Widerstand gegen das Mercosur-Abkommen kommt aus der Zuckerwirtschaft. Er richtet sich insbesondere gegen die vorgesehene zollfreie Lieferung von jährlich 190.000 t Zucker aus Brasilien und Paraguay. Dadurch würden die Ziele des Green Deals untergraben, kritisierten der Verband der Europäischen Zuckerindustrie (CEFS) und die Vereinigung der europäischen Rübenanbauer (CIBE).
Die europäischen Zuckererzeuger würden einem unlauteren Wettbewerb durch Importe ausgesetzt, welche die strengen Umwelt- und Sozialstandards der EU nicht erfüllten.
Nicht vereinbar mit EU-Standards
„Das Abkommen zwischen der EU und dem Mercosur steht im fundamentalen Widerspruch zu den europäischen Umwelt- und Nachhaltigkeitszielen“, monierte CEFS-Präsident Paul Mesters. Durch die Erleichterung von Importen aus Ländern mit schwächeren Standards würden die europäischen Zuckerhersteller stark benachteiligt und Umweltschäden außer Acht gelassen. In der Folge sei zu befürchten, dass der Anbau von Zuckerrüben in der EU zurückgehen und die indirekte Entwaldung zunehmen werde.
Für CIBE-Präsident des Marcel Jehaes ist die Vereinbarung „ein Symbol für eine tiefe Kluft zwischen den Landwirten und der Kommission“. Deshalb werde die Reaktion der Bauern wahrscheinlich „radikal“ sein. Das Abkommen bringt nach Ansicht von Jehaes keine Verbesserung. Vielmehr sei es völlig respektlos gegenüber den EU-Erzeugern, die ohnehin Schwierigkeiten hätten, ihre Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dritten Wettbewerbern aufrechtzuerhalten.
Mesters und Jehaes forderten die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament auf, die Ratifizierung des Mercosur-Abkommens in seiner jetzigen Form abzulehnen. Außerdem müssten sie jeden Versuch zurückweisen, das Abkommen zu spalten und den Handelsteil zu isolieren. Gebraucht werde stattdessen eine Handelspolitik, die die Interessen, die Widerstandsfähigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Agrarsektors unterstütze und gleichzeitig die europäischen Werte Nachhaltigkeit, Fairness und Verbraucherschutz wahre.
Nachhaltigkeitsziele gefährdet
Deutliche Kritik am Mercosur-Abkommen kommt auch aus Deutschland. Die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker (WVZ) erinnerte daran, dass deutsche Rübenanbauer und Zuckerunternehmen schon heute mit Wettbewerbsverzerrungen durch eine ungleiche Pflanzenschutz- und Subventionspolitik innerhalb der EU und auf dem Weltmarkt zu kämpfen hätten.
Zusätzliche Billigimporte würden den Preis drücken, sodass ein wirtschaftlicher Anbau in Deutschland zu den europäischen Standards infrage stehe. Ein fairer Wettbewerb - insbesondere für die deutsche Zuckerwirtschaft - wäre nicht gegeben.
„Unsere Bemühungen für den Klimaschutz und höhere Nachhaltigkeitsziele bringen nichts, wenn europäischer Rübenzucker durch Importzucker mit niedrigeren Standards verdrängt wird“, betonte der WVZ-Vorsitzende Dr. Stefan Streng. Ein unfairer Wettbewerb gefährde nicht nur die Nachhaltigkeitsziele, die sich die EU selbst gesetzt habe, sondern die gesamte europäische Zuckerwirtschaft.
Freude in Brasilien
Erfreut über die Einigung zum Mercosur-Abkommen zeigt sich erwartungsgemäß der brasilianische Verband der Zuckerrohrverarbeiter (Unica). Nach seiner Ansicht eröffnet die Vereinbarung neue Möglichkeiten für die Zucker- und Bioenergiebranche. Das Abkommen werde es Brasilien ermöglichen, seine Präsenz auf dem europäischen Markt auszubauen, und das mit einem erheblichen Potenzial für die Diversifizierung der Exporte.
Unica hob hervor, dass sich der brasilianische Zucker- und Energiesektor weiterhin für eine nachhaltige Produktion und eine kohlenstoffarme Wirtschaft einsetzen werde.