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topplus Bei großen Anlagen dauert’s

PV-Boom: Netzbetreiber kommen beim Anschluss der Anlagen nicht hinterher

Auf dem Stalldach schimmert die neue PV-Anlage. Doch mehr passiert nicht, weil der Netzbetreiber den Zähler nicht einbaut. Wo hakt es?

Lesezeit: 4 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".

Markus L. wartet. Seit mittlerweile zwei Monaten liegt eine neue Photovoltaikanlage, 99 kWp, auf dem Dach. „Fix und fertig installiert. Sie muss nur noch ans Netz“, berichtet der 48-jährige Landwirt. Der Installateur habe den Zähler rechtzeitig beantragt. Doch vonseiten des Netzbetreibers tut sich nichts. Auch Paul W. wartet: „Ich habe das Gefühl, die Netzbetreiber wollen die Energiewende nicht.“ Vor acht Monaten installierte der Landwirt er eine 75-kWp-Anlage auf dem Stalldach. Wie bei Markus L. fehlt der Stromzähler, ohne den die Anlage keinen Strom ins Netz speisen darf.

Zubau hat sich vervierfacht

Die Verzögerung kommt nicht von ungefähr. Wie eine Sprecherin der Bundesnetzagentur (BNetzA) mitteilt, vervierfachte sich der Zubau von Erneuerbare-Energie-Anlagen in den vergangenen zwei Jahren. Bundesweit gingen im Jahr 2023 rund 1,6 Mio. neue Anlagen ans Netz. Zum Vergleich: 2020 waren es 280.000 Anlagen.

Verteilnetzbetreiber sind enorm gefordert: Zum einen löste das Osterpaket einen Solarboom aus. Zum anderen kommen die Energiekrise und der Ukrainekrieg hinzu. „Viele Menschen möchten bei der Stromversorgung autark sein“, sagt eine Sprecherin von Westnetz. Dadurch stiegen die Nachfrage nach Solaranlagen und das Anschlussaufkommen. Be­sonders in den Regionen Münster, Osnabrück und im Sauerland ist das der Fall.

Der Boom ist aber nur eine Erklärung für die verspäteten Zähler­einbauten. Die andere sind die Netzverträglichkeitsprüfungen. „Früher waren es ,Strom-Einbahnstraßen‘. Heute müssen die Netze fit für beide Richtungen – Verbrauch und Einspeisung – sein“, erläutert die Westnetz-Sprecherin.

Bei großen Anlagen dauert’s

PV-Anlagen bis zu 30 kWp können direkt angeschlossen werden. Bei großen Anlagen (auch Freiflächenanlagen) über 30 kWp ist das nicht so einfach. „Unsere Monteure müssen rausfahren und prüfen, ob das Netz an der Stelle stabil genug ist, ob Strom in das Netz eingespeist werden kann oder ob an der Stelle eine Verstärkung des Netzes, ein weiteres Netzteil oder Kabel notwendig sind, damit das Netz die Menge des eingespeisten Stroms aufnehmen kann“, beschreibt die Unternehmenssprecherin das Vorgehen und ergänzt: „Diese Netzverträglichkeitsprüfung dauert für große Anlagen oft länger. Zudem müssen die Mitarbeiter der Verteilnetzbetreiber eine vorausschauende Regionalplanung vornehmen. Das kostet Zeit.

Maximal sechs Wochen

Dabei gibt es Fristen. Bereits im Jahr 2022 reagierte der Gesetzgeber. Es gab eine neue Regelung im Messstellenbetriebsgesetz (MsbG). Danach ist der zuständige Messstellenbetreiber – meist der örtliche Netzbetreiber – verpflichtet, die erforderlichen Arbeiten zur Zählersetzung innerhalb eines Monats nach Auftragseingang vorzunehmen. Erledigt er das jedoch nicht binnen sechs Wochen oder nicht vollständig, darf der Anschlussnehmer auf eigene Kosten unter bestimmten Voraussetzungen einen fachkundigen Dritten beauftragen. Auf diese sogenannte Selbstvornahme weisen die Clearingstelle und die BNetzA hin.

Zu beachten

„Dabei sind eventuell bestehende vertragliche Pflichten wie Kündigungsfristen zu beachten“, betont ein Sprecher der Clearingstelle. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass der Anschlussnehmer den Messstellenbetreiber sofort über die bei der Selbstvornahme vorgenommenen Änderungen an der Messstelle informieren muss. Etwaige Schadensersatzansprüche wegen der nicht rechtzeitigen Zählersetzung als Pflichtverletzung ergeben sich jedoch nicht direkt aus dem EEG oder MsbG.

Wie bei der Selbstvornahme durch den Anlagenbetreiber kann auch der zuständige Messstellenbetreiber eine fachkundige Person mit dem Einbau der Messeinrichtung beauftragen. Alternativ dürfen auch Mitbewerber den Zähler setzen. Hier rät die Clearingstelle, vorab die Kosten zu klären. Anders als der grundzuständige Messstellenbetreiber ist ein wettbewerb­licher Betreiber nicht verpflichtet, die gesetzlich vorgeschrieben Preisobergrenzen einzuhalten.

Engpässe bremsen aus

Soweit die Theorie. Die Praxis fordert den PV-Anlagenbetreibern weiter Geduld ab. Während Markus L. auch weiter warten will, wandte sich Paul W. inzwischen an einen Elektriker. Doch auch der ließ ihn erst einmal abblitzen: Zu viele Aufträge, zu wenig Mitarbeiter. Oder wie die Westnetz-Sprecherin sagt: „Der Boom durch das Osterpaket trifft auf erhöhten Prüfaufwand, der negativ gekoppelt ist mit erhöhtem Personal- und Zeitaufwand.“ Anlagenbetreiber Paul W. fragt sich allerdings, wie unter diesen Umständen die Energiewende klappen soll.

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