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topplus GAP, Ukraine und Mercosur

Hansen wird Agrarkommissar: Was heißt das für Landwirtschaft und Agrarpolitik?

Der absehbar neue EU-Agrarkommissar Christophe Hansen will ein „Kommissar mit Gummistiefeln“ sein, Landwirte stärken und für einen stabilen Agrarhaushalt kämpfen. Mercosur sieht er zwiespältig.

Lesezeit: 5 Minuten

Christophe Hansen hat die Anhörung vor dem Landwirtschaftsausschuss des Europaparlaments erfolgreich absolviert und wird neuer EU-Agrarkommissar. Eine Mehrheit der Agrarkoordinatoren hat sich noch am Montag (4.11.) kurz vor Mitternacht in geheimer Runde für den 42-jährigen Luxemburger ausgesprochen. Teilnehmerkreise berichten gegenüber AGRA Europe, dass Vertreter der Europäischen Volkspartei (EVP), der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (S&D), der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) und der liberalen Renew Europe (RE) sowie der Grünen/EFA für den noch amtierenden Europaabgeordneten votiert haben. Gegenwind soll es dem Vernehmen nach von den rechtspopulistischen Patrioten für Europa (PfE), der rechtsradikalen Europa Souveräner Nationen (ESN) sowie den Linken gegeben haben.

Bestätigung folgt noch

Offiziell ist diese Entscheidung allerdings noch nicht. Nach Abschluss Anhörungen am 12. November wird die Konferenz der Präsidenten - bestehend aus Parlamentspräsidentin Roberta Metsola und den Fraktionsvorsitzenden - am 21. November über die zuvor getroffene Empfehlung der Ausschussvorsitzenden entscheiden. Dann könnte das Europaparlament im Plenum noch Ende November über das neue Kollegium als Ganzes abstimmen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen könnte dann bereits am 1. Dezember mit ihrer zweiten Kommission durchstarten.

Mehrmals stellte Hansen klar, er werde ein „Agrarkommissar mit Gummistiefeln“ sein. Ihm sei es wichtig, sich von den Realitäten vor Ort ein eigenes Bild zu machen. Der EVP-Politiker kündigte an, dass er „in den ersten Tagen“ seines Mandats einen Dialog zur besseren Unterstützung der Junglandwirte starten werde.

Zudem stellte er eine zeitnahe Überarbeitung der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) in Aussicht. Damit will er vor allem Zusammenschlüsse von landwirtschaftlichen Betrieben zu Kooperativen deutlich erleichtern und so den Landwirten in der Lebensmittelwertschöpfungskette mehr Spielraum verschaffen. Ziel müsse es sein, unlautere Handelspraktiken (UTP) stärker zu bekämpfen. Für die in den ersten hundert Tagen seiner Amtszeit vorzulegende Vision zur Zukunft der Landwirtschaft kündigte er an, wesentliche Empfehlungen des Strategischen Dialogs (SD) aufzunehmen.

Stabiles Budget wäre Erfolg

Bei der über dreistündigen Anhörung von zahlreichen Abgeordneten nach dem nächsten Agrarbudget im Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) nach 2027 gefragt, machte Hansen wenig überraschend die Ansage, er werde mit großer Entschlossenheit für ein starkes Budget kämpfen. Allerdings konstatierte er auch, dass es im künftigen Kollegium auch andere politische Prioritäten geben werde. Es wäre daher bereits ein Erfolg, wenn der aktuelle EU-Agrarhaushalt beibehalten werde. Wie bereits aus seinen schriftlichen Antworten an die Europaabgeordneten vor der Anhörung hervorging, spricht sich Hansen für neue Einkommensmöglichkeiten wie Carbon Farming aus.

Einkommenswirksamkeit der Öko-Regelungen verbessern

Außerdem will Hansen Anreize zum Umwelt- und Klimaschutz verstärken. Vor allem die Einkommenswirksamkeit der Öko-Regelungen (Eco-Schemes) müsse weiter verbessert werden. Gleichzeitig sprach er sich für möglichst wenig Bürokratie und Vermeidung von unnötigen Regularien aus.

Bei den Direktzahlungen fordert der künftige Agrarkommissar zwar keine zu starre Obergrenze, kann sich jedoch deutlich mehr Degressivität vorstellen. Sehr große Agrarunternehmen würden dann je Fläche also weniger erhalten als landwirtschaftliche Familienbetriebe. Konkret wurde der künftige Brüsseler Agrarchef hier allerdings nicht. Überdies sagte er zu, die externe Konvergenz der Hektarzahlungen zwischen den Mitgliedstaaten endlich abschließen zu wollen.

Für und wider zu Mercosur

Beim Thema Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten wies Hansen zum einen auf die hohen EU-Agrarexporte und den angestrebten Schutz geografischer Angaben hin. Zugleich machte er deutlich, dass es beim Thema Hormonfleisch Nachholbedarf gebe.

Aufgeschlossen zeigte sich Hansen mit Blick auf einen möglichen Beitritt der Ukraine zur EU. Dies würde die geostrategische Lage auch bei der Nahrungsmittelversorgung entscheiden verbessern. So könne das Land unter anderem einen wichtigen Beitrag zur strategischen Versorgung mit pflanzlichen Proteinträgern leisten. Hier habe die EU bisher noch eine Lücke von rund 25%.

Özdemir: Brauchen fairen Interessenausgleich zwischen Agrar- und Umweltseite

Die Reaktionen aus Deutschland auf Hansens Bestätigung im EU-Agrarausschuss ließen nicht lange auf sich warten. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir wünscht Hansen jedenfalls "von Herzen alles Gute": "Der Posten des Agrar- und Ernährungskommissars ist besonders wichtig – für die zehn Millionen Höfe in der EU ebenso wie für unsere Lebensmittelbetriebe und die Bürgerinnen und Bürger von Helsinki bis Porto."

Damit das auch in Zukunft so bleibt, braucht es nach Özdemirs Auffassung dringend notwendige Anpassungen, um Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zu versöhnen. "Die Ergebnisse des Strategiedialogs zeigen, wie ein fairer Interessenausgleich zwischen Agrar- und Umweltseite, zwischen Nutzen und Schützen, aussehen kann. Das gilt es für Christophe Hansen jetzt in konkrete Politik umzusetzen, was eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe in stürmischen Zeiten ist - und ebenso eine riesige Chance, unsere Landwirtschaft und Ernährung für uns und unsere Enkel zukunftsfest zu machen“, so der Agrarminister.

Stegemann: Finanziell gut ausgestattete und praxisnahe GAP wichtig

Glückwünsche gibt es auch vom agrarpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann. Er gibt Christophe Hansen aber auch einen Rat auf den Weg: "Auf EU-Ebene brauchen wir jetzt einen deutlicheren Fokus auf eine starke Landwirtschaft, die unserer Ernährungssouveränität sichert. Wichtigste Voraussetzung dafür ist eine finanziell gut ausgestattete und praxisnahe Gemeinsame Agrarpolitik (GAP)."

 

 

 

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