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In ihrem Agrarpaket hat die Ampel auch Verbesserungen bei der Wettbewerbsposition der Landwirtschaft gegenüber dem Lebensmittelhandel versprochen. Dafür soll das Agrarorganisations- und Lieferkettengesetzes (AgrarOLkG) geändert werden.
Die Monopolkommission ist da mehr als skeptisch. Am Montag übergab sie ihr 25. Hauptgutachten „Wettbewerb 2024“ an das Bundeswirtschaftsministerium. Der Kommissionsvorsitzende Prof. Jürgen Kühling warnte dennoch vor vorschnellen politischen Maßnahmen, wie einer Ausweitung des Agrarorganisations- und Lieferkettengesetzes (AgrarOLkG).
Monopolkommission will weiter prüfen
In den vergangenen Jahren eingeführte Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsposition der Erzeuger seien ohne nachhaltige Wirkung geblieben. Aufgrund der inneren Komplexität verschiedener Lieferketten im Lebensmittelsektor seien die aktuellen Befunde noch nicht hinreichend, „um auf dieser Basis wirksame Politikmaßnahmen vorzunehmen“, heißt es im Gutachten. Die Situation müsse daher genauer untersucht werden. Das will die Monopolkommission in einem nächsten Schritt tun. Kühling brachte auch eine Sektoruntersuchung ins Spiel, die das Gremium dem Bundeskartellamt vorschlagen werde.
Margenverschiebung zulasten der Landwirte identifiziert
Im 25. Hauptgutachten „Wettbewerb 2024“ hat die Monopolkommission Machtverschiebungen innerhalb der Lebensmittelversorgungsketten identifiziert. Demnach hat eine Margenverschiebung zulasten der Landwirte und zum Vorteil von Herstellern und des Lebensmitteleinzelhandels stattgefunden.
Für rege Diskussion sorgte die geplante Novelle des Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetzes (AgrarOLkG) am Montag auch bei einer Anhörung im Ernährungsausschuss des Bundestages. Dass der Deutsche Bauernverband (DBV) die Novelle grundsätzlich unterstütze, betonte dort Generalsekretär Bernhard Krüsken. Vor allem die Entfristung des Anwendungsbereichs sei zu begrüßen, da damit auch große Erzeugerzusammenschlüsse nach wie vor geschützt blieben.
Bauernverband fordert kartellrechtliche Ausnahmen
Mehr Ambition und Klarheit hätte es allerdings bei der Liste schwarzer Verbote gebraucht, so Krüsken. In seiner Stellungnahme verwies der DBV-Generalsekretär darauf, dass unlautere Handelspraktiken auch ein Symptom ungleicher Machtverhältnisse im Markt seien. Um die Landwirte zu stärken, brauche es weitere kartellrechtliche Ausnahmen für die Branche. Krüsken forderte erneut die Umsetzung des Artikels 210a der gemeinsamen Marktordnung (GMO).
Raiffeisenverband beklagt Entschärfungen
Die Geschäftsführerin des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV) Birgit Buth sagte, man sei insgesamt „ein bisschen enttäuscht“. Statt der notwendigen Ergänzungen seien vor allem Entschärfungen vorgesehen. Der DRV sprach sich gegen Umsatzschwellen beim Anwendungsbereich des Gesetzes aus. Der Erlös eines Unternehmens sei kein ausreichender Beleg für dessen Stärke in der Lieferkette, so der Verband. Zudem sei es sehr aufwendig, in jedem Vertragsfall die Jahresumsatzschwellen von Lieferanten und Käufer zu prüfen. Eine Reihe von EU-Mitgliedsstaaten würden bereits auf entsprechende Umsatzgrenzen verzichten.
Deutlich kritisierte der DRV auch, dass das Retourenverbot künftig nur noch für Produkte gelten soll, die nicht mehr länger als 12 Monate verkaufsfähig sind. Ob ein Produkt noch verkaufsfähig sei, berge eine hohe Streitanfälligkeit. Zudem könnten viele langhaltbare Produkte wie Wein nach einer Retoure nicht ohne Weiteres weiterverkauft werden.
Verbote,die ausgehebelt werden können, sind wirkungslos
Nicht einverstanden ist der DRV damit, dass nun einige der verbotenen „schwarzen“ Handelspraktiken in die Klasse der „grauen“ Handelspraktiken überführt werden sollen. Laut geltendem Gesetz sind graue Handelspraktiken nur dann verboten, wenn sie nicht vorab zwischen den Handelspartnern vertraglich vereinbart wurden. Nach Einschätzung des Verbandes werden allerdings Verbote, die durch Vereinbarungen aushebelt werden können, aufgrund der ungleichen Machtverhältnisse am Markt auch stets ausgehebelt. Graue Verbote sollten daher generell in schwarze Verbote umgewandelt werden, forderte der DRV.
Verboten sehen will der Verband außerdem Handelspraktiken, die auf eine einseitige Risikoabwälzung und willkürliche Vertragsstrafen abzielen. Bei Letzteren würden beispielsweise Liefertermine und -quoten oft so angesetzt, dass eine Belieferung nach Bedarf des Käufers unmöglich sei. In Folge liefen die Lieferanten ohne eigenes Zutun automatisch in die Vertragsverletzung hinein. Derartige Praktiken würden die Überproduktion und damit auch die Lebensmittelverschwendung fördern, erklärte der DRV. Denn damit die Lieferanten auch kurzfristig lieferfähig seien, müssten sie auf Vorrat produzieren. Wenn die Produkte dann nicht abgerufen werden, würden sie oft entsorgt.
LEH wift Ampel Marktskepsis vor
Für den Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth, ist der Gesetzesentwurf Ausdruck von „Marktskepsis“ und „mangelndem Vertrauen in funktionierenden Wettbewerb“. Statt das Gesetz in Teilen zu verschärfen, hätte es auf die EU-Vorgaben zurückgestutzt werden müssen, so die Branchenorganisation des Einzelhandels. Indem man in die Vertragsautonomie weiter eingreife, setze man „schlecht begründete Partikularinteressen“ auf Kosten der Konsumenten um.
Nach Ansicht des HDE hätte auf eine Entfristung des Anwendungsbereiches des Gesetzes verzichten werden müssen. Auch das geplante Umgehungsverbot sei mit „kaum zu prognostizierenden Schwierigkeiten“ und „unnötigem bürokratischem Aufwand“ verbunden. Als positiv hob Genth hervor, dass künftig große internationale Konzerne nicht mehr unter Schutz stehen sollen. „Große global agierende Unternehmen benötigen keinen Schutz vor dem häufig lediglich national aufgestellten Handel“, sagte Genth.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) begrüßte indes auch die klare Empfehlung der Monopolkommission, auf staatliche Eingriffe in die Lebensmittellieferkette zum jetzigen Zeitpunkt zu verzichten.