Weniger Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung – das ist das erklärte Ziel der TA Luft. Betroffen sind schweinehaltende Betriebe, die nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) genehmigt sind. Große Anlagen müssen stärker reduzieren als kleine.
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Kleine BImSch-Betriebe müssen bis zum 31.12.2028 ihre Ammoniakemission um 40 % senken.
Für Große Anlagen gilt diese Grenze ab Dezember 2026, wenn die Nachrüstung einer Abluftreinigungsanlage für ihren Betrieb nicht verhältnismäßig ist.
Baurechts-Betriebe können ab 2030 betroffen sein, da dann die EU-IE-Richt-linie in Deutschland umgesetzt sein muss.
Nur Best-Verfügbare-Technik (BVT), die in Anhang 11 der TA Luft gelistet ist, ist bei der Nachrüstung zugelassen.
BVT-Maßnahmen sind oft teuer und nicht praktikabel für die Nachrüstung.
Eine Teilstrom-Abluftreinigung ist bislang die einzig diskutierte Alternative.
G-Anlagen müssen 70 % des Ammoniaks mittels Abluftreinigung herausfiltern. In vielen Fällen ist die Nachrüstung nicht verhältnismäßig, wie wir bereits dargestellt haben. Wenn die Behörde dies anerkennt, muss der Betrieb bis 1.12.2026 eine Minderung von 40 % erreichen. Zu den G-Anlagen zählen Betriebe über 2.000 Mastplätze, 750 Sauen- oder 6.000 Ferkelaufzuchtplätze. Gibt es verschiedene in der 4. BImSchV genannte Tierarten in einer Anlage, werden diese addiert.
V-Anlagen müssen ihren Ammoniakausstoß bis zum 31.12.2028 um 40 % reduzieren. V-Anlagen haben zwischen 1.500 und 1.999 Mastplätze, 560 bis 749 Sauenplätze oder 4.500 bis 5.999 Ferkelaufzuchtplätze – oder gemischte Bestände entsprechender Größe, auch mit anderen Tierarten.
Auf Dauer kann die Reduktion auch kleinere Betriebe treffen, die nach Baurecht genehmigt sind. Ursache ist die Industrieemissions-Richtlinie der EU. Diese ist im August 2024 in Kraft getreten und muss bis Juni 2026 in nationales Recht umgesetzt sein. Sie senkt den Schwellenwert für schweinehaltende Betriebe auf 350 GVE. Das entspricht nach dem Berechnungsmodus der EU 1.166 Mast- oder 300 Sauenplätzen.
40 % weniger Ammoniak
Die 40%ige Reduktion bezieht sich nicht auf den Wert in der BImSch-Genehmigung der Stallanlage – für Mastschweine beispielsweise 3,64 kg NH3/Tierplatz/Jahr. Davon werden 20 % abgezogen, da die neue TA Luft alle BImSch-Betriebe zur stark proteinreduzierten Fütterung verpflichtet.
Das führt zu einem entsprechend geringeren Referenzwert. In der Schweinemast wird die Ammoniakemission mit 2,91 kg NH3/Mastplatz/Jahr angesetzt, wie die Übersicht zeigt. Nach der 40%igen Minderung bleibt als Zielwert ein maximaler Emissionsfaktor von 1,74 kg NH3/Mastplatz/Jahr.
Um ihren Ammoniakausstoß zu verringern, müssen betroffene Betriebe sich aus dem von der EU-anerkannten Katalog der Bestverfügbaren Technik (BVT) bedienen. Eine Auswahl listet die TA Luft in Anhang 11 auf. Die Übersicht zeigt für jede Alternative, wie stark die Emission jeweils sinkt. Die Behörden erkennen diese Werte an.
Nur Best-Verfügbare-Technik
Folgende Alternativen stehen in der Schweinehaltung für Ställe mit Zwangslüftung und Flüssigmist zur Wahl:
Schräge Kanalwände: Die schrägen Wände im Güllekanal verkleinern die Gülleoberfläche, sodass weniger Ammoniak emittiert. Voraussetzung ist, dass die Gülle alle zwei bis drei Tage abgelassen wird. Ideal sind glatte Wände aus Metall oder Kunststoff, an denen Kot und Harn nicht haften. Mit 1,45 kg NH3/Mastplatz/Jahr liegen die Emissionen unterhalb des Zielwerts.
