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topplus LVM Landwirtschaftstag

Nachhaltige Tierhaltung trifft Preisdruck - Was können Landwirte tun?

Wie bewahrt man die "Lust auf Landwirtschaft"? Beim LVM-Landwirtschaftstag fanden Praxisbeispiele und Lösungsansätze ihren Platz zwischen gesetzlichen Anforderungen, Effizienz und Wirtschaftlichkeit.

Lesezeit: 6 Minuten

Wie bewahrt man sich die "Lust auf Landwirtschaft" und wie lassen sich die aktuellen Rahmenbedingungen in ein nachhaltiges Konzept überführen? Der LVM Landwirtschaftstag, der LVM Versicherung in Münster, Nordrhein-Westfalen, der am 19.11.24 in der Kongresshalle Münsterland stattgefunden hat, lud interessierte Besucher in den fachlichen Austausch zwischen Nachhaltigkeit, Effizienz und Wirtschaftlichkeit in allen Sektoren der grünen Branche ein.

In einer Panel-Diskussion nahmen die Moderatoren Guido Höner und Matthias Schulze Steinmann (Chefredakteure, top agrar) die Zuschauerinnen und Zuschauer, ebenso wie die Diskussionsteilnehmer, in einen fachlichen Einblick in die aktuellen Herausforderungen der Energiewende und der Fleisch- und Milchproduktion mit. Neben der Anpassung von gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Forderung nach mehr Sicherheit in der Energiewende, wurde auch das Konsumverhalten der Verbraucher und die Schere zwischen Haltungsanforderungen und Preisentwicklungen kritisch hinterfragt.

Die Energiewende fordert mehr Einspeisung aus erneuerbaren Quellen - was hat der Landwirt davon?

Die Energiewende schreitet voran, doch wie sieht die Zukunft für Betreiber von Biogas-, Photovoltaik (PV)-, Wasserstoff- und Windanlagen aus? Carina Dünchem  (Steuerfachangestellte, Betriebs- und Landwirtin aus Andernach in Rheinland-Pfalz), Hubertus Loick (Betriebsleiter eines Ackerbaubetriebes in Dorsten und Gründer der Loick AG) und Jan-Wilm Schlamann (Leiter eines Ackerbaubetriebes Bullen- und Rindermast in Gronau-Epe) eröffneten an diesem Tag den Besucherinnen und Besuchern einen Einblick in unterschiedliche Sichtweisen der Energiewende zwischen Flächen- und Agri-PV, Biogas, Wasserstoff und den zukünftigen Nutzwert für die Landwirtschaft.  

Freiflächen- und Agri-PV: "Die Doppelnutzung darf meiner Arbeitseffizienz nicht im Weg stehen"

Für Carina Dünchem und Jan-Wilm Schlamann steht bei der Nutzung von PV-Anlangen neben dem ökonomischen Gedanken vor allem die langfristige Schonung der Böden im Vordergrund. Eine getrennte Flächenwirtschaft mit reinem Ackerbau und reiner Stromerzeugung sieht Dünchen als realistischeres Zukunftsmodell. Für Hubertus Loick war klar, der ökonomische Gedanke muss durch den erhöhten Arbeitsaufwand mit betrachtet werden. Alle Redner waren sich sicher, Landwirtschaft und Energiewirtschaft gehören auch zukünftig zusammen. Ein Kompromiss sei vor allem die Nutzung von Agri-PV-Anlagen, vor allem im Obst- und Gemüseanbau oder in der Nutztierhaltung.

Doch die Planung von Agri-PV-Anlagen sorgt derzeit bei vielen Landwirten für Unsicherheiten. Eine wechselnde Einspeisevergütung, regional unterschiedliche Raumnutzungskonzepte, Dunkelflaute, Negativpreise und wenig Speichermöglichkeiten fassten die Redner als große Hemmnisse für die Energiewende zusammen. Es müsse zu einer Änderung der Rahmenbedingungen für Landwirtinnen und Landwirte kommen - dann ließe sich auch der Effizienzgedanke mit einer nachhaltigen Flächenbewirtschaftung vereinen.

Windkraft, Wasserstoff und Biogas als Zukunftsmodell für die Landwirtschaft?

Am Beispiel des eigenen Bauvorhabens berichtete Schlamann von Hürden bei der Planung von insgesamt sieben Windkraftanlagen, zwischen Ausgleichsflächen und einer Rotmilan-Sichtung. Welche Kosten am Ende auf die GmbH aus insgesamt 30 Landwirten für das Bauprojekt zukomme, sei nicht vorhersehbar. Bisher sei laut Schlamann „alles Risikokapital“.  

Die Aufdeckung der gefälschten UER-Projekte der Mineralindustrie, die zum Zerfall der THG-Minderungsquote führte und die Insolvenz der Landwärme GmbH Mitte des Jahres, setzte vor allem Betreiber von Biogasanlagen unter Druck. Dennoch ist sich Hubertus Loick sicher, dass Biogas auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird.

