Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Meinung & Debatte
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Regierungswechsel Umnutzung von Stall und Scheune Aussaat von Zuckerrüben

topplus Mehr Leistung, weniger Anlagen

Windenergie: "Das Repoweringpotenzial in Deutschland ist riesig!"

Hauke Brümmer von Enova erklärt, warum das Repowering von Windparks leichter geworden ist, welche Anlagen zum Tausch infrage kommen und wie der Abbau praktisch abläuft.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Enova-Gruppe entwickelt und betreut seit 35 Jahren Windparks in Deutschland. Beim Service hat sich das Unternehmen mit Hauptsitz in Bunde (Ostfriesland) auf Anlagen des Herstellers Enercon spezialisiert. Aktuell gibt es Wartungsverträge für 350 Anlagen in Deutschland, von der E-40 bis zur E-92, auch als Alternative zum Vollwartungsvertrag des Herstellers.

Ein besonderer Fokus der Firma liegt auf dem Repowering. Dazu kauft das Familienunternehmen u.a. Altanlagen und ersetzt sie durch neue, moderne Windenergieanlagen. In den letzten vier Jahren hat Enova über 50 Windparks erworben. Bis 2026 will Enova 600 Mio. € in deutsche Windenergie-Projekte investieren. Wir sprachen mit Geschäftsführer Hauke Brümmer über das Potenzial und den Herausforderungen beim Repowering. (www.enova.de)

Wie schätzen Sie das Repoweringpotenzial für Deutschland in den nächsten Jahren ein?

Brümmer: Von den noch zu realisierenden rund 50 GW, um die 115 GW Onshore-Wind-Kapazität, die sich 2030 in Deutschland drehen sollen, zu erreichen, erwarten wir rund 15 bis 20 GW aus Repowering. Das Potenzial hat in der Zeit der Ampelregierung erheblich zugenommen, was sich in den nächsten Jahren bemerkbar machen wird. Denn früher galt für den Ersatz das gleiche Recht wie für neue Anlagen. Mit dem Paragraph 16b ‚Repowering von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien‘ im Bundes-Immissionsschutzgesetz gibt es aber seit 2021 erhebliche Erleichterungen. Und damit ist die Zahl der Anlagen gestiegen, die repoweringfähig sind im Vergleich zu vorher.

Gerade der §16 b hat aber in jüngster Zeit für erhebliche Verwirrung gesorgt, weil es im BImSchG, im Baugesetz und im Bundesnaturschutzgesetz unterschiedliche Angaben zur erlaubten Entfernung zwischen alten und neuen Anlagen gibt. Wie gehen Sie damit um?

Brümmer: Ja, Sie sprechen den Streit um 2H oder 5H an. Im BImSchG 2021 war von 2H die Rede. ‚2H‘ bedeutet, dass der Abstand zwischen alter und neuer Anlage maximal das Zweifache der Gesamthöhe der Neuanlage betragen darf. Bei modernen Anlagen, die mindestens 200 m hoch sind, wären das 400 m. Im Bundesnaturschutzgesetz war dann 5H eingeführt worden, im Baugesetz steht 2H und bei der Novelle des BImSchG im Juli 2024 ist auch wieder von 5H die Rede. Aber unserer Praxiserfahrung nach gibt es 5H faktisch nicht, wir planen immer mit 2H. Auch damit sind viele Projekte möglich.

Wer entscheidet sich für das Verkaufen des alten Windparks? Und kann man einen Altbestand nicht auch selbst repowern?

Brümmer: Wir haben u.a. viel mit Landwirten zu tun. Wenn diese vor 20 Jahren einen Windpark gebaut haben und jetzt vielleicht 70 Jahre alt sind, tun sie sich schwer, noch einmal in die Zukunft zu investieren. Wenn dann auch kein Hofnachfolger da ist, fällt die Entscheidung leichter, den Windpark zu verkaufen. Wir bieten ihnen aber an, sich trotzdem am neuen Windpark zu beteiligen. Die Verhandlungen sind nicht immer einfach, da ja Grundstückseigentümer und Betreiber der Anlagen nur selten identisch sind. Auch muss man dann auch noch die Interessen der Gemeinde berücksichtigen. Feststeht, dass die Planung heute wesentlich komplizierter als vor 20 Jahren ist. Bei Investitionssummen von 30 Mio. € für drei neue Windräder kann schon ein kleiner formaler Fehler fatale Folgen haben. Das wissen auch Banken oder Genehmigungsbehörden, die darauf drängen, dass professionelle Planer beteiligt werden.

Ab welchem Anlagenalter ist ein Repowering interessant?