Getrennte Kanäle: Bei diesem Teilspalten-System sind Fress- und Kotbereich durch eine feste Liegefläche getrennt. Im Kanal unter dem Kotbereich sammeln sich Kot und Urin. Ein zweiter Kanal unter dem Fressbereich soll lediglich Leckwasser und Futterverluste aus Tränke oder Trog auffangen.
Kleinerer Güllekanal: Ein nur 0,6 m breiter Güllekanal kann im Deck/Wartestall den Emissionsfaktor auf 3,07 kg NH3/Sauenplatz/Jahr verringern. Das liegt über dem Ziel von 2,90 kg NH3, sodass dies System mit einer zweiten Maßnahme kombiniert werden müsste.
Kotband: Im Teilspaltenstall befördern Bänder unter den Spalten den Kot mehrmals täglich aus dem Stall. Zur schnellen Urinabfuhr laufen die Bänder V-förmig aufeinander zu.
Güllekühlung auf 10 °C: In kalter Gülle laufen chemische Prozesse langsamer ab, sodass weniger Ammoniak entsteht. Das erfordert Kühlleitungen in der Kanalsohle oder schwimmende Kühlrippen an der Gülleoberfläche.
Gülle ansäuern: Durch Schwefelsäure wird der pH-Wert auf 5,5 bis 6,0 gesenkt. Im sauren Milieu entsteht nicht Ammoniak, sondern Ammonium.
Abluftreinigung: Sichere Minderungseffekte bringt die Abluftreinigung. Hier ist auch eine geringere Dimensionierung möglich, um nur einen Teilstrom des Abluftvolumens zu erfassen.
Vieles ist nicht praktikabel
Das Problem: Fast keine der BVT-Alternativen ist zur Zeit praxistauglich – schon gar nicht zur Nachrüstung vorhandener Ställe. Bestehende Güllekanäle nachträglich mit schrägen Wänden zu versehen, ist teuer, zudem baulich anspruchsvoll. Das gilt auch für den Umbau zum Teilspaltenstall mit getrenntem Wasser- und Güllekanal.
Die Güllekühlung ist ein Stromfresser erster Güte und ohne Wärmenutzungskonzepte gar nicht umsetzbar. In der Kanalsohle lassen sich Kühlleitungen nicht nachrüsten. Schwimmende Kühlrippen sind durch die korrosive Umgebung und Güllerühren gefährdet.
Gülleansäuerung im Stall ist in Deutschland zwar nicht grundsätzlich verboten, aber wegen der hohen Risiken stark reglementiert. Die Anforderungen von Arbeits- und Gesundheitsschutz, Tierschutz sowie des Wasser- und Umweltschutzes sind entsprechend hoch. Zudem entstehen hohe Kosten für Investition, Schwefelsäure und das Umpumpen der Gülle.
Bleibt als einzig praktikable Nachrüstmöglichkeit die Abluftreinigung. Zwar ist die Reinigung des Gesamt-volumenstromes im BVT-Katalog vorhanden, aber mit hohen Kosten verbunden. Die für V-Anlagen notwendige 40%ige Minderung ergibt sich auch, wenn ein Teilvolumenstrom von 60 % der Sommerluftrate in einer Anlage mit 70 % Reinigungsleistung behandelt wird. Auch dies zählt zu den BVT-Maßnahmen.
Da die maximale Luftrate nur bei Spitzentemperaturen in der Endmast benötigt wird, ist die Ammoniakminderung tatsächlich deutlich höher, weil erheblich mehr als 60 % der Emissionen erfasst und gereinigt werden. Wird der Stall im Sommer gekühlt, könnte die Kapazität der Abluftreinigungsanlage weiter verringert werden, da die Sommerluftrate sinkt.
Glockenlösung favorisiert
Noch nicht geklärt ist folgende Frage: Muss die Abluft jedes Stalls gereinigt werden? Das wäre nur schwer umsetzbar, da die Abluft nur in wenigen Ställen zentral abgesaugt wird. Oder reicht es, lediglich einzelne geeignete Ställe mit einer hohen Abscheideleistung auszustatten? Experten favorisieren diese sogenannte „Glockenlösung“, bei der die Reinigungsleistung über den gesamten Betrieb betrachtet wird.
Verhältnismäßigkeit von BVT?
Auch für die BVT-Maßnahmen aus Anhang 11 gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Allerdings gibt es dafür keinen behördlich anerkannten Leitfaden. Hinzu kommt: Jeder Betrieb ist anders. Da die Nachrüstmaßnahmen mit der neuen TA Luft erstmals angewendet werden, haben die Behörden keine Blaupause, sondern müssen Einzelfallentscheidungen treffen. Zudem ist nicht festgelegt, was die Alternative zur 40 %igen Minderung ist. Reichen eventuell auch 10 oder 20 % aus?