Biogas zur Verstromung wird auch in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen.
Hubertus Loick

Auch die Erzeugung von Wasserstoff bietet wirtschaftliche Vorteile für Unternehmen, doch auf die Skalierung komme es an. Kleinere Produktionen rechnen sich derzeit kaum, so Loick.  

Dünchem, Schlamann und Loick blickten an diesem Tag in Richtung Energiewende und machten klar, die Landwirte in Deutschland wollen effizient produzieren und wollen ihren Beitrag zur Energiewende leisten. Doch der Betrieb der Anlagen muss sich auch lohnen: Bodenschonend wie effizient, wirtschaftlich wie nachhaltig.   

Nachhaltig, fair oder günstig: Wie steht es um die Lebensmittelnachfrage?

Welche Lösungen braucht es für die aktuellen Herausforderungen in der Tierhaltung und wie hat sich das Konsumverhalten der Verbraucher in den letzten Jahren verändert? Das besprachen an diesem Tag Emilie Bourgoin als Leiterin im Bereich „Public Affairs“ bei der REWE Group, Benedikt Langemeyer, Milchbauer aus Mettingen und Vorsitzender der Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW sowie Philipp Schulze Esking, Leiter eines Schweinemastbetriebes und DLG-Vorstandsmitglied aus Billerbeck. 

Vertrauensbruch zwischen Milchviehhaltern und Politik dämpft die aktuelle Stimmung

Das Jahr 2024 hielt gerade für Milchviehhalter eine gute Futtergrundlage und ordentliche Preise bereit. Trotzdem sieht Benedikt Langemeyer aktuell wenig Zuversicht in der Branche. Er berichtete, dass die mangelnde Verlässlichkeit in der Politik und die gesellschaftlichen Diskussionen viel Vertrauen bei den Milchviehhaltern gekostet hätten. Außerdem müssten viele Betriebe gleichzeitig noch den Generationswechsel meistern. Trotzdem ist es für Langemeyer wichtig, sich mit Themen wie Klimaschutz auseinanderzusetzen. „Wir merken im Betrieb schon jetzt, dass der Klimawandel da ist“, berichtet er. Aber er betonte auch, dass zur Nachhaltigkeit neben der Ökologie auch die beiden Säulen Ökonomie und Soziales gehören. 

Das Paradox der Fleischnachfrage: Gerne günstig - aber bitte mit hohen Haltungsanforderungen

Philipp Schulze Esking beobachtet, dass der Markt aktuell andere Signale gibt als die gesellschaftliche Diskussion. So steige aktuell die Nachfrage nach günstigem Schweinefleisch, das nach gesetzlichem Standard erzeugt wurde. Gleichzeitig muss er, der seine Schweine aktuell in Haltungsstufe 2 nach ITW-Standard hält, höhere Anforderungen wie z.B. Schalentränken in der Bucht umsetzen. Das liege auch an der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Lage. „Wir leben heute in einer anderen Welt als vor zwei oder drei Jahren“; erklärt er. Er glaubt deshalb, dass der Weg, den Umbau der Tierhaltung z.B. über die Borchert-Kommission gesellschaftlich zu orchestrieren, gescheitert ist. Stattdessen plädiert er dafür, diese Prozesse künftig mehr über die Wertschöpfungskette zu steuern – ohne dabei die Nachhaltigkeit aus dem Blick zu verlieren.  

Auch Emilie Bourgoin berichtete, wie sehr sich das Einkaufsverhalten infolge des Ukrainekriegs und der Inflation verändert hat. Durch die Unsicherheit der Verbraucher musste auch der LEH sich umstellen und setzte in der Folge mehr auf Aktionsangebote und Einstiegspreise. Sie ist aber auch überzeugt, dass Tierwohl weiterhin ein Thema bleiben wird. Laut Bourgoin ist Deutschland beim Thema Tierwohl ein Vorreiter. Deshalb beobachteten die Nachbarländer aufmerksam, welchen Weg die Branche hierzulande einschlägt. „Der Markt für diese Produkte ist da“, sagt sie. Trotzdem hält sie es für falsch, sich zu sehr unter Druck setzen zu lassen.  

Wir müssen dem Verbraucher zeigen, dass wir schon ein ganzes Stück des Weges gegangen sind und bereit sind, weiterzugehen. Aber in angemessenem Tempo.
Philipp Schulze Esking

Mehr Wertschätzung, Respekt und Flexibilität für Produzenten

Einig waren sich alle drei Teilnehmer darin, dass die Tierhaltung wieder wettbewerbsfähiger werden und sich künftig mehr an der tatsächlichen Nachfrage am Markt orientieren müsse. Gesetzliche Eingriffe lehnten alle drei ab. Die Tierhalter könnten nur erfolgreich sein, wenn sie mit dem, was sie tun auch Geld verdienten. Gleichzeitig gewinne aber auch das Thema Wertschätzung und Respekt in der Diskussion an Bedeutung. Hier habe sich in den letzten Jahren etwas in den gesellschaftlichen Diskussionen verschoben. Benedikt Langemeyer bleibt trotzdem optimistisch. „Wir haben viele junge Leute mit Begeisterung für die Landwirtschaft - auch von außerhalb der Branche“, sagt er. 

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