Nackerter, Kräuterhex oder der Schorfe: Diese Käsesorten fallen mit ihren ungewöhnlichen Namen auf. „Die regionaltypischen Bezeichnungen gehören zu unserem Marketing“, sagt Judith Zeitler während sie den Verkaufsautomaten im 24/7-Hofladen befüllt. Sie ist die Verlobte von Kevin Weigl. Gemeinsam mit seinen Eltern Michaela und Alexander Weigl bewirtschaften sie den Milchkuhbetrieb „Walerhof“ in Tirschenreuth (Bayern).
Der Betrieb hat bereits mehrere Jahre Erfahrung in der Direktvermarktung. Seit Ende 2023 produzieren sie selbst Käse. Das Besondere: Sie produzieren den Käse in einer GbR mit vier weiteren Milchviehbetrieben. Was steckt hinter diesem Konzept?
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Fünf Milcherzeuger in der Oberpfalz haben gemeinsam in eine mobile Käserei plus Reifelager investiert und vermarkten jeweils unabhängig den eigenen Käse.
Eine Geschäftsführerin leitet und koordiniert das Unternehmen „Die Grenzlandkäserei“.
Das Käsen im Lohn für andere Betriebe soll weiter wachsen, um die Käserei und angestellte Mitarbeiter auszulasten.
Bei Familie Weigl ergänzt der eigene Käse das Angebot im Hofladen und in Supermärkten – zusätzlich u. a. zu pasteurisierter Milch, Rindfleisch und Eis.
Mehr Wertschöpfung
Die Grundlage dazu entstand in einem Projekt der „Öko-Modellregion Stiftland“. Das Stiftland befindet sich in der Oberpfalz, direkt an der Grenze zu Tschechien. In der milchstarken Region gibt es keine verarbeitende Molkerei mehr. Das Projekt sollte daher Lösungen erarbeiten, wie sich wieder mehr Wertschöpfung aus der Milch in der Region halten lässt. Ein Vorschlag war, eine gemeinsame Käseproduktion zu etablieren. Dafür gab es rund zehn interessierte Betriebe – darunter auch Familie Weigl. 2019 begannen sie mit der Planungen für die Käserei.
„Uns war schnell klar, dass wir eine geschäftsführende Person brauchen. Das Verwalten und Organisieren einer Käserei kann kein Landwirt neben dem Hofalltag machen“, erklärt Alexander Weigl, der heute aber stellvertretender Geschäftsführer ist. Als Hauptverantwortliche konnten die Landwirte Antje Grüner gewinnen, die zuvor das Projekt der Öko-Modellregion Stiftland geleitet und somit die Idee der gemeinsamen Käseproduktion von Anfang an begleitet hatte.
Zusammen mit fünf landwirtschaftlichen Betrieben, davon zwei ökologisch und drei konventionell geführt, gründete sie 2021 die Grenzlandkäserei GbR. Nach langer Wartezeit auf Fördermittel aus dem LEADER-Programm, konnten sie im Mai 2023 mit den ersten Produktionsdurchgängen starten.
Mobil statt fest
Die Gesellschafter entschieden sich bewusst gegen eine feste und für eine mobile Käserei. „Bei einem zentralen Standort hätte jeder Betrieb die Milch regelmäßig anliefern und dafür Transporter anschaffen müssen. Ziel war aber, dass die Landwirte so wenig zusätzliche Arbeit wie möglich haben“, erklärt Antje Grüner.
Die mobile Käserei befindet sich auf einem 7,5-Tonner, den sie von einer Fachfirma umbauen ließen. Auf der Ladeflächen gibt es neben einer Hygieneschleuse einen Technikraum mit einem Thermisator, der die Rohmilch vor dem Verkäsen schonend erhitzt.