Fakt ist: Die Fristen gelten. Wenn der Landwirt kein Konzept vorlegt, ist die Genehmigungsbehörde im Zugzwang. Es ist zu befürchten, dass die Behörde dann Maßnahmen anordnet. Dagegen kann der Landwirt klagen. Im Extrem landen viele Einzelfälle vor Gericht.
Allerdings muss jetzt kein Landwirt mit V-Anlage in „Voreilung“ gehen. Er kann abwarten, bis die Behörde ihm ein Schreiben mit einer Anhörung schickt. Da die Frist erst Ende 2028 ausläuft, sind diese Briefe frühestens in zwei Jahren zu erwarten. Vorausschauende Betriebsleiter nutzen die Zwischenzeit, um ein Konzept für den eigenen Betrieb zu entwerfen.
Mit Plan vorgehen
Auf das Gespräch mit den zuständigen Behördenmitarbeitern sollte man sich gut vorbereiten. Ein Blick in die Genehmigung zeigt, welche Tierzahlen, Haltungs- und Lüftungsverfahren genehmigt sind. Erfolgt die Abluftführung zentral oder abteilweise? Ist die Maßnahme verhältnismäßig, wenn für den Einbau die PV-Anlage demontiert werden muss? Mit Firmen und Beratern sollte abgeklopft werden, welche Verfahren in den einzelnen Ställen des Betriebs möglich sind.
Wichtig ist, nicht zu blockieren und nicht nur aufzuzählen, was aus welchen Gründen nicht funktioniert. Wer Lösungen vorschlägt, wirkt kooperativ – auch wenn die Ammoniakminderung nicht ausreicht. Vielleicht lässt die Behörde sich auf Verfahren mit geringerer Minderungsleistung ein.
Gibt es Alternativen?
Denn die Liste in Anhang 11 ist nicht abschließend. Sie lässt gleichwertige qualitätsgesicherte Maßnahmen zu, wenn die Ammoniakreduktion wissenschaftlich fundiert nachgewiesen ist.
So kann man der Behörde die sehr stark proteinreduzierte Fütterung als Alternativlösung anbieten. Damit lassen sich zusätzlich zur einkalkulierten 20 %igen Ammoniakreduktion weitere 10 bis 12 % realisieren.
Die Reduzierung der Tierzahl lässt sich am einfachsten kontrollieren, wird aber nicht als Minderungsmaßnahme anerkannt. Es sei denn, der Tierbestand sinkt unter die BImSch-Grenzen. Aber das ist ein anderes wirtschaftliches Thema.
Was ist noch in Planung?
Versuchsanstalten und Unternehmen untersuchen Alternativen zur Ammoniakminderung. Da sie nicht als BVT anerkannt sind, müssen wissenschaftliche Gutachten die erzielte Ammoniakreduktion nachweisen. Die Anerkennung durch die jeweils zuständigen Behörden in den Landkreisen ist erforderlich.
Schweinetoilette: Ein langsam laufendes, perforiertes Band transportiert den Kot aus der Bucht, wo er auf die abgeschrägten Wände des Güllekanals fällt. Mehrmals täglich fördert ein Unterflur-Schieber Kot aus dem Stall. Urin fließt durch Löcher im Band und sammelt sich getrennt vom Kot schnell in einer Rinne im Kanal.
Kot-Harn-Trennung: Als sehr wirkungsvoll hat sich im Rahmen des EmiMin-Projekts die Kot-Harn-Trennung mittels Unterflurschieber erwiesen. Voraussetzung ist ein flacher, V-förmiger Güllekanal mit Quergefälle und Harnrinne. Ein Unterflurschieber entfernt in kurzen Zeitabständen den Kot und leert gleichzeitig die Harnrinne. Damit ließ sich in Versuchen die Emission auf 1,2 kg NH3/Mastplatz/Jahr senken.
Urease-Inhibitoren: Diese blockieren die Aktivität von Urease, die Harnstoff zu Ammoniak umwandelt. Allerdings muss man Urease täglich von oben auf die Spalten sprühen. Im Kuhstall kann das ein spezieller Reinigungsroboter übernehmen. Für Schweineställe gibt es keine automatisierte Lösung. Zudem ist das Produkt noch nicht für die Anwendung bei Schweinen zugelassen.