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topplus Interview

Klimaschutz: "Der Staat sollte Anreize für die Bauern schaffen"

US-Farmer erhalten Geld vom Staat, wenn sie ihre Emissionen senken. Solche Anreize sind besser als Strafen und höhere Steuern, sagt Prof. Frank Mitlöhner, University of California, USA.

Lesezeit: 4 Minuten

Die Landwirtschaft steht in puncto Nachhaltigkeit immer wieder in der Kritik. Wie lässt sich das ändern und was kann sich Deutschland aus dem Ausland abschauen? Wir haben bei Prof. Frank Mitlöhner von der University of California in den USA gesprochen.

Dieses Interview erschien zuerst in der SUS.

Prof. Mitlöhner, der Nutztierhaltung wird vorgeworfen, nicht nachhaltig zu sein. Sollten wir aufhören Tiere zu halten, und welchen Effekt würde das bringen? 

Mitlöhner: In Deutschland trägt die Landwirtschaft zu ca. 10 % der nationalen Treibhausgasemissionen bei, die Tierproduktion zu rund 5 %. In den USA sind es 4 %. Hauptverursacher der Emissionen bleiben ganz klar die fossilen Brennstoffe Öl, Kohle und Erdgas, die für Transport, Industrie und Energiewirtschaft verbrannt werden und CO2 freisetzen. 

In den USA hat man erforscht, was der totale Verzicht von tierischen Produkten für Auswirkungen auf das Klima hätte. Wenn 330 Mio. Amerikaner vegan leben würden, würde das nicht dazu führen, dass 4 % weniger Treibhausgase ausge­stoßen werden, sondern nur 2,6 %. Denn tierische Produkte müssen durch pflanzliche ersetzt werden. Und bei deren Produktion entstehen auch Treibhausgase. Es macht also keinen Sinn, keine Tiere mehr zu halten.

Viele NGOs sehen die Nutztierhaltung trotzdem kritisch und fordern den Abbau der Bestände. Können wir uns das bei einer immer weiter steigenden Weltbe­völkerung leisten?  

Mitlöhner: Nein, das macht aus zweierlei Gründen keinen Sinn. Erstens: Pflanzen müssen mit Stickstoff gedüngt werden. Sobald diese stickstoffhaltigen Verbindungen in der Natur abgebaut werden, entsteht Lachgas (N2O). Dieses ist 265-mal schädlicher für das Klima als CO2. Würden wir alle Veganer werden, würden wir die Treibhausgasmenge weitaus weniger re­­duzieren als oft behauptet wird. 

Zweitens: Es bringt auch nichts, die Emissionen von einer Region in die nächste zu verschieben. Denn wenn wir die Tierbestände in Deutschland oder den USA abbauen, werden sie an anderer Stelle auf der Welt wieder aufgebaut. Dann steigt dort der Ausstoß an Treibhausgasen, denn der Bedarf nach tierischen Produkten ist ja da und er wächst.

Am Ende liegt die Lösung nicht im Abbau der Nutztierbestände, sondern darin, dass wir Landwirten gute Ideen liefern. Wir müssen den Bauern Lösungen an die Hand geben, wie sie die Emissionen entweder von vornherein verhindern können, oder wie sie sie sinnvoll nutzen können. Biogas ist in diesem Zusammenhang ein gutes Beispiel. 

Vegan ist weniger klimafreundlich als viele denken.“

Ammoniak wird ebenfalls als Klimakiller angesehen. NH3 spielt in der Schweine­haltung eine Rolle. Welche Möglich­keiten zur Reduktion sehen Sie hier?  

Mitlöhner: Zunächst einmal muss man festhalten, dass Ammoniak nicht zur Erderwärmung beiträgt, sondern mit anderen Be­­standteilen in der Atmosphäre reagiert und sich anschließend in Ökosystemen ablagert. Ammoniak ist zudem eine we­­sentliche Vorläufersubstanz für die Bildung von Feinstaub, der gefährlich für die Gesundheit ist. 

Ammoniak entsteht in der Tierhaltung, weil wir Proteine verfüttern und die Tiere nur einen Teil davon nutzen. Ein großer Teil des aufgenommenen Stickstoffs wird über Harnstoff ausgeschieden. Der Stickstoff im Harnstoff kann sich in verschiedene Verbindungen wie z. B. Nitrite, Ni­­trate, Ammoniak, Lachgas oder atmosphärischen Stickstoff umwandeln. 

Wir können beeinflussen, welchen Weg der Stickstoff geht. Gülle sollten wir nur ausbringen, wenn die Pflanzen in der Wachstumsphase sind, also Stickstoff aufnehmen. Ansonsten geht der Stickstoff ins Grundwasser oder entweicht in die Luft als Ammoniak oder Lachgas. Wir müssen Stickstoff managen, sodass er nicht zum Problem für die Umwelt wird, sondern ein wertvoller Dünger. 

Wie lange dauert Ihrer Meinung nach der Umbau der Tierhaltung hin zu einer klimaneutralen Wirtschaftsweise und ­welche Schritte sind dafür kurz­fristig nötig? 

Mitlöhner: Das kommt darauf an, was wir den Bauern bieten. In den USA hat der Gesetz­geber entschieden, die Reduzierung bei Methan im Bereich der Milchviehhaltung nicht über Strafen und Steuern zu erreichen, sondern über finanzielle Anreize. Wer seine Emissionen senkt, erhält Geld aus dem Fördertopf. Wer nichts tut, der zahlt eine Gebühr.

Terminhinweis

Prof. Dr. Frank Mitlöhner von der University of California in Davis wird am 3.12.2024 von 19 bis 21 Uhr im Webinar „Typisch Livestock – Zukunftsfähige Nutztierhaltung: Nachhaltigkeit als Schlüssel zum Erfolg“, ausführlich auf das Thema eingehen. Das Webinar wird von Boehringer Ingelheim Vetmedica organisiert. Anmeldungen unter https://typisch-nutztier.de

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