese haben ein Potenzial von drei Gigawatt erneuerbarer, regelbarer Leistung, um zur Stabilisierung der Stromnetze beizutragen. Mit der Aufgabe weiterer Biogasanlagen ginge ein langfristig wertvoller Beitrag zur Energie- und Wärmewende unwiederbringlich verloren.
Klimafreundlicher als Gaskraftwerke
„Leider hat sich in der Politik noch nicht die Erkenntnis durchgesetzt, dass Biogas-Speicherkraftwerke die Versorgung schneller und klimafreundlicher sichern können als die bisher in der Kraftwerksstrategie geplanten neuen Gas- und Wasserstoff-Kraftwerke,“ sagt Martin Laß, Vorstand im LEE SH und Geschäftsführer der Agrarservice Lass GmbH. „Zudem ist Biogas deutlich günstiger,“ ergänzt er. Die Flexibilisierung bestehender Biogasanlagen und deren Ausbau zu Biogas-Speicherkraftwerken könnte einen substanziellen Konjunkturschub auslösen und die Abhängigkeit von fossilen Erdgasimporten verringern. Daher fordert der LEE SH neben einem zukunftsweisenden
Biomassepaket, das die Fraktionen Ende Januar in der letzten Bundestagssitzung beschließen müssten, eine Kraftwerksstrategie, die technologisch für Biogas-Speicherkraftwerke offen ist.
Zahlreiche Wärmenetze bedroht
Mit Aufgabe der Biogasanlagen wären auch zahlreiche regionale Wärmenetze bedroht und die erneuerbare Wärmewende gefährdet. Schon im Jahr 2025 wird das Anlagensterben ohne regulatorisches Gegensteuern massiv. „Die Wärmeversorgung durch Bioenergie droht wegen der aktuellen Ausschreibungssystematik wegzubrechen. Dafür werden die Wähler kein Verständnis haben. Denn gleichzeitig sind die Kommunen in der Pflicht, Wärmepläne aufzustellen und eine Versorgung mit Wärmenetzen zu prüfen“, bedauert Viktor Bester, Geschäftsführer Biogas Fehrenbötel GmbH & Co. KG.
Sofern die jetzigen Fraktionen sich nicht mehr einigen können, richtet Felix Papenfuß daher den Appell an eine zukünftige Bundesregierung: „Die Weichenstellungen zur Zukunft der Bioenergie gehören in das 100-Tage Programm der neuen Regierung. Leider werden dann schon einige hundert Anlagen nicht mehr dabei sein können.“
Auch LEE Rheinland-Pfalz mahnt
Auch in Rheinland-Pfalz hat die Phase von Stilllegungen von Anlagen laut Landesverband Erneuerbare Energien bereits begonnen. In dem Bundesland sind 184 Biogasanlagen mit einer installierten elektrischen Leistung von 91 MW in Betrieb (Stand 2022, Daten: Fachverband Biogas e.V.). In den kommenden Jahren fällt davon ein Großteil der Anlagen aus der ersten Vergütungsperiode des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) heraus.
Damit wird wertvolle Erzeugungsleistung verloren gehen, was sowohl die Strom- als auch die Wärmeproduktion betrifft. „Diese Perspektive ist dramatisch und muss die Politik alarmieren“, warnt LEE-Vorstand Stefan Lausberg. So müsse auch vom Land Rheinland-Pfalz darauf hingewirkt werden, dass die Bundespolitik nun zeitnah die geeigneten Rahmenbedingungen schafft, die dem Wert der Bioenergie angemessen sind.
Erfolgreicher Weiterbetrieb vieler Anlagen behindert
Lausberg weiter: „Um die benötigten Klimaziele einhalten zu können benötigen wir dringend den Bestandsschutz für Biogasanlagen mit Wärmeversorgungen, denn wir haben die Strukturen zur Wärmewende bereits geschaffen. Dem muss dringend Rechnung getragen werden.“
Neben dem Beitrag zur Versorgungssicherheit erhöht Biogas auch die lokale und regionale Wertschöpfung und sichert die heimische Landwirtschaft und ihre Familien. Momentan sind aus Branchensicht die Rahmenbedingungen für Biogasanlagen denkbar schlecht: Etliche Regelungen im EEG und in Verordnungen behindern den erfolgreichen Weiterbetrieb vieler Anlagen. Das überholte Strommarktdesign ist in weiten Teilen nicht geeignet, um den künftig notwendigen Ausbau der Biogasnutzung zu ermöglichen.