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Wie der Betrieb Bellaire den Pflanzenschutz breiter denkt

Prognosemodelle, vielfältige Fruchtfolgen, Hacken und Bandspritze – diese Werkzeuge helfen Dominik Bellaire, Pflanzenschutzmittel einzusparen. Wir haben den Landwirt vor Ort besucht.

Lesezeit: 5 Minuten

Viele Möglichkeiten nutzen, um Pflanzen gezielter zu schützen, das treibt Landwirt Dominik Bellaire schon lange um. Wie er das in seinem Betrieb umsetzt, zeigte er uns, als wir ihn Ende Juni in Neupotz in der südlichen Pfalz besuchten.

Gemeinsam mit seinem Vater Roland bewirtschaftet der Landwirt hier einen Gemischtbetrieb mit 214 ha Ackerfläche und 60 Milchkühen. Seit zwei Jahren gehört er zu den neun rheinland-pfälzischen Demonstrationsbetrieben des Netzwerks Integrierter Pflanzenbau. Für das Projekt meldete Bellaire sich freiwillig, um neue Impulse für seinen Ackerbau zu gewinnen.

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Der Betrieb Bellaire nutzt verschiedene Werkzeuge, um den chemischen Pflanzenschutz möglichst effektiv einzusetzen.

Vielfältige Kulturen wirken vorbeugend, Prognosemodelle unterstützen bei ­Entscheidungen über Spritzmaßnahmen.

Hacke und Bandspritze helfen, Herbizide in Mais und Tabak einzusparen.

Vielfältige Kulturen

Die Flächen hier in der Pfalz sind eher kleinstrukturiert. Die Schlaggrößen auf dem Betrieb reichen von 0,4 bis 20 ha, bei 35 bis 70 Bodenpunkten. Sofort ins Auge fällt die große Bandbreite an Kulturen auf den Feldern der Bellaires. Auf den Flächen stehen Winterweizen, Silo- und Körnermais, Kartoffeln, Winterroggen, Durum, Luzerne, Wintergerste, Sonnenblumen und Winterraps. Dazu kommen Sonderkulturen wie Tabak und Waschmöhren.

Für den Familienbetrieb sind die vielen Kulturen keine lästige Pflicht, sondern ein wichtiges Werkzeug, um das wirtschaftliche Risiko möglichst breit zu streuen. Dass vielfältige Kulturen helfen, den Krankheits- und Schädlingsdruck zu senken, ist für Bellaire aber ein wertvoller Nebeneffekt, den er zu nutzen weiß.

So ersetzten vor acht Jahren Sonnenblumen die Zuckerrüben, die wegen starken SBR-Befalls nicht mehr wirtschaftlich waren. Die Sonnenblume schätzt Bellaire als Fruchtfolgeglied zwischen Mais und Weizen, da sie den Fusariumdruck reduziert. 2022 hat er erstmals Kartoffeln angebaut die davon profitieren, dass nur wenige Kartoffeln in der Region stehen und der Krankheitsdruck entsprechend gering ist. 

Spritzen nach Prognosen

Den richtigen Spritzzeitpunkt in den Kartoffeln ermittelt Bellaire über die Prognosemodelle des staatlichen Portals ISIP, wie z. B. SIMBLIGHT 1. Auch im Winterweizen setzt der Landwirt auf Prognosemodelle, um seine Fungizidmaßnahmen zu planen. Seit vier Jahren nutzt er dafür die in xarvio integrierten Modelle – auch weil das Programm über eine Schnittstelle zu seiner digitalen Helm-Schlagkartei verfügt. Das verringert den Dokumentationsaufwand.

Zu Anfang testete er diese Prognosemodelle auf Teilflächen und überprüfte das Ergebnis anschließend mit der ­Ertragserfassung des Mähdreschers. Heute sagt er: „Die Prognosen sind wichtige Informationen und eine verlässliche Hilfe“. Zusätzlich kontrolliert er immer, wie es vor Ort im Bestand aussieht, bevor er die Entscheidung zum Spritzen fällt.

