Südkorea führt seit Mitte letzter Woche kein deutsches Schweinefleisch mehr ein. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt, reagiert der viertgrößte Schweinefleischimporteur der Welt damit auf den aktuellen Dioxin-Skandal. Doch auch andere Länder sind verunsichert. Die Slowakei etwa stoppte den Verkauf von Schweinefleisch, Geflügel und Eiern aus Deutschland. In Großbritannien sind bisher nur deutsche Eier aus den Verkaufsregalen verschwunden. Besonders das Vorgehen des EU-Partners Slowakei stößt beim Bundesagrarministerium auf scharfen Widerspruch. Jetzt soll die EU-Kommission vermitteln, damit das Land seine Grenze wieder für deutsche Agrarprodukte öffnet. Auch Südkorea wolle man mit Hilfe der EU überzeugen. Bundesagrarministerin stellte laut der Zeitung am Sonntag nochmals klar, dass es "zu keinem Zeitpunkt irgendeine Gesundheitsgefährdung von deutschen Exporten gegeben habe". Sie bezeichnete die Reaktion der Slowakei als unbegründet und völlig inakzeptabel.
Sperre für 3000 Betriebe aufgehoben
Unterdessen entspannt sich die Lage auf den Höfen wieder. In Niedersachsen haben die Behörden am Wochenende die Sperre von 3 000 landwirtschaftlichen Betrieben wieder aufgehoben. Man habe diejenigen Betriebe identifiziert, von deren Produkten kein Risiko für die Verbraucher ausgehe, sagte Staatssekretär Friedrich-Otto Ripke (CDU) gegenüber dem Spiegel. Von den zuvor bundesweit gesperrten 4 700 Höfen lagen 4 400 in Niedersachsen. Dort müssten noch 1470 Betriebe gesperrt bleiben, so das niedersächsischen Agrarministerium. Alle rund 500 gesperrten Milchviehbetriebe in dem Bundesland sind am Wochenende ebenfalls wieder freigegeben worden, nachdem bei den Kontrollen keine Auffälligkeiten entdeckt worden waren.
Und auch in Masthühnern, Puten und Schweinen seien keine erhöhten Werte festgestellt worden, ergänzt die FAZ unter Berufung auf das Agrarministerium. Allerdings entdecken die Behörden in Einzelfällen noch deutliche Grenzwertüberschreitungen, wie etwa am Samstag in Schleswig-Holstein mit einem Dioxinwert von bis zu 54,67 Nanogramm. Der Grenzwert liegt bei 0,75 Nanogramm.
Aigner berät mit Agrarverbänden über Konsequenzen
Bundesagrarministerin Ilse Aigner hat unterdessen nochmals klargestellt, dass sie gegen einen finanziellen Ausgleich oder Hilfsfonds für die Bauern ist. Dies wäre ihrer Ansicht nach falsch. Es gebe längst eine Haftpflicht in der Branche, falls verunreinigtes Futter in Umlauf gerät.
Über diesen Punkt sowie mögliche Konsequenzen wird die CSU-Politikerin aber heute mit Vertretern des Bauernverbandes und der Ernährungsindustrie sprechen. Hier sollen alle Fakten auf den Tisch kommen. Es müsse geklärt werden, ob bestimmte Betriebe, die Futtermittelrohstoffe liefern, einer verschärften Zulassungspflicht unterworfen werden müssten, sagte Aigner der Süddeutschen Zeitung.
Die Futtermittelwirtschaft müsse nicht nur "aktiv zur Aufklärung der Geschehnisse beitragen, sondern konkrete Vorschläge auf den Tisch legen, wie sich solche Fälle in Zukunft vermeiden lassen" so die Ministerin weiter. "Es muss geklärt werden, wo Lücken sind."
Wenige "schwarze Schafe" hätten enormen wirtschaftlichen Schaden angerichtet. "Die Verursacher müssen zur Rechenschaft gezogen und in Haftung genommen werden. Sie haben für die entstandenen Schäden geradezustehen." Sie forderte ein hartes Durchgreifen der Justiz.
DBV-Vizepräsident Franz-Josef Möllers sagte, die Bauern seien stinksauer. "Jetzt muss ganz genau hingeschaut werden, wo in der Kette die Schwachstelle ist und diese konsequent geschlossen werden. Kriminelles Verhalten gehört bestraft."
EU zitiert Hersteller nach Brüssel
Die Futtermittelhersteller müssen sich unterdessen heute vor der EU-Kommission rechtfertigen. Verbraucherkommissar John Dalli zeigte sich über die Vorfälle verärgert und schlägt vor, die Produktion und den Transport von Industrie- und Futterfetten künftig besser zu trennen. Gegen den Verursacher des Skandals, die Futterfett-Firma Harles und Jentzsch, wurden derweil neue Vorwürfe laut: Der Verdacht des Betrugs und der Steuerhinterziehung liegt nach Angaben des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums nahe.
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