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Hofalltag: Wie Landwirte optimistisch bleiben und warum das zum Erfolg beiträgt

Optimistisch zu sein, das fällt nicht immer leicht. Coach Eberhard Breuninger erzählt, warum es wichtig ist, den Blick manchmal nach innen zu richten. Davon profitieren auch Familie und Betrieb.

Lesezeit: 6 Minuten

Eberhard Breuninger ist auf einem Ferkelerzeugungsbetrieb in Hohenlohe (Baden-Württemberg) aufgewachsen und hat Landwirtschaft gelernt und studiert. Seit 1998 arbeitet er als Kommunikationstrainer und Coach. Ein Jahr später machte er sich mit seinem Geschäftspartner Claus Harten selbstständig. Gemeinsam beraten sie mittelständische Betriebe aus der Industrie und bieten Coachings sowie Konfliktberatung an. Schwerpunkt seiner Arbeit ist, Zukunftsbilder zu entwickeln und die Betriebe im Wandel zu begleiten.

Herr Breuninger, als Unternehmer muss man seine Emotionen oft hintenanstellen. Ist es überhaupt ratsam, den Betriebserfolg und das Verwirklichen der eigenen Wünsche gemeinsam zu denken?

Eberhard Breuninger: Unbedingt! Entwicklung ist wichtig, und sie gelingt vor allem dann, wenn man nicht nur die betrieblichen Möglichkeiten, sondern auch die eigenen Stärken und Spielräume erkennt. Richtet man den Blick auf sich und seine Bedürfnisse, kann der Betrieb davon ebenfalls profitieren.

Welche Hindernisse würden Sie dabei für Betriebsleiter identifizieren?

Breuninger: Von Betriebsleitern wird einiges erwartet, sie tragen viel Verantwortung. Das sind meistens Personen, die früh bestimmt werden und die auf einem hochspezialisierten Betrieb vielleicht nicht in das freieste Konzept hineinkommen.

Jeder braucht einen gewissen Anfangsmut, vielleicht auch etwas Selbstüberschätzung.“
Eberhard Breuninger

Wie schafft man trotzdem Spielraum für die eigenen Ideen?

Breuninger: Schaue auf Dich. Was sind Deine Stärken? Was motiviert Dich? Worauf bist Du vielleicht neidisch, wenn es ein anderer hat? Häufig entsteht Veränderung erst aus der Not heraus. Aber man kann auch selbst Hand anlegen, z. B. bei den Gewohnheiten. Probiere, raus aus der Komfortzone zu gehen und rein in die Lernzone.

Welche Rolle spielt dabei der Wunsch, erfolgreich zu sein?

Breuninger: Jeder ist gerne erfolgreich oder möchte den eigenen Erfolg zum Beispiel vom Arbeitskreis oder dem Markt zurückgemeldet bekommen. Dabei ist es jedoch wichtig, die eigenen Bedürfnisse zu betrachten: Strebe ich gerade ein inneres oder ein äußeres Ziel an? Einer fühlt sich erfolgreich, wenn er mehr Zeit für die Familie hat, ein anderer, wenn er Ideen verwirklicht oder Betriebszweige erschließt.

Dafür muss man oft auch erst mal den richtigen Standort haben...

Breuninger: Vielleicht auf den ersten Blick. Nehmen wir z. B. einen kleineren Betrieb, der ein bisschen aus dem Raster gefallen ist – von dem die Nachbarn vielleicht sagen, dass er mehr hätte aus sich machen können. Wenn man aber genauer hinguckt, merkt man, dass es ihm um etwas anderes geht – nicht unbedingt um ablesbare Werte wie zugepachtete Hektar oder die Größe des Traktors. Dafür folgt er einem anderen, inneren Kompass.

Haben Sie dafür ein Beispiel?

