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topplus Streit um Brennholz

Pro und Kontra: Holzenergie als klimaschädliche CO2-Quelle?

Ein top agrar-Leser fordert eine CO2-Abgabe auf Energieholz, um Holzenergie einzuschränken und die Klimaschutzleistung des Waldes zu erhöhen. Ein Forstwissenschaftler widerspricht entschieden.

Lesezeit: 5 Minuten

Holzenergie muss als verlässlicher, klimafreundlicher und regionaler Energieträger stärker gefördert werden, um die Energie- und Wärmewende sowie die Klimaziele Deutschlands zu erreichen.“ Das haben mehrere Landesminister und Spitzenvertreter der Branchenverbände aus Land- und Forstwirtschaft, Holzindustrie, Heizungs- und Energiewirtschaft während der Grünen Woche in Berlin gefordert und die Erklärung „Nutzung der nachhaltigen Holzenergie“ unterzeichnet.

Aber ob Holz wirklich als CO2-neutraler Brennstoff gelten kann, ist schon länger in der Diskussion – auch unter top agrar-Lesern, wie die Zuschrift von Philipp Dümig zeigt. Wir haben den Tübinger Forstwissenschaftler Prof. a.D. Roland Irslinger um eine Stellungnahme dazu gebeten.

Kontra Holzenergie: „CO2-Abgabe auf Holz“

„Holz zu verbrennen ist nicht das Intelligenteste, was man mit diesem schon gebundenen Kohlenstoff machen kann. Die stoffliche Nutzung muss immer Vorrang haben. Wer die angeblich "sehr hohen Holzvorräte" beklagt und diese energetisch verwerten will, damit der Wald seine Klimaschutzfunktion besser wahrnimmt, hat ein Problem damit, dynamische Systeme zu verstehen.

Es stimmt zwar, dass junge Bäume mehr Kohlenstoff pro Jahr aufnehmen als alte, fast ausgewachsene Bäume. Aber für den Klimaschutz ist nicht entscheidend, wie viel Kohlenstoff der Wald jährlich fixiert, sondern wieviel Kohlenstoff sich insgesamt in der Atmosphäre befindet.

Beim Verbrennen der Holzvorräte gelangt der gebundene Kohlenstoff wieder in die Atmosphäre. Es ist eine gefährliche Wette, bei der es kaum etwas zu gewinnen gibt, wenn man darauf setzt, dass der anschließend verjüngte Wald diesen Kohlenstoff in den nächsten Jahrzehnten wieder aufnimmt. Stattdessen sollte man zu hohe Holzvorräte und Holz ganz allgemein stofflich nutzen, denn bei der stofflichen Nutzung bleibt der Kohlenstoff gebunden statt in der Atmosphäre weiter zur Erderwärmung beizutragen.

Um die stoffliche Nutzung von Holz zu fördern, sollte auf die energetische Holznutzung eine CO2-Abgabe eingeführt werden. Forstwirte würden eine Prämie für den vom Wald fixierten Kohlenstoff erhalten, also die aus dem Wald entnommene Menge Holz verrechnet mit der Änderung des Holzvorrats. Dazu zwei Beispiele: Wenn 8 fm/ha entnommen wurden und im gleichen Zeitraum die Holzvorräte in dem Waldstück um 1 fm/ha zugenommen haben, gibt es die Prämie für 9 fm/ha. Wenn dagegen 12 fm/ha entnommen wurden und im gleichen Zeitraum sind die Holzvorräte in dem Waldstück um 2 fm/ha zurück gegangen, dann gibt es eine Prämie für insgesamt 10 fm/ha und zwar jeweils unabhängig davon, ob das entnommene Holz danach stofflich oder energetisch genutzt wird.

Das setzt einen Anreiz, die Wälder so zu bewirtschaften, dass der jährliche Holzzuwachs maximiert wird. Das entnommene Holz muss vorrangig stofflich genutzt werden. Um dies zu erreichen, sollten diejenigen, die Holz verbrennen, eine CO2-Abgabe zahlen. Das ist letztendlich nichts anderes als die Einbeziehung externalisierter Kosten: Der Ausstoß von CO2 wird besteuert, weil er den Klimawandel verstärkt und der Gesellschaft schadet, während dagegen die Entnahme von Kohlenstoff aus der Atmosphäre (Holzzuwachs) vergütet wird, weil das den Klimawandel bremst. Das klimaneutrale Heizen bleibt dadurch weiterhin kostenneutral (CO2-Prämie = CO2-Abgabe), aber die stoffliche Nutzung würde begünstigt werden, da dabei die CO2-Prämie gezahlt wird ohne die CO2-Abgabe leisten zu müssen, die dagegen bei der energetischen Nutzung dann anfallen würde.

Klimaneutral Heizen kann man auch ohne Holz, z.B. durch eine Wärmepumpe, Fernwärme oder Geothermie.“ (Philipp Dümig)

Pro Holzenergie: „Energieholz vermeidet 40 Mio. t CO2

„Herr Dümig hat zunächst recht, wenn er Verständnis für dynamische Systeme fordert. Aber dies erzwingt neben der Waldwachstumsdynamik die komplette Einbeziehung der Lebenszyklusanalyse von Holz, von der Photosynthese bis zur CO2-Freisetzung durch Verrottung oder Verbrennung. Richtig ist auch, dass die stoffliche Nutzung Vorrang haben muss. Und das tut sie bei uns auch.

Die Wirkung von Waldlandschaften auf das globale Klima beruht auf vier Säulen:

  • dem Holzvorrat im Wald,

  • dem Holzproduktspeicher,

  • der stofflichen und

  • der energetischen Substitution.

Es gilt, das Gesamtsystem im Hinblick auf das Klima zu optimieren. Die Holzvorräte lassen sich nicht mehr erhöhen, was über das jetzige Niveau hinausgeht, wird der Klimawandel zum Absterben bringen. Bäume werden hierzulande auch nicht gefällt, um sie zu verbrennen, sondern um sie stofflich zu verwerten. Durchforstung erhöht den Anteil stofflich nutzbaren Holzes, verringert den Waldspeicher jedoch nicht. Ein Verzicht darauf erhöht die Klimaanfälligkeit der Wälder. Das bei der Waldpflege anfallende Waldrestholz lässt sich stofflich meist nicht nutzen. Lässt man es im Wald liegen, verrottet es und setzt etwa in derselben Zeit wie beim Verbrennen dieselbe Menge an CO2 frei.

Der Holzproduktspeicher wird seit Jahren durch die Holzbauinitiativen erhöht. Allein dadurch vermeiden wir jährlich 5 Mio. t fossile CO2-Emissionen zusätzlich. Der Holzproduktsektor insgesamt vermeidet jährlich 35 Mio. t fossiles CO2, der Holzenergiesektor 40 Mio. t! Waldrestholz und Sägereststoffe als Rohstoff für die chemische Industrie bereitzustellen, hätte keinerlei Klimavorteile. Eine CO2-Steuer auf energetisch genutztes Holz wäre negativ für das Klima, denn nur bewirtschaftete Wälder haben eine hohe Klimaschutzleistung. Und eine ebenso hohe CO2-Prämie für im Wald zusätzlich gebundenen Kohlenstoff würde den Wald weiter destabilisieren, das wäre ein katastrophales Szenario. Die energetische Nutzung von Waldrestholz, Sägeresten und Altholz ist das Intelligenteste, was wir tun können!“ (Prof. a.D. Roland Irslinger)

 

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