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Regenerativer Ackerbau: Carbon Farming als Weg zur Klimarettung?

Der regenerative Anbau speichert Kohlenstoff im Boden. Mit Carbon Farming lässt sich dieser Mehraufwand vergüten. Landwirte, Unternehmer und Gründer diskutierten über die Pro- und Contra-Argumente.

Lesezeit: 4 Minuten

Welche Chancen und Herausforderungen Carbon Farming vor dem Hintergrund des Klimawandels mit sich bringt, wurde kürzlich bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen der innovate! Convention in Osnabrück diskutiert. Mit dabei waren der Landwirt Johannes Beck, Stefan Kiefer (Amazone), Christian Bogen (Bayer Crop Science) und Lutz Wildermann vom Start-up Klim. Moderiert wurde das Panel von top agrar-Chefredakteur Guido Höner.

Gesunde Pflanzen durch gesunden Boden

Landwirt Johannes Beck bewirtschaftet einen Ackerbaubetrieb in der nordbayerischen Rhön. Der Standort ist herausfordernd, mit Frühsommertrockenheiten, kalten Wintern und steinigen Böden. Auf den Grenzertragsstandorten liegen die Weizenerträge üblicherweise nur bei etwa 5 t. Beck beschäftigt sich schon lange mit nachhaltigen Ackerbaustrategie. So wirtschaftet er schon seit Jahren pfluglos, um seinen Boden zu schützen, und setzt mittlerweile auf die Direktsaat.

Zudem hat er seine Fruchtfolgen durch die Ackerbohne erweitert, setzt Untersaaten ein und versucht seinen Boden durch Düngung nach der Kinsey-Lehre gesund zu halten. „Wichtig ist, kein braunes Feld zu hinterlassen. Der Boden muss begrünt sein, damit keine Erosion durch Wind und Wasser entsteht“, sagt er. Dazu etabliert er etwa die Zwischenfrucht schon vor oder direkt nach der Ernte und setzt dazu eine Direktsaatmaschine mit vier Tanks ein. Beck baut Humus auf, weil er durch den gesunden Boden gesündere Pflanzen erzielen will. Er macht das aber aus Überzeugung. Sich den Mehraufwand mit CO2-Zertifikaten vergüten zu lassen, kann er sich nicht vorstellen.

Lösungen für Regenerative Landwirte

Auch die Landtechnikbranche beschäftigt sich mit den regenerativen Anbaupraktiken und versucht zugeschnittene Lösungen anzubieten. Stefan Kiefer ist Leiter Pflanzenbauinnovation bei Amazone. Hier arbeitet er an der Schnittstelle zwischen Technik und Pflanze. „Heute geht es darum, gezielter und präziser auf dem Acker zu arbeiten“, sagt er. Das macht die Arbeit für die Landtechnikhersteller komplexer. So führt das Unternehmen heute mehr Feldversuche durch und sucht auch die Kooperation mit Pflanzenzüchtern. Ein Thema, was Kiefer beschäftigt, ist etwa die Präzisionsablage von Saatgut und Dünger direkt an der Wurzel.

Viele Landwirte setzen diese innovativen Konzepte schon heute ganz ohne Fördergeld um.“
Stefan Kiefer

„Durch jede Bodenbearbeitung geht Kohlenstoff verloren“, sagt Kiefer. Er ist dafür, das Umsetzen von regenerativen Ackerbaupraktiken durch Förderung und Beratung mehr in die Praxis zu tragen. Reine Maschinenförderung lehnt er ab. Er sagt aber auch: Nicht jeder Landwirt kann perfekt regenerativ arbeiten, da nicht jede regenerative Maßnahme auf jeden Standort passt – und viele Höfe auch unter Druck durch die hohen Pachtpreise stehen. Er betont aber gleichzeitig: „Viele Landwirte setzen diese innovativen Konzepte schon heute ganz ohne Fördergeld um.“

Kohlenstoffbindung als Ökosystemdienstleistung

Auch Christian Bogen ist dafür, die regenerativen Anbaumethoden mehr als Ökosystemdienstleistungen zu honorieren – unter anderem durch die Bevölkerung. Er beschäftigt sich bei Bayer Crop Science mit nachhaltigen Anbausystemen. Aktuell arbeitet Bogen auf EU-Ebene an einem Ratifizierungsprozess mit, der versucht einheitliche Rahmenbedingungen und Messmethoden fürs Carbon Farming zu definieren. Für ihn ist regenerativer Ackerbau die Zukunft und die konservierende Bodenbearbeitung ein wichtiges Werkzeug dafür. Denn Kohlenstoff im Boden zu binden sei immer nützlich – auch wenn er nicht ewig gebunden ist.

Carbon Farming als Geschäftsmodell

Das Start-up Klim vergütet Landwirte schon jetzt fürs Speichern von Kohlenstoff im Boden. Unternehmen wie z. B. Nestlé oder der LEH finanzieren die Zertifikate auf der Plattform von Klim, um ihre eigenen CO2-Emissionen weiter zu reduzieren. Ihre Bemühungen zum Humusaufbau können sich Betriebe über diese Zertifikate vergüten lassen. Für Lutz Wildermann von Klim gehört dazu aber einiges an Pragmatismus. Für ihn hat jeder Betrieb andere Ausgangsvoraussetzungen. Deswegen legt Klim Wert darauf, individuelle Maßnahmenpläne zu erarbeiten. Dazu fahren die Mitarbeiter auf die Betriebe.

Die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten macht den Ackerbau zukunftsfähig.“
Lutz Wildermann, Klim

Künftig will das Unternehmen aber mehr mit KI-gestützten Modellen arbeiten. Dabei soll auch ein gewisses ackerbauliches Risiko eingepreist werden. „In der Praxis braucht man Pragmatismus“, sagt er. So bekommt der Landwirt einen gewissen Teil der Vergütung im Jahr der Umsetzung ausgezahlt und einen Teil rollierend in den Folgejahren.

Lutz Wildermann sieht im Humusaufbau eine riesige Chance. Durch den Klimawandel wird organische Substanz mobilisiert. So könnten in Zukunft 1 t CO2 pro ha Ackerland verloren gehen. „Den Bodenkohlenstoffgehalt zu stabilisieren, ist nicht nur Klimaschutz“, sagt er. „Die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten macht den Ackerbau zukunftsfähig.“

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