Brümmer: Als wir 2017 mit dem Repowering gestartet sind, haben wir uns Anlagen angesehen, die 20 Jahre alt waren. Heute geht das schon bei 13 Jahre alten Anlagen los, also ab dem Baujahr 2012. Denn ab Start der Planung vergehen ja schnell fünf Jahre, bis die alten Windräder abgebaut und der neue Park gebaut ist. Die Anlagen haben dann meist noch keine 20 Jahre im EEG erreicht, aber die Vergütung wird ja nach dem Referenzmodell im EEG bei älteren Anlagen häufig nach 15 Jahren abgesenkt, sodass sie auch kaum etwas verlieren, wenn sie vorzeitig vom Netz gehen. Ob die Anlagen vorzeitig ersetzt werden können, hängt auch von der Finanzierung ab. Wenn sie noch nicht bezahlt sind, muss man schauen, wie hoch die Ablöse wäre. Anders gesagt: Wenn die Finanzierung abgeschlossen ist, ist das Repowering einfacher. 

Wo stehen die meisten Anlagen, die repowert werden können?

Brümmer: Anfangs waren es natürlich die Pionieranlagen im niedersächsischen Ostfriesland und an der Westküste in Schleswig-Holstein. Mittlerweile gibt es aber auch in Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg Altanlagen. Weiter im Süden ist das Potenzial geringer, zumal da auch deutlich weniger Wind weht.

Wie haben sie in der Zeit den technischen Fortschritt erlebt?

Brümmer: Die ersten Altanlagen hatten 700 kW bis 1 MW und wurden durch Anlagen mit 1,5 bis 2 MW ersetzt. Die Anlagenleistung ist mittlerweile enorm gestiegen, heute haben wir Anlagen mit 7 MW. Darum ist der Energieertrag meist höher als Faktor 2,5. Damit nutzt man die Fläche besser aus und hat auch eine höhere Vergütung – zumindest für die nächsten zwei Jahre.

Warum nur für zwei Jahre?

Brümmer: Das hängt damit zusammen, dass das deutsche EEG europarechtlich nur bis Ende 2026 gilt. Welches Förderregime ab 2027 kommen wird, muss die neue Bundesregierung jetzt entscheiden. Feststeht, dass Parks, die innerhalb der nächsten zwei Jahre ans Netz gehen, noch für 20 Jahre eine garantierte Einspeisevergütung erhalten. Die jeweilige Höhe hängt natürlich von dem Zuschlagswert ab, den der Bieter in der Ausschreibung erhält. Im Moment ist der Höchstwert bei 7,35 ct/kWh, also ganz attraktiv. Wenn die vielen Anlagen, die aktuell genehmigt sind, in die Ausschreibungen kommen und damit der Wettbewerb steigt, wird der Wert allerdings sinken.

Welche Hürden gibt es noch beim Repowering?

Brümmer: Aktuell sind das nur Kleinigkeiten wie die Dauer, bis wir eine Transportgenehmigung für Schwerlasttransporte haben. Und grundsätzlich ist ein Hemmschuh bei der Windenergie das Klagerecht. So können Umweltverbände oder Anwohner sehr leicht gegen Windparks klagen, was den Bau erheblich verzögern kann. Meist sind es ja nur ganz wenige Kritiker, die sich auch mit einer Beteiligung usw. nicht überzeugen lassen.

Vor einigen Jahren war der Verkauf der Altanlagen z.B. nach Polen oder Afrika lukrativ. Was geschieht jetzt mit den Altanlagen? Gibt es neue Märkte?

Brümmer: Die Anlagen lassen wir in der Regel von speziellen Rückbauunternehmen abbauen. Meist werden sie klassisch abgerissen. Fast alle Komponenten, bis auf die GFK-Rotorblätter, lassen sich recyceln. Aber auch für die Rotorblätter sind Lösungen in der Entwicklung. Ein Verkauf und Wiederaufbau im Ausland kommt fast nicht mehr vor, da auch die anderen Länder inzwischen lieber Neuanlagen errichten. Einen Teil der Komponenten kaufen wir von dem Rückbauunternehmen ab und legen es als Ersatzteil auf Lager. Denn wir betreiben und betreuen ja eine Reihe von Altanlagen, für die es keine Ersatzteile mehr am Markt gibt. Wir haben eine eigene Werkstatt, in der unsere Leute z.B. Platinen löten oder Schaltschränke wieder aufarbeiten. Das ist auch für die Altanlagen attraktiver, als wenn sie bestimmte Bauteile direkt beim Hersteller in Auftrag geben. Denn das wird teuer.

 

Ihre Meinung ist gefragt

Was denken Sie über dieses Thema? Was beschäftigt Sie aktuell? Schreiben Sie uns Ihre Meinung, Gedanken, Fragen und Anmerkungen.

Wir behalten uns vor, Beiträge und Einsendungen gekürzt zu veröffentlichen.

Mehr zu dem Thema

top + Wissen, was zählt.

Voller Zugriff auf alle Beiträge, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten - auch in der App.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

E-Mail-Adresse

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.