Kommentar der top agrar-Chefredakteure
Das ist ein Kommentar der top agrar-Chefredakteure Guido Höner und Matthias Schulze Steinmann. Kommentare spiegeln die Meinung der Autoren wider.
Es war für die Landwirtschaft wahrlich kein ruhiges Jahr: Es begann mit den Schlepperprotesten. Es war geprägt von Wetterkapriolen und Tierseuchen. Es wurde begleitet von Diskussionen ums Tierwohl, dem Aus der EU-Pflanzenschutzrichtlinie, dem Abkommen Mercosur und den Empfehlungen der ZKL.
Genug Stoff also, um daraus zum Jahresende konkrete Forderungen an die Bundesregierung zu adressieren. Nach dem Motto: „Worauf kommt es jetzt an, was ist jetzt zu tun …“
Özdemir als Ankündigungsminister
Nur – die Ampelregierung ist uns zwischenzeitlich abhandengekommen. Der Minister, vor drei Jahren ambitioniert gestartet, blickt vor allem auf Ankündigungen zurück und schielt nach vorne aufs Ministerpräsidentenamt.
Vieles ist im Entwurfsstadium hängen geblieben. Auch der viel beschworene Bürokratieabbau, den ja eigentlich alle wollen und fordern, tritt auf der Stelle. Der Start des nächsten Bürokratiemonsters, der EU-Entwaldungsverordnung, ist nicht aufgehoben, sondern nur verschoben.
Deshalb hoffen alle auf einen Neustart. So sehr, dass Markus Söder aus Bayern schon mal weit vor dem Ausgang der Wahl Namen ins Spiel bringt. Keine Frage, es ist Zeit, dass sich was dreht, um die viel zitierte Zeile von Herbert Grönemeyer auch hier zu bemühen.
Kann die Landwirtschaft mit einer Stimme sprechen?
Die Branche positioniert sich, aber gelingt das mit einer Stimme? Viele Interessenverbände formulieren gerade detailliert ihre individuellen Forderungen in umfangreichen Punkteplänen. Pressemeldungen dazu treffen fast täglich bei uns ein. Am Ende sind es dann in der Summe weit über 100 Punkte.
Das gibt der Politik die Möglichkeit, die Gruppen wie beim Artikel 148 GMO und der Milch gegeneinander auszuspielen oder sich die Rosinen herauszupicken – um sich dann darauf zurückzuziehen, man habe doch reagiert.
Neuer Fokus in der Agrarpolitik
Wäre jetzt nicht die Gelegenheit, die Kräfte der Branche zu bündeln? Die Forderungen an eine neue Regierung müssen konkret und konstruktiv sein und sich vor allem auf fünf bis zehn wirklich richtungsweisende Punkte konzentrieren.
Staatsgeld wird extrem knapp sein in den nächsten Jahren. Deshalb muss sich der Fokus auf verlässliche Rahmenbedingungen, Planungssicherheit und faire Wettbewerbsbedingungen richten. Echte Beinfreiheit eben, denn daran mangelt es den Betrieben, sowohl im Stall als auch auf dem Feld.
Vorangehen ohne Eitelkeiten!
Einzelinteressen und Eitelkeiten sollten hintenanstehen, wenn es darum geht, die Landwirtschaft zurück in die Mitte der Gesellschaft zu bringen. Denn jetzt gibt es mit der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar wirklich eine Chance, dass sich was dreht im Sinne der Bäuerinnen und Bauern.
Darauf hoffen wir und wünschen Ihnen besinnliche Weihnachten.