Wie sich der Ackerbau künftig auf Wetterextreme einstellen kann, diskutierten Landwirtin Marie von Schnehen, Jan Große-Kleimann und Pflanzenzüchter Frederik Schirrmacher auf der innovate! Convention in Osnabrück, moderiert durch top agrar-Chefredakteur Guido Höner. Ein wichtiges Werkzeug für alle drei ist mehr Vielfalt im Anbau – ohne Anbaurisiken geht es aber trotzdem nicht.
Ökolandbau und Nischenkulturen
Marie von Schnehen hat den elterlichen Betrieb in Südniedersachsen vor fünf Jahren auf die ökologische Landwirtschaft umgestellt. Schon vor der Umstellung hatte sie sich mit Sonderkulturen beschäftigt, sodass auf ihrem Betrieb neben den klassischen Kulturen unter anderem auch Teekräuter, Lupinen, Kichererbsen und Linsen wachsen. Für sie ist die Kulturvielfalt ein Weg, um das Anbaurisiko zu senken. In diesem nassen Jahr profitierten besonders die Teekräuter vom Wetter, während die Linsen und Kichererbsen Probleme bekamen.
Sie bevorzugen eher trockene Sommer. Wichtig ist für sie aber auch, Kulturen anzubauen, die sich als Produkt direkt vermarkten lassen, wie z.B. Haferflocken, Tee oder Lupinenkaffee, um mehr Wertschöpfung zu schaffen. Dabei profitiert sie von den etablierten Vermarktungsstrukturen im Bio-Bereich. Zudem sagt sie: „Der Ökolandbau bietet viele Werkzeuge, um den Anbau resilienter hinzukriegen.“
Direktsaat und Agroforst
Auch Jan Große-Kleimann versucht sein Anbausystem durch Regenerative Landwirtschaft resilienter zu machen. Der Münsterländer bewirtschaftet einen konventionellen Betrieb mit Schweinemast und Ackerbau. Auf einer Fläche hat er ein Agroforstsystem mit abgestimmten Wertholzarten angelegt – und ist damit ein Exot in der veredlungsintensiven Region. Mit regenerativen Ackerbau-Praktiken wie z.B. Direktsaat und reduziertem Pflanzenschutz will er den Anbau resilienter machen. Für ihn bedeutet es, dass er viel ganzheitlicher denken muss. „Nur auf Direktsaat zu setzen, klappt noch nicht immer“, sagt er.
Mehraufwand durch Regenerative Methoden nicht ausreichend bezahlt
Trotzdem ist es ihm ein Anliegen, seinen Boden fit zu kriegen, um Erosion zu reduzieren und die Wasseraufnahmefähigkeit in nasse Jahren zu verbessern. „Wir müssen vielfältiger und widerstandsfähiger werden“, sagt er. Ein Problem für Große-Kleimann ist aber, dass er den Mehraufwand, den er durch Agroforst und Regenerativen Anbau hat, aktuell nicht vergütet bekommt. Im Gegensatz zu Bio ist „Regenerativ“ kein Vermarktungskriterium. Aktuell arbeitet er aber mit einem Bäcker zusammen, um seinen ungespritzten Brotroggen in der Region zu vermarkten.
Wechselhaftes Wetter zwingt Züchter zu breitem Sortiment
Die zunehmenden Wetterextreme bekommen auch die Pflanzenzüchter zu spüren. Frederik Schirrmacher ist Produktmanager für Getreide und Leguminosen bei der Deutschen Saatveredlung (DSV), einem Züchtungsunternehmen, das europaweit die volle Bandbreite von Weizen über Gräser bis hin zu Mais abdeckt. Das Unternehmen will sich breit aufstellen und hat so vor einigen Jahren die Weiße Lupine ins Zuchtprogramm mit aufgenommen.
Das wechselhafte Wetter stellt die Züchter vor Herausforderungen. Schirrmacher berichtete, dass nach den trockenen Jahren besonders die französischen Sorten gefragt waren, die durch ihre rasche Entwicklung der Frühsommertrockenheit entgehen. In diesem Jahr schnitten diese Sorten hingegen schlechter ab, da sie nicht so mit Nässe zurechtkamen. Das zwingt auch die Züchter, sich bei den Sorten breit aufzustellen. Angesichts der steigenden Anbaurisiken plädierte Schirrmacher dafür, die Deckungsbeiträge künftig an Fruchtfolgen und