Unsere Autorin: Annika Frank, Landwirtschaftskammer NRW
Die Erlöse für Schweinehalter waren im Wirtschaftsjahr 23/24 rekordverdächtig hoch. Die Ferkelpreise und Schlachtschweinenotierungen lagen ganzjährig relativ konstant auf einem sehr hohen Niveau (siehe Übersicht 1). Hinzu kamen hervorragende biologische Leistungen. Unter dem Strich konnten die Schweinehalter im vergangenen Wirtschaftsjahr daher auch hohe Direktkostenfreie Leistungen (DKfL) einfahren.
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Trotz guter Erlöse im Wirtschaftsjahr 23/24 sind die Zukunftsaussichten in vielen Schweinebetrieben unsicher.
Die anstehenden Investitionen im Deckzentrum und Abferkelstall sowie ein Umstieg auf höhere Haltungsformen in der Mast sind ohne zusätzliche Erlösmodelle kaum tragbar.
Arbeitszeiten und Lohnkosten setzen viele Betriebsleiter zu gering an. Durch die neuen Haltungsvorgaben und das gestiegene Lohnniveau werden diese Kostenfaktoren künftig weiter steigen.
Übersicht 1: Entwicklungen der Erlöse (Nord-West-Notierung)
Dennoch ist bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Situation auf den Höfen Vorsicht geboten. Denn mit der DKfL ist die Berechnung noch nicht abgeschlossen. Die Produktionskosten waren in den meisten Bereichen weiterhin hoch. Auch wenn der teuerste Kostenfaktor, das Futter, nach zwei Jahren wieder etwas preiswerter wurde. Entscheidend sind deshalb die gesamten Produktionskosten je Ferkel bzw. je kg Schlachtgewicht (SG).
Ergebnisse schwanken stark
Das verdeutlichen die Auswertungen der letzten Wirtschaftsjahre der Landwirtschaftskammer (LWK) NRW. In Übersicht 2 und 3 sind die Ergebnisse der Ferkelproduktion und der Schweinemast der letzten Wirtschaftsjahre (WJ) dargestellt. Für das WJ 2023/24 wurde anhand der Vorjahresergebnisse und Marktpreise eine Vorausschätzung vorgenommen.
Übersicht 2: Wirtschaftlichkeit der Ferkelerzeugung1)
Die Zahlen belegen, dass die extrem hohen Futter- und Energiekosten die Schweinehalter weiterhin belasten. Hinzu kommt, dass aus den vergangenen schlechten Wirtschaftsjahren 2020/21 und 2021/22 noch große finanzielle Löcher auf den Veredlungsbetrieben vorhanden sind. Diese müssen nun erst einmal gestopft werden.
Übersicht 3: Wirtschaftlichkeit der Schweinemast1)
Besonders eindrücklich sind die hohen Schwankungen zwischen den Jahren. Sie haben starken Einfluss auf das Investitionsverhalten. Denn nach einem guten Jahr steht häufig nicht nur eine große Steuernachzahlung an. Im folgenden, meist weniger erfolgreichen, werden hohe Steuervorauszahlungen fällig.
Neubauten erheblich teurer
Eine hohe DKfL spiegelt immer nur die halbe Wahrheit wider. Denn von ihr müssen noch weitere Kosten beglichen werden, z.B. für den Arbeitsaufwand und die Fixkosten für die Gebäude. In den Übersichten 2 und 3 sind die tatsächlich angefallenen, mittleren Gebäudekosten der ausgewerteten Betriebe wiedergegeben. Dabei handelt es sich überwiegend um bereits abgeschriebene oder ältere Gebäude, deren Abschreibungen noch deutlich niedriger im Vergleich zu heutigen Neubauten sind. Das wird besonders relevant, wenn man bedenkt, dass auf vielen Veredelungsbetrieben bald größere Investitionen anstehen. Für die Kalkulation dieser reichen die angenommenen Werte aus den Übersichten nicht mehr aus.
So müssen Ferkelerzeuger, die weiterhin produzieren wollen, bis 2029 ihr Deckzentrum und bis 2036 auch den Abferkelstall an die neuen gesetzlichen Vorgaben anpassen. Schaut man sich die Differenz zwischen Erlös und Produktionskosten der letzten Wirtschaftsjahre an, wird klar, warum sich viele schwer tun mit der Entscheidung, ob sie den Betriebszweig künftig fortführen wollen. Die höheren Anforderungen in puncto Platz und Co. führen zwangsläufig zu höheren Produktionskosten. Sauenhalter können jedoch nicht automatisch davon ausgehen, dass sie für ihre Ferkel auch höhere Erlöse erzielen.
Und auch in der Mast lässt die geringe Spanne zwischen Erlös und Produktionskosten selbst in sehr guten Jahren höhere Gebäude- und Arbeitserledigungskosten aus betriebswirtschaftlicher Sicht kaum zu. Diese würden aber fällig, wenn Schweinehalter auf höhere Haltungsformen umsteigen.
Arbeitszeiten nur geschätzt
Ebenfalls kritisch hinterfragen sollten Landwirte die ausgewiesenen Arbeitszeiten. Sie werden häufig nicht exakt erfasst, sondern nur geschätzt. Dabei werden Zeiten für Büroarbeit und Instandhaltungsarbeiten meist nicht ausreichend berücksichtigt.
Denn Betriebsleiter, die ihre Zeiten genauer aufzeichnen, bestätigen, dass die tatsächlich benötigten Arbeitszeiten deutlich höher sind. Nicht nur die hohen biologischen Leistungen erfordern mehr Arbeitseinsatz. Hinzu kommen der Aufwand für den Einsatz von organischem Beschäftigungsmaterial und Einstreu – erst recht wenn ein Auslauf vorhanden ist. Auch der Arbeitsaufwand im Deck- und Abferkelstall wird in Zukunft steigen.
Ebenso sollten Betriebsleiter ihren eigenen Lohnanspruch nicht zu niedrig bemessen. Die hier angesetzten Arbeitskosten von 25 €/AKh müssen künftig durch das allgemein steigende Lohnniveau nach oben angepasst werden. Das gleiche gilt für den Lohn von Fremdarbeitskräften.
Weitere Erlöskonzepte nötig
Festzuhalten bleibt: Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Situation des Einzelbetriebs und auch der Branche insgesamt sind die Vollkosten entscheidend. Trotz der hohen Erlöse im Wirtschaftsjahr 2023/24 bleibt die Situation für die Schweinehalter angespannt. Für große Investitionen reicht das aktuelle Erlösniveau allein nicht aus. Schweinemäster und Ferkelerzeuger brauchen verbindliche und langfristige Vermarktungsverträge mit dem Lebensmitteleinzelhandel, um ihren Mehraufwand entlohnt zu bekommen.
Für einige Schweinehalter können auch alternative Vermarktungswege in Kombination mit höheren Haltungsformen ein Weg sein. Hier sollte man prüfen, ob sich z. B. über Hofläden, eine eigene Verarbeitung oder feste Abnehmer in der Gastronomie höhere Erlöse erzielen lassen. Zudem sollten sich Landwirte vor jeder Investition ausführlich über Fördermöglichkeiten informieren. Wichtig und hilfreich ist dabei eine unabhängige Beratung.
Bisher zeigt die Auswertung aber auch, dass die deutschen Ferkelerzeuger und Mäster wirtschaftlich erfolgreich Schweine halten können. Besonders für die junge Generation von Betriebsleitern muss die Politik nun die richtigen Weichen stellen, damit die Schweinehaltung in Deutschland auch weiterhin wettbewerbsfähig bleibt.