Der Bruch der Ampelkoalition kam nicht unerwartet. Überraschung lösen aber bei Vielen die Pläne des Kanzlers aus, die verbliebene Minderheitsregierung noch bis zum 15. Januar weitermachen zu lassen. Erst dann will Scholz die Vertrauensfrage stellen und so den Weg für Neuwahlen freimachen. Die wären dann im März denkbar.
Rukwied: Brauchen echten Politikwechsel
Dafür hat in der Agrar- und Energiebranche kaum jemand Verständnis. Von der Opposition im Bundestag nicht zu reden. Auch der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, fordert nach dem Ende der Ampel-Koalition schnelle Neuwahlen: „Das Ende der Ampel war absehbar und folgerichtig. Dieser ständige Streit in der Regierung musste beendet werden. Es muss jetzt schnellstmöglich Neuwahlen geben, eine Hängepartie können wir uns nicht leisten.“
Rukwied weiter: „Deutschland braucht endlich eine stabile, vertrauensbildende Regierung, auch um die bedeutende Rolle in Europa nicht zu verlieren. Wir benötigen einen echten Politikwechsel mit einem Signal des Aufbruchs für unser Land.“ Eine Minderheitsregierung wäre nach Überzeugung des Bauernpräsiden sicherlich das Gegenteil. Die Wirtschaft und auch die Landwirtschaft brauchen ihm zufolge Perspektiven und eine Agenda, wie unsere Unternehmen wieder wettbewerbsfähig gemacht werden können. Ein echter Bürokratieabbau und Gesetze, die die Wirtschaft nicht weiter belasten, sondern entlasten sind jetzt dringend notwendig.“
Beringmeier: Keine schädlichen Agrargesetze mehr beschließen
WLV-Präsident Hubertus Beringmeier warnt die Rumpfregierung, ihre umstrittenen agrarpolitischen Vorhaben weiter fortzusetzen: "Jetzt dürfen keine Gesetze, die die Wettbewerbsfähigkeit unserer heimischen Landwirtschaft weiter einschränken, mehr beschlossen werden. Vor allem gilt dies für politische Vorhaben, die noch in der Pipeline sind, zum Beispiel das Tierschutzgesetz oder das Jahressteuergesetz 2024."
Holzenkamp: Deutschland braucht einen politischen Befreiungsschlag
Der Präsident des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV), Franz-Josef Holzenkamp, warnt, dass die aktuellen politischen Rahmenbedingungen für die deutsche Wirtschaft alarmierend sind. Deutschland verliere Strukturen in Industrie und Mittelstand und damit Arbeitsplätze. Die Investitionen seien auf einem historischen Tiefstand, es herrsche eine große Verunsicherung – auch in der Agrar- und Ernährungsbranche. Vor diesem Hintergrund müsse "eine Bundesregierung, die nicht mehr die Kraft hat, notwendige wirtschafts- und finanzpolitische Reformen auf den Weg zu bringen, politische Konsequenzen ziehen". Das Aus der Ampelkoalition sei dementsprechend richtig und konsequent.
"Der Wirtschaftsstandort Deutschland braucht einen politischen Befreiungsschlag. Deutschland braucht einen Plan, der unser Land wirtschaftlich wieder nach vorne bringt, der Menschen und Unternehmen mitnimmt sowie Mut und Zuversicht entwickelt", fordert Holzenkamp. Es müsse dringend zu einem Abbau der bestehenden Überregulierung kommen. Und Deutschland brauche wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen. Daher fordert das Präsidium des DRV alle politisch zuständigen Akteure in Verantwortung für unser Land auf, schnellstmöglich Neuwahlen auf den Weg zu bringen. Nur so können Stabilität und Handlungsfähigkeit gewährleistet werden.“
Elverfeldt: Keine Experimente!
Die Familienbetriebe Land und Forst stoßen genauso wie der Agrarhandel ins gleiche Horn. „Deutschland braucht jetzt keine Experimente oder wechselnde Mehrheiten, sondern eine stabile und handlungsfähige Regierung.“ erklärt der Verbandsvorsitzende Max von Elverfeldt.
Elverfeldt betont, dass die FDP in der Regierungsarbeit wichtige wirtschaftspolitische Impulse nicht zuletzt auch für den ländlichen Raum gesetzt habe, die aber allzu oft auf Widerstand bei SPD und Grünen gestoßen seien. „Eine Minderheitsregierung ohne klare Mehrheiten wäre ein gefährlicher Stillstand für unser Land. Wir müssen die über die letzten Jahre ausgebremste Wirtschaft jetzt endlich entfesseln und konsequent Bürokratie abbauen. Dafür braucht Deutschland eine neue stabile Regierung.“
Bitter: Novelle des Bundeswaldgesetzes passé
Der Präsident des AGDW – Die Waldeigentümer, Prof. Andreas Bitter, stellt fest: „Mit dem Aus der Ampel-Koalition ist aus unserer Sicht auch das forstpolitische Kern-Projekt der Koalitionäre, die Novellierung des Bundeswaldgesetzes, beendet. Dies ist sachgerecht, denn die Waldbesitzer haben immer betont, dass eine Novelle in der vom Bundeslandwirtschaftsministerium geplanten inhaltlichen Ausrichtung keine zusätzliche Unterstützung für die Bewirtschaftung und die Klimaschutz-Funktion des Waldes bedeuten würde. Mit unserer Kampagne „Finger weg vom Bundeswaldgesetz“ haben wir dies beständig vermittelt.“
Auch nach Bitters Einschätzung benötigt das Land schnell wieder eine handlungsfähige Regierung mit parlamentarischer Mehrheit als Grundlage für Stabilität in der Politik und Planungssicherheit in der Wirtschaft. Die Waldbesitzer würden es daher begrüßen, wenn jetzt möglichst rasch die dafür notwendigen Schritte eingeleitet und Neuwahlen angesetzt würden.
