Gegen staatliche Eingriffe in die Lieferbeziehungen im Milchmarkt hat sich der Vorsitzende des Milchindustrie-Verbandes (MIV), Detlef Latka, ausgesprochen. Im Interview mit Agrar Europe sagte Latka, dass die von EU-Kommissar Christophe Hansen geplante Novelle der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) keine Verbesserung für Milchbetriebe bringen würde. Eine Vertragspflicht per Artikel 148 der GMO europaweit vorzuschreiben würde weder bessere Erzeugerpreise noch faireren Wettbewerb schaffen.
Latka bezeichnete den Kommissionsvorschlag als „naiv“. Beide im Gesetzentwurf diskutierten Optionen, entweder einen Festpreis oder eine Preisformel vorab zu bestimmen, seien problematisch.
Denn im volatilen Milchmarkt könnten Preise nicht im Voraus kalkuliert werden. Zudem sei die Vorgabe, dass in der Preisformel die Produktionskosten der Erzeugerbetriebe berücksichtigt werden müssten, praktisch kaum umsetzbar. „Ich befürchte, dass dadurch vor allem Bürokratie erzeugt würde“, so Latka.
Latka begrüßt Mercusor-Abkommen
Lob für die EU-Kommission äußerte Latka dagegen für deren Bemühungen, neue Absatzmärkte zu erschließen. Dass Abkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten oder mit Indien geschlossen werden sollen, begrüßte er. Denn wo Zollgrenzen fielen, werde der freie Wettbewerb gefördert. Und die deutsche Milchwirtschaft verfüge über wettbewerbsfähige Preise und wettbewerbsfähige Produkte, betonte Latka.
Optimistisch blickt der MIV-Vorsitzende auch auf die Marktentwicklung in diesem Jahr. Zwar habe die Maul- und Klauenseuche zu Beginn des Jahres für „große Verunsicherung“ gesorgt. Das Infektionsgeschehen scheine nun allerdings „im Griff“. Zudem schätzt er die restlichen Parameter für den Milchmarkt als „unverändert positiv“ ein.
Eine stagnierende bis leicht steigende Nachfrage sowohl im Inland als auch auf den Exportmärkten treffe voraussichtlich auf eine stabile bis sogar leicht sinkende Milchproduktion. Folge dürften daher mindestens stabile, wenn nicht gar steigende Preise ab der zweiten Jahreshälfte sein, prognostizierte Latka.
Forderungen an die neue Regierung
Von der neuen Bundesregierung erwartet der MIV-Vorsitzende, dass den Ankündigungen des Wahlkampfes zum Bürokratieabbau nun auch Taten folgen. „Molkereien, die investieren wollen, werden wirklich Fußfesseln angelegt“, beklagte Latka. Es brauche Erleichterungen etwa beim Immissionsschutzgesetz sowie bei den verschiedenen Berichtspflichten aus dem nationalen und europäischen Recht. Er plädiert für mehr „Augenmaß“ und mehr Vertrauen in den freien Markt. „Der Staat sollte die Leitplanken setzen, aber sich nicht als der bessere Unternehmer fühlen“, so der MIV-Vorsitzende.