Im Rahmen des Projekts führt Bellaire in diesem Jahr einen Exaktversuch durch, bei dem die Prognosen der staatlichen Prognosemodelle SIMCERC (für Halmbruch) und SEPTRI (für Septoria tritici) mit dem xarvio-Modell verglichen werden sollen.

Offizielle Ergebnisse gibt es noch nicht, aber Bellaire hat bereits Unterschiede festgestellt. So empfahl das SIMCERC-Modell in dieser Saison einmal eine Behandlung gegen Halmbruch im Weizen, das xarvio-Modell hingegen nicht. In den beiden Varianten gab es Ende Juni keine erkennbaren Unterschiede. Bellaire sieht den Versuch als Chance, sich intensiver mit seinen Beständen auseinanderzusetzen. „Man muss Prognosemodelle selbst ausprobieren, da sie zum eigenen Bestand passen müssen“, sagt er.

Demobetriebe Integrierter Pflanzenbau

Die Demonstrationsbetriebe Integrierter Pflanzenbau setzen innovative, praxistaugliche Verfahren aus Bereichen wie Pflanzenschutz, Digitalisierung oder Düngung auf ihren Äckern um. Beteiligt sind Betriebe aus sieben Bundesländern. Projektpartner u. a. aus der Offizialberatung unterstützen die Landwirte dabei. Das Modell- und Demons­trationsvorhaben ist Teil der Ackerbaustrategie des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung. Das ­Julius Kühn-Institut koordiniert das Projekt, das noch bis 2025 läuft.

Hacke und Spritze kombiniert

Neben der Spritze kommen auf dem Betrieb aber auch fünf ältere Hackgeräte zum Einsatz. Die benötigt Bellaire, da er Kulturen mit unterschiedlichen Reihenweiten hackt. Zwei davon sind Fingerhacken, die er im Tabak einsetzt, dazu kommt eine ältere Kamerahacke. „Diese Hacktechnik reicht für uns aus, da wir sie mit Bandspritzungen kombinieren“, sagt Bellaire. „Deshalb müssen wir nicht so dicht an die Reihe heran.“

Beim chemischen Pflanzenschutz setzt er auf eine moderne Anhängespritze mit 21 m-Spritzgestänge, an dem er eine Einzeldüsenschaltung nachgerüstet hat. So kann er zwischen dem 25er-, 50er- und 75er-Reihenabstand variieren und mit speziellen Banddüsen auch im Band spritzen. „Mit der Kombination von Hacke und Bandspritze sparen wir etwa 60 % Herbizide ein“, so Bellaire.

Der Landwirt schätzt am absetzigen Verfahren, dass er keine Kompromisse beim Wetter eingehen muss. So spritzt er abends, wenn es kühler und windstill ist und nutzt die trockene Mittagshitze zum Hacken. „So habe ich das Beste aus beiden Welten“, erklärt er. „Und ist es zu nass zum Hacken, kann ich notfalls flächig spritzen.“ Im Vorgewende und der äußersten Fahrgasse spritzt Bellaire ohnehin flächig, um Trespe und andere Gräser zu kontrollieren. In der Schlagkartei eingespeicherte Abstandsauflagen kann er durch die Funktion Nat-Shield automatisiert einhalten.

Im Rahmen des Projekts probierte Bellaire in diesem Jahr auch erstmalig, komplett auf Herbizide im Mais zu verzichten und die Bestände nur mit Blindstriegeln und Hacken sauber zu halten. Obwohl das recht gut funktionierte, steht Bellaire dem Blindstriegeln kritisch gegenüber. „Das passende Zeitfenster ist sehr eng und es gibt schnell Verluste bei den kleinen Pflanzen.“ 

Bellaire geht es nicht darum, Pflanzenschutz pauschal zu reduzieren. Er legt Wert darauf, die Maßnahmen besser und effektiver umzusetzen. Dazu will er seine Werkzeuge möglichst flexibel einsetzen können, je nach Wetter und Jahr. „Wichtig ist viel auszuprobieren, um für sich die jeweils optimale Lösung zu finden“, sagt Bellaire.

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