Breuninger: Als Erstes fällt mir da einer meiner Lehrherren ein. Für den habe ich später im Studium eine Rechnung aufgestellt, wie er seinen Demeter-Ackerbau effizienter gestalten könnte, um den Gewinn zu steigern. Die Ergebnisse hat er sich in Ruhe angehört und meinte dann „Gut gemacht, ich setze es aber trotzdem nicht um.“

Für mich war das damals unvorstellbar, wie jemand den Vorschlag, mit weniger Arbeit mehr Geld zu verdienen, ablehnen könnte. Aber für ihn hatte die Arbeit auf dem Acker noch einen anderen Wert, den ich offensichtlich nicht verstanden hatte. Und mit seiner Einstellung, den Betrieb so zu führen, wie er es für richtig hielt, ist er ziemlich erfolgreich gewesen.

Wollen Sie damit sagen, man sollte nicht jeder Empfehlung folgen?

Breuninger: Nein, aber man sollte sich seine Motivation bewusst machen. ­Natürlich will jeder Landwirt sich und seiner Familie mit dem Betrieb eine ­Lebensgrundlage bieten. Aber ich bin noch etwas anderes als Bauer. Vielleicht habe ich meinen Musikverein oder einen Karnevalsklub. Oder ich will einfach Zeit für die Familie haben – solche Leute gibt es auch. Höher, schneller, weiter ist nicht immer das Ziel.

Was, wenn die Motivation für die Landwirtschaft verloren gegangen ist?

Breuninger: Was ich besonders wichtig finde, ist, den eigenen Impulsen Raum zu geben und der inneren Stimme zuzuhören. Was stelle ich mir immer wieder vor? Worüber rede ich mit der Familie oder den Freunden? Wenn ich etwas stetig erwähne, kann das ein Hinweis darauf sein, dass da etwas ist, das mich wirklich bewegt. Aber nicht nur bei sich selbst findet man Leidenschaft. Lass Dich doch mal anstecken, wenn jemand etwas Cooles erzählt.

Wie lässt sich das mit der Verantwortung, einen Betrieb zu leiten, in Einklang bringen?

Breuninger: Wenn jemand besonnen seinem inneren Kompass folgt, ist das nach außen etwas ziemlich Beeindruckendes. Ist man dann auch noch wirtschaftlich erfolgreich, zeugt dieses Vertrauen auf das eigene Gespür von Unternehmergeist. Daran zu glauben, dass man selbst weiß, was man richtig findet, kann im Betrieb viel Potenzial freisetzen.

Welche Rolle spielen die Familie und Traditionen dabei?

Breuninger: Auf dem Hof haben Traditionen einen hohen Stellenwert. Sie tun in vielen Situationen gut und gehören fest zum Leben im Dorf. Dennoch ist es erlaubt, zu hinterfragen, an welchen Stellen diese Gepflogenheiten ggf. hemmend sind oder die Kreativität bremsen. Damit meine ich vor allem die Situationen, in denen sie anderen als Einwand dienen. Ich würde es als gleichmacherische Tendenz beschreiben, die es in vielen Dörfern gibt. Dieser Spott à la „Was macht der denn schon wieder“ kann das Leben schon manchmal sauer machen.

Meinen Sie damit das Bild der Leute, die gerne mal auf der Bremse stehen?

Breuninger: Man muss schon eine gewisse Unabhängigkeit haben, um den eigenen Weg zu gehen. Manch einem wird z. B. ständig eingeredet, dass er „halt ein Kleinbauer ist und ein Kleinbauer bleibt“. Irgendwann fängt er vielleicht an, das selbst zu glauben. Spätestens dann drosselt es die eigene Entwicklung.

Gibt es dafür einen Ausweg?

Breuninger: Ja, im Coaching haben wir das häufig. Der erste Schritt ist dann, diese Erzählungen hinter sich zu lassen, sich der eigenen Möglichkeiten bewusst zu werden und dann wieder mit dem Ausprobieren zu starten. Dafür braucht jeder erst mal einen gewissen Anfangsmut, vielleicht sogar eine kleine Prise Selbstüberschätzung. Die kann auch ganz nützlich sein.

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