„Wir haben uns gegen Rohmilchkäse entschieden, weil der in der Vermarktung schwieriger händelbar ist“, berichtet Michaela Weigl, die beim Walerhof unter anderem für die Direktvermarktung zuständig ist. Im 13 m² großen Verarbeitungsraum auf der Lkw-Ladefläche stehen unter anderem zwei Käsekessel mit einem Volumen von je 700 l sowie eine 300 l-Weichkäsewanne.
Für das Käsen zuständig ist der gelernte Metzgermeister Thomas Fröhlich. Er ist bei der Grenzlandkäserei fest angestellt. Montags und mittwochs fährt er zu den Milchkuhbetrieben. Dort pumpt er die Rohmilch aus dem Tank in den Lkw, um sie vor Ort zu verarbeiten. Rund sechs bis sieben Stunden ist er mit dem Verkäsen auf dem Hof beschäftigt.
Käseproduktion in der mobilen Käserei
Weich-, Schnitt- und Hartkäse
Jeder Betrieb bestimmt, welche Milchmenge verarbeitet und welche Käsesorten produziert werden.
Vorgegeben sind nur eine Verarbeitungsmenge von mindestens 300 l Milch und die runden Käseformen. Michaela Weigl gibt ein Beispiel: „Wir lassen in der Regel alle drei Wochen 1.700 kg Milch zu Schnittkäse mit und ohne Kräuter sowie Käse nach Tilsiter Art und auch Camembert verarbeiten.“ Den Käse vermarktet der Walerhof im eigenen Hofladen und in 15 Supermärkten, bei Metzgern und anderen Wiederverkäufern (siehe „Direktvermarktung mit vielen Standbeinen“).
Ganz ohne einen festen Standort kommt die Grenzlandkäserei nicht aus. Für Reiferaum und Lager hat die GbR ein Gebäude in Tirschenreuth für 15 Jahre angemietet und umgebaut.
Dort legt Thomas Fröhlich die Käselaibe am Tag nach dem Käsen ins Salzbad und dann in den Reiferaum auf Fichtenholzbretter. Hier ist Platz für bis zu 650 Laibe, die täglich gepflegt werden. Nach etwa sechs Wochen können die Landwirte ihren Käse abholen.
Neben Reiferaum und Lagerflächen gibt es auch Platz zum Portionieren und Vakuumieren der Laibe. „Die Betriebe können ihre Laibe auch am Stück bekommen. Doch die meisten nutzen diesen Service, weil ihnen Räumlichkeiten und Zeit fehlen“, sagt Antje Grüner. Neben Thomas Fröhlich ist für die Käsepflege eine weitere Person angestellt sowie zwei Teilzeitkräfte für das Verpacken.
In die Käserei haben alle GbR-Partner nicht nur Herzblut, sondern zusammen auch rund 480.000 € investiert. Die Käserei wollen sie daher bestmöglich auslasten. „Optimal wäre es, wenn wir an drei bis vier Tagen Käsen würden“, so Alexander Weigl.
Weitere Landwirte gesucht
Dazu wollen sie noch weitere Milchbetriebe für die Lohnkäserei gewinnen. Denn zusätzlich zur Produktion bei den fünf Inhabern bietet die GbR das Verkäsen auch für externe Betriebe an. In diesem Jahr waren das 21 Betriebe im Umkreis von rund 100 km um das Reifelager in Tirschenreuth. „Wie häufig die Betriebe Verkäsen lassen, variiert sehr stark. Wir sehen noch viel Potenzial“, erklärt Antje Grüner.
Sorge davor, dass sich die Direktvermarkter gegenseitig Konkurrenz machen, hat sie nicht. „Jeder Betrieb setzt eigene Akzente. Deshalb haben wir uns bewusst dagegen entschieden, unser Logo auf Etiketten zu drucken“, so Antje Grüner.
Auf den verkaufsfertigen Käsestücken ist das Unternehmen nur anhand der DE-Nummer erkennbar.
Nicht zu günstig vermarkten
Gleichzeitig betont Familie Weigl aber, dass sich die Betriebe nicht unterbieten dürfen. „Wir produzieren hochwertigen, handwerklich erzeugten Käse, der nicht unter Wert verkauft werden sollte“, meint Michaela Weigl.
Die Kosten für das Verkäsen zahlen sowohl die Eigentümer als auch externe Betriebe an die GbR. Diese sind abhängig von der verarbeiteten Milchmenge gestaffelt. Bei 1.700 kg fallen 1,20 €/kg Milch an. Hinzu kommen die Anfahrtskosten sowie gegebenenfalls das Portionieren und Verpacken. „Im Schnitt liegen die Produktionskosten bei 12 bis 15 €/kg Käse, plus Milchgeld. Wir geben die Empfehlung, den Käse für mindestens 25 €/kg zu verkaufen“, sagt Antje Grüner.
Im Hofladen verkauft Familie Weigl die rund 150 g-Stücke für umgerechnet 28 bis 30 €/kg. Im Supermarkt liegen die Preise höher, da die Einzelhändler ihre Margen draufschlagen.
Die Region rund um Tirschenreuth ist eher dünn besiedelt. Umso wichtiger ist ein gutes Marketing für den handwerklich produzierten Käse. Für den Walerhof übernimmt das Judith Zeitler. Unter anderem auf Instagram teilt sie Eindrücke vom Hofalltag und bewirbt die Produkte aus dem Hofladen. „Ich mache auch Verköstigungen im Supermarkt – und das auch mal im Kuhkostüm“, berichtet sie lachend.
Doch genauso wie die gesamte Familie Weigl ist sie überzeugt: „Wenn wir zeigen, was hinter unseren Produkten steht und wenn die Qualität stimmt, sind Kunden bereit, den Preis dafür zu zahlen.“
Walerhof: Direktvermarktung mit vielen Standbeinen
Ein 24/7-Hofladen, regelmäßiger Rindfleisch-Verkauf, Milch, Käse und Eis in Supermärkten, das Vermieten von Eistruhen inkl. dem Walerhof-Eis sowie rund 25 Besuchergruppen pro Jahr – und nebenbei noch ca. 90 Milchkühe plus Nachzucht, Mast und Futteranbau: Bei Familie Weigl aus Tirschreuth staunt man zunächst nicht schlecht. Doch beim Besuch auf dem Hof wird schnell klar, dass die Grundlage echtes Teamwork der Familie ist.
Alexander und Kevin Weigl sind vor allem für die Landwirtschaft zuständig. Die Kühe melkt ein MIone-Melkroboter (GEA) mit zwei Boxen. Die Milchleistung der Fleckviehherde liegt bei rund 33 kg/Tag. Die Futterflächen bewirtschaften die Landwirte selbst bzw. mit einer Mähgemeinschaft, bei der Alexander Weigl Geschäftsführer ist.
Milch in Supermärkten war Start in Direktvermarktung
Seine Frau Michaela Weigl ist für Hofführungen, den Rindfleischverkauf sowie den Hofladen zuständig. Schwiegertochter Judith Zeitler ist neben ihrer Teilzeitstelle beim Landwirtschaftsamt ebenfalls für den Hofladen und das Marketing vom Walerhof zuständig. Zusätzlich sind drei Teilzeitkräfte für die Direktvermarktung und den Hof angestellt. Zusammen mit einer nahe gelegenen Eisdiele füllt der Betrieb außerdem Eis in Bechern ab, in der die eigene Milch verarbeitet wird.
Bereits 2018 hatten sie mit der Vermarktung von Milch in Supermärkten begonnen. Dazu hatten sie u. a. in eine Pasteurisierungsanlage investiert. Doch die Nachfrage ließ stark nach. Heute füllt der Betrieb nur noch 10 und 5 l-Beutel mit pasteurisiert Milch ab und stellt kleinere Milchspender in den Märkten sowie Hotels auf.