Ein aktueller Bericht von Agrarexperte Carlos Boyadjian, Buenos Aires (Argentinien):
Die Ankündigung des Handelsabkommens zwischen Mercosur und der Europäischen Union am 6. Dezember 2024 in Montevideo (Uruguay))hinterlässt bei vielen Argentiniern zwar das Gefühl, dass das Abkommen Fortschritte für das Land bringen könnte. Die europäischen Anforderungen stellen aber auch große Herausforderungen für das Land dar.
Keine kurzfristigen Vorteile
„Die EU importiert jährlich Agrarerzeugnisse im Wert von 130 Milliarden US-Dollar, und Argentinien liefert nur 6% dieses Betrags,“ erklärte Maximiliano Moreno, Direktor des Instituts für Internationale Agrarverhandlungen (INAI), das Teil der Getreidebörse von Buenos Aires ist. Sonnenblumenöl, Fischereiprodukte, Früchte und Gemüse, Zitrusfrüchte und Hülsenfrüchte, die außerhalb der Saison produziert werden, „haben Exportpotenzial,“ sagte Idígoras. Biodiesel und Rindfleisch könnten die Exporte steigern.
Argentinische Landwirte und Analysten betrachten das Abkommen als eine Chance, die Exporte von Primärprodukten und Agrarlebensmitteln zu steigern, erinnern jedoch daran, dass es keine kurzfristigen Vorteile geben wird.
Carlos Castagnani, Landwirt und Präsident der Argentinischen Ländlichen Konföderationen (CRA), meint, dass „jede Marktöffnung positiv ist“. Er betont, dass das Abkommen keiner der Parteien schadet. Er meint aber: „Wenn sie uns Regeln auferlegen - wie die EU-Anti-Abholzungsregel - sind wir diejenigen, die sich anpassen müssen.“
Europa wird kein einfacher Partner bei den Regeln außerhalb der Zölle sein!
Auch Marcelo Elizondo, Präsident des örtlichen Kapitels der Internationalen Handelskammer (ICC), glaubt, dass „das meiste im Mercosur-Abkommen ein Gewinn ist“ und europäische Investitionen anziehen kann. Er stellt aber klar, dass „Europa kein einfacher Partner bei Regeln außerhalb der Zölle sein wird.“
Ängste der Europäer übertrieben
In diesem Zusammenhang glauben viele Produzenten, dass die Ängste der europäischen Landwirte „übertrieben“ sind. Sie argumentieren, dass die Produktion in Argentinien nicht subventioniert wird und die Hauptanbauprodukte zudem Exportabgaben zahlen, was die Rentabilität der Landwirte verringert. Auf Sojabohnen fallen derzeit 33% und Sojaschrot und -öl 31% Exportabgaben an. Auf Mais und Weizen sind 12% zu zahlen und auf Fleisch (Rind-, Geflügel-, Schweine-, Lammfleisch) und Eier fallen 6,75% Exportabgaben an.
Die Südamerikaner erkennen den Wert der regionalen Produktion und das Umweltbewusstsein der Europäer an und teilen diese sogar. Ein Großteil der argentinischen Agrarproduktion erfolge mit sehr geringer CO2-Bilanz oder sogar neutral. Und fast die gesamte Getreideproduktion stamme von Feldern, die nie abgeholzt wurden.
Kritik an Entwaldungs-VO
Daher konzentriert sich die argentinische Kritik auf die Entwaldungs-Verordnung 2023/1115 des Europäischen Parlaments bezüglich Produkten aus abgeholzten Gebieten und die Anforderung, dies zu zertifizieren. Letzteres könnte kleine Produzenten vom Markt ausschließen. „Europa durchläuft einen sehr strengen und sogar willkürlichen regulatorischen Prozess in Bezug auf Umwelt- und Arbeitsvorschriften, und wenn Mercosur kein Freihandelsabkommen hat, hat es keine Möglichkeit, einen differenzierten und bevorzugten Umgang für diese Themen auszuhandeln,“ kritisiert denn auch Gustavo Idígoras, Präsident der Kammer der Ölindustrie und des Getreideexporteurzentrums (CIARA-CEC) und ehemaliger argentinischer Agrarvertreter bei der Europäischen Union.