Am 20. März 1525 wurden die „Zwölf Artikel“ von Memmingen verfasst. Eine Streitschrift, in der schwäbische Bauern unter anderem die Abschaffung der Leibeigenschaft forderten, das Recht, ihre Pfarrer selbst zu wählen, eine gerechtere Verteilung von Abgaben sowie den freien Zugang zu Allmenden. Das Ereignis gilt als Beginn des Deutschen Bauernkriegs.
Genau 500 Jahre später haben die Freien Bauern in Frankenhausen ihre eigene Version der „Zwölf Artikel“ veröffentlicht. Ziel ist ein „agrarpolitischer Neubeginn in Deutschland“.
Das sind die „Zwölf Artikel von Frankenhausen“:
Hoher Selbstversorgungsgrad mit Lebensmitteln aus heimischer Erzeugung als Staatsziel im Grundgesetz
Landwirtschaftliche Auflagen seit 2017 aussetzen und überarbeiten
Reduzierung des Verbrauchs landwirtschaftlicher Flächen
Stärkung der bäuerlichen Familienbetriebe durch rechtliche Anpassungen, beispielsweise durch Änderung des Bodenrechts
Reform der EU-Agrarpolitik, Abbau von Subventionen und Bürokratie, Weg vom Green Deal und hin zu höherer Wertschöpfung
Wirksamer Außenschutz für die heimische Erzeugung von Lebensmitteln, Ende der Zollfreiheit für Ukraine-Importe, Ausstieg aus Freihandelsabkommen
Kartellrechtsreform zur Entflechtung von Konzernstrukturen, Herkunftskennzeichnung, Vertragspflicht mit Mengen- und Preisbindung
Freien Zugang zum Saatgut, Abschaffung von Nachbaugebühren und Patenten, Gentechnik-Verbot und Offline-Option für Landmaschinen
Verringern der Regelungsdichte, Einführung einer Bagatellgrenze für Aufzeichnungspflichten und Kontrollen, keine Nachbaugebühren
Flächengebundene Nutztierhaltung, Stärkung der Eigenverantwortung, Verbot von Laborfleisch, Begrenzung des Stallbauprivilegs, Seuchenbekämpfung ohne Keulungen
Freiwillige Programme für Artenvielfalt, jagdliche Regulierung von bestimmten Tierarten
Neubewertung der landwirtschaftlichen Treibhausgas-Emissionen der Landwirtschaft
Bei der Kundgebung am vergangenen Donnerstag in Frankenhausen zog der Bundessprecher der Freien Bauern, Alfons Wolff, eine direkte Traditionslinie von den Bauernprotesten der vergangenen Jahre mit der großen Freiheitsbewegung des Deutschen Bauernkrieges: „Die Freiheit der Bauern und eine sichere heimische Lebensmittelversorgung sind Grundlagen für Wohlstand und Frieden, das vergisst unsere Obrigkeit leider immer wieder.“ Auch wenn die Landwirte sich nicht mehr in einer existenziellen Notlage befinden wie ihre Berufskollegen vor 500 Jahren, müssten sie sich damals wie heute wehren gegen Ungerechtigkeiten und Bevormundung.
Dem Berufsstand stärkere Geltung verschaffen
Dass ein hoher Selbstversorgunggrad mit Lebensmitteln aus heimischer Erzeugung und Verarbeitung als Staatsziel ins Grundgesetz müsse, stellte Referentin Petra Wolter-Klußmann den Forderungen voran, mit denen die Freien Bauern dem Berufsstand wieder stärkere Geltung verschaffen wollen. Statt die Landwirtschaft an den Subventionstropf zu hängen und mit ideologisch motivierten Produktionsauflagen zu gängeln müsse Agrarpolitik für faire Rahmenbedingungen in der Wertschöpfungskette sorgen.
„Wir fordern einen Stopp der Importe aus Überschussländern, die zu niedrigeren sozialen und ökologischen Standards produzieren, und eine Entflechtung der Monopole in Lebensmitteleinzelhandel und Lebensmittelverarbeitung“, so Wolter-Klußmann. Künftige Agrarförderung müsse konsequent auf bäuerliche Familienbetriebe ausgerichtet werden, die sich als leistungsfähigste und nachhaltigste Agrarstruktur bewährt haben.
Aufstand 1525 gerechtfertigt
Der Waldbauer und ehemalige Vorsitzende des Waldbesitzerverbandes Sachsen-Anhalt, Franz Prinz zu Salm Salm, verteidigte in Frankenhausen den Aufstand der Bauern 1525. Der sei gerechtfertigt gewesen, weil die Obrigkeit ihre Pflichten vernachlässigt, ihre Rechte missbraucht, unchristlich und unmenschlich gehandelt habe, argumentierte Waldbauer.
Auch in einer freiheitlichen Demokratie müsse sich Führung durch Vorbild legitimieren, warnte Salm Salm und plädierte dafür, die Freiheit der Landwirtschaft gegen Übergriffigkeiten des Staates zu verteidigen. An die Opfer der Entscheidungsschlacht von Frankenhausen erinnerte Pfarrer Hermann Witter und setze sich kritisch mit der Rolle des Reformators Martin Luther auseinander. Dieser habe die Kirche erneuern wollen, aber zu wenig die gesellschaftlichen Missstände in Frage gestellt. Die Obrigkeit sei von Gott, zitierte er den Apostel Paulus, aber die Obrigkeit habe sich gerade deshalb auch nach Gottes Wort zu richten.