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EU-Kommission, Europaparlament und die EU-Mitgliedstaaten haben sich auf eine gemeinsame Linie für eine EU-Bodenrichtlinie verständigt. Knapp zwei Jahre nachdem die EU-Kommission einen neuen Anlauf für ein europäisches Bodengesetz gestartet hat, haben sich die Beteiligten in der Nacht auf Donnerstag auf das übergeordnete Ziel verständigt, bis 2050 alle Böden in einen gesunden Zustand zu überführen.
Geht es nach dem landwirtschaftlichen Berufsstand verpasst Brüssel damit die Chance, einen Politikwechsel zu weniger Bürokratie für EU-Bauern einzuleiten.
Großflächige Überwachung der Bodengesundheit
Gemäß der Vereinbarung müssen die Mitgliedstaaten die Bodengesundheit in ihrem gesamten Hoheitsgebiet überwachen und bewerten. Konkret gilt dies für die physikalischen, chemischen und biologischen Aspekte der Bodengesundheit.
Ferner soll eine EU-weit gültige Methode für die Probenahme entwickelt werden. Die Mitgliedstaaten dürfen sich laut der politischen Übereinkunft dabei auf bereits vorhandene Methoden stützen. Unterstützung zur Weiterentwicklung soll die Kommission leisten. Die Rede ist von „maßgeschneiderter finanzieller und technischer“ Hilfestellung.
Für Bauern keine neuen Pflichten?
Die EU-Institutionen stellten klar, dass die Einigung keine neuen Verpflichtungen für Landbesitzer oder Landbewirtschafter vorsieht. Stattdessen sollen sie bei der Verbesserung der Bodengesundheit und der Widerstandsfähigkeit des Bodens unterstützt werden.
Zu den Unterstützungsmaßnahmen können unabhängige Beratung, Schulungen und der Aufbau von Kapazitäten gehören.
Erstellung einer Überwachungsliste
Des Weiteren müssen die EU-Länder innerhalb von zehn Jahren nach Inkrafttreten eine öffentliche Liste potenziell kontaminierter Standorte erstellen. Ziel ist es, alle „unannehmbaren Risiken“ für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu beseitigen.
Bereits 18 Monate nachdem das Gesetz in Kraft getreten ist, muss eine vorläufige Überwachungsliste neu auftretender Stoffe erstellt werden, die ein erhebliches Risiko für die Gesundheit des Bodens, die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellen könnten. Schon jetzt steht fest, dass auf dieser Liste relevante Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) sowie Rückstände aus dem Pflanzenschutz enthalten sein sollen.
Die Abgeordnete des EU-Parlaments Chrstine Singer (Freie Wähler) lobt ihren liberalen Kollegen Martin Hojsík, der das Gesetz federführend verhandelt hat. „Im Trilog konnte Berichterstatter Martin Hojsik erreichen, dass der umstrittene Anhang III gestrichen wird. Dieser hätte die Bewirtschafter verpflichtet, aufwändige Bodenbewirtschaftungspraktiken umzusetzen – ungeachtet aktuell angewandter Maßnahmen oder regionaler Gegebenheiten“, so Singer.
Totzdem hält Singer das neue Bodengesetz „nach wie vor für überflüssig“.
EU-Agrarier Stefan Köhler (CSU) will in der finalen Abstimmung gegen das Gesetz stimmen. „Wir brauchen keine Vorschriften bis zum letzten Kubikmillimeter Erdboden, sondern spürbare Entlastungen und sollten mehr auf die Eigenverantwortung setzen. Die zahlreichen nationalen Maßnahmen, die es heute schon gibt, schützen den Boden effektiv“, ist sich Köhler sicher.
Der Grüne Martin Häusling beklagte den enormen Widerstand der Konservativen gegen strengere Regeln für Landwirte. Insbesondere in den letzten Tagen habe „die Agrarlobby“ massiv gegen die Vorlage polemisiert. Häusling begrüßt allerdings, dass es immerhin gelungen sei, einen wichtigen Einstieg in den Bereich Bodenschutz zu schaffen.
Rukwied: Gesetz ohne Mehrwert
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) Joachim Rukwied hält den Brüsseler Vorstoß für „eine untragbare Belastung für die Praxis dar - ohne einen Mehrwert für den Bodenschutz zu schaffen“. Für Rukwied ist klar: „Die gestrige Einigung steht komplett konträr zum erklärten Ziel der Kommission für Bürokratieabbau.“
Wie geht es in Brüssel weiter?
Nun muss der Rat die Einigung noch formal annehmen. Das Parlament dürfte den Text dann im Plenum billigen. Die Richtlinie wird 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten. Von diesem Zeitpunkt an haben die EU-Länder drei Jahre Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
Wird Deutschland dagegen stimmen?
Die frisch gebackene deutsche Regierungskoalition aus CDU, CSU und SPD lehnt die EU-Bodenrichtlinie ab. Laut dem Koalitionsvertrag wollen sie in Brüssel gegen das EU-gesetz stimmen.
Allerdings war die Tinte des Koalitionsvertrags schon trocken als sich die EU-Institutionen auf die abgeschwächte Version einigten.