Bilger: Özdemir-Jahre verlorene Zeit für die Bauern
Nach Auffassung des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger, war das Ampel-Aus überfällig, auch aus agrarpolitischer Sicht. Er meint: "Der permanente Ampelstreit ging gerade zulasten der deutschen Landwirte. Und mit Cem Özdemir hatten die Bauern nie einen Anwalt in der Bundesregierung – das hat sich bei der einseitigen Kürzungspolitik der Ampel zulasten der Landwirtschaft am deutlichsten gezeigt."
Bilger findet es daher gut, dass auch Özdemirs Amtszeit nun vorzeitig endet. Außer vielen Ankündigungen hinterlasse er wenig Bleibendes: Das zeigt sich für den CDU-Politiker insbesondere bei der landwirtschaftlichen Tierhaltung. Die dauerhafte Finanzierung des Stallumbaus für mehr Tierwohl sei nach wie vor weitgehend ungeklärt. Bei der Waldpolitik oder beim Umgang mit dem Wolf habe er das Feld weitgehend seiner grünen Parteifreundin, Bundesumweltministerin Steffi Lemke, überlassen. "Die Özdemir-Jahre waren für die Landwirtschaft eine weitgehend verlorene Zeit“, so Bilger.
Auernhammer: Ampel-Siechtum ist vorbei
Der Agrarsprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Arthur Auernhammer sieht Vorteile für die deutschen Bauern: „Es ist gut, dass das Ampel-Siechtum vorbei ist. Ich freue mich, dass Gesetze wie das Tierschutzgesetz oder das Bundeswaldgesetz jetzt nicht mehr kommen. Unsere Betriebe können aufatmen.“
Wichtig ist aus Auernhammers Sicht jetzt, dass Olaf Scholz seiner Verantwortung als Bundeskanzler endlich gerecht wird, die Vertrauensfrage spätestens kommende Woche stellt und den Weg für Neuwahlen so schnell wie möglich freimacht. „Jetzt noch bis Mitte Januar warten zu wollen, ist unverantwortlich und zeigt, dass er seiner Aufgabe nicht gewachsen ist. Wir brauchen schnellstmöglich eine neue stabile Regierung“, so der CSU-Politiker.
Konrad: Brauchen tiefgreifende wirtschaftliche Reformen
Die stellvertretende Vorsitzende der nun auch in der Opposition befindlichen FDP-Bundestagsfraktion, Carina Konrad, stellt klar: "Die wirtschaftliche Situation in Deutschland erfordert, dass wir im Bund tiefgreifende wirtschaftliche Reformen anstoßen. Nur eine starke Wirtschaft bildet die Grundlage für Investitionen in Sicherheit, Bildung, Gesundheit und soziale Absicherung."
Laut Konrad war es mit der Koalition unter der Führung von Olaf Scholz im Bund jedoch nicht mehr möglich, dass Deutschland einen großen Schritt zu mehr wirtschaftlicher Stärke macht, wie ihn die FDP vorgeschlagen habe. "Für uns bedeutet tiefgreifende Reformen, dass wir wieder zu mehr unternehmerischer Freiheit und Zuversicht finden und kleinteilige Regulierung und Bevormundung der Vergangenheit angehört", verdeutlicht die Liberale.
Sie wertet immerhin positiv, dass nun Schluss ist damit, "dass die Landwirtschafts- und Ernährungsbranche regelmäßig mit unabgestimmten Entwürfe aus dem Grünen Haus, wie dem Waldgesetz oder Tierschutzgesetz, konfrontiert wurde". Diese unabgestimmten Vorschläge hatten ihr zufolge niemals eine Chance auf Mehrheitsfähigkeit mit FDP-Beteiligung gehabt, wurden aber trotzdem den Ländern und Verbänden vorgelegt. "Auch das steht sinnbildlich für die Führungsschwäche von Olaf Scholz", sagt Konrad.
Peter: Energiepolitische Projekte beenden
BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter nennt es einen „politischen Offenbarungseid“, dass das Ende der Ampel-Koalition gerade während der aktuellen nationalen, europäischen und internationalen Herausforderungen kommt. Sie drängt darauf, dass die bereits im Verfahren befindlichen Gesetze und Haushaltsmittel für die Kontinuität der Energiemaßnahmen noch bis Dezember verabschiedet werden. „Stillstand und Hängepartien können wir uns auch in einer politischen Krise nicht leisten“, so Peter.