Mitten in den Koalitionsverhandlungen für eine neue Regierung treffen sich vom 26. bis 28. März 2025 die Agrarministerinnen und Agrarminister von Bund und Ländern zu ihrer Frühjahrskonferenz in Baden-Baden. Es wird Cem Özdemirs letztes Treffen mit den Amtskollegen als Bundesagrarminister sein. Wenige Tage vorher, am 25. März, erhält er seine Entlassungsurkunde und ist dann nur noch kommissarisch im Amt.
Für die lange diskutierte Förderung von Milchkühen auf der Weide könnte es ein entscheidendes Treffen werden. Özdemir und das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) wollen dort die Bedingungen für die Weideprämie für Milchkühe als neue Öko-Regelung ab dem Jahr 2026 festzurren.
70 €/GV für Weidehaltung in der neuen Öko-Regelung 8
Laut einem Formulierungsvorschlag des BMEL, der top agrar vorliegt, soll die Prämie für die Weidehaltung ab 2026 als achte Öko-Regelung ergänzt werden und unter dem Namen „ÖR 8 – Weidehaltung in milchviehhaltenden Betrieben“ firmieren. Die Weidehaltung soll darin nach den folgenden Eckpunkten ausgestaltet werden:
„Maßgeblich ist der gesamte Bestand weiblicher Rinder eines milchviehhaltenden Betriebs, die am 15. Mai des Antragsjahres mindestens 2 Jahre alt sind. Damit entspricht jedes Tier einer Großvieheinheit (GVE).
Diesem gesamten Bestand muss im Antragsjahr grundsätzlich an mindestens 120 zusammenhängenden Tagen Weidegang gewährt werden. Dabei muss der für die Honorierung maßgebliche Weidezeitraum zwischen dem 16. Mai und dem 15. Juni beginnen.
Es müssen mindestens 1.000 m2 tatsächliche Weidefläche je GVE zur Verfügung gestellt werden.
Der geplante Einheitsbetrag soll im Größenbereich von 70 Euro je GVE liegen.
Für die Durchführung wird ein weitestgehender Verzicht auf die Kontrolle einzelner Ohrmarken durch die Nutzung von Datenbanken angestrebt.“
Neue Öko-Regelung 9 für vernetzte Biodiversitätsflächen
Zuzüglich zu der Weideprämie sieht das BMEL auch noch eine weitere neue Öko-Regelung vor, die wertvolle Biodiversitätsflächen besser vernetzen soll. Sie soll die Verteilung von Biodiversitätsflächen in den Betrieben honorieren. Betriebe, die bereits Brache- und Blühflächen über die Öko-Regelung 1 anlegen, sollen eine zusätzliche Förderung erhalten, wenn sie diese breiter über ihre genutzten Ackerflächen verteilen.
Agroforstförderung soll in Öko-Regelung 3 attraktiver werden
Dritter Änderungswusch des BMEL für 2026 ist die Förderung von Agroforstflächen, die bereits bisher über die Öko-Regelung 3 honoriert werden. Dafür soll die „ÖR 3 – Beibehaltung von Agroforstsystemen“ mehr Geld erhalten. Geplant ist, die Förderung für Agroforst soll auf 600 €/ha Gehölzfläche erhöht werden.
Widerstand gegen Öko-Regelungen aus einigen Ländern
Die Einrichtung der neuen Öko-Regelungen ist eigentlich schon beschlossene Sache. Die Ampel-Koalition hatte in ihrem Agrarpaket, dass im Herbst 2024 durch den Bundestag und den Bundesrat gegangen ist, für 2026 die Einführung von zwei neuen Öko-Regelungen, eine für Weidetiere und eine für die Biodiversität, beschlossen. Der Beschluss war Teil eines Kompromisses, der auch die Erleichterungen bei der Agrarförderung ab 2025 vorsah.
Dennoch bleibt der Widerstand in den Ländern gegen neue Öko-Regelungen hoch. So lehnt das vom Agrarminister Till Backhaus (SPD) geführte Agrarministerium aus Mecklenburg-Vorpommern die Einführung neuer Öko-Regelungen generell ab. So steht es in einem Änderungsantrag zur Agrarministerkonferenz, der top agrar vorliegt.
Anfang des Jahres hatte sich bereits das FDP-geführte Agrarministerium aus Rheinland-Pfalz wieder gegen die Einführung neuer Öko-Regelungen für Weidetiere und Biodiversität ausgesprochen. Im Protokoll eines Treffens zur Grünen Woche ist zwar keine Zustimmung dazu zu entnehmen. Aber die generelle Skepsis der Länder zu neuen Öko-Regelungen wird sichtbar. Die Fördermodalitäten der Öko-Regelungen sollten überprüft werden, schreiben die Agrarministerien in ihrem Protokoll. Auch die Abschaffung von Öko-Regelungen könne ein Ergebnis sein, heißt es dort.
Konstruktive Veränderungsvorschläge aus Thüringen
Konstruktiver geht die neue Agrarministerin aus Thüringen, Colette Boos-John (CDU), mit den Vorschlägen für neue Öko-Regelungen um. Im Änderungsantrag aus Thüringen zur Agrarministerkonferenz gibt es keine Ablehnung der Weideprämie, sondern fachliche Änderungswünsche bei ihrer Ausgestaltung. Sie sollen ermöglichen, dass auch größere Milchviehbetriebe die Weideprämie erhalten können, heißt es in der Begründung.
Zeitdruck für die Umsetzung bis Sommer 2025
Mit der Entscheidung zur Ausgestaltung der Öko-Regelungen für 2026, wie sie auf der Agrarministerkonferenz getroffen werden könnte, haben Bund und Länder nur noch Zeit bis zum Sommer. Den dafür nötigen Änderungsantrag zum GAP-Strategieplan muss das Bundeslandwirtschaftsministerium bis Mitte Juli 2025 bei der Europäischen Kommission einreichen. Es wäre agrarpolitisch eine der ersten Maßnahmen, die dann die neue Bundesregierung agrarpolitisch bewerkstelligen müsste.
Weideprämie ist ein Erbe der letzten Groko
Die Weideprämie ist noch ein Erbe der letzten Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD und hatte es wegen Meinungsverschiedenheiten nicht in den deutschen Maßnahmenkatalog der bisher sieben Öko-Regelungen geschafft. Grünlandreiche Bundesländer wie Niedersachsen oder Schleswig-Holstein hatten allerdings immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass in den Öko-Regelugen ein Angebot für klassische Grünlandbetriebe und Milchviehhalter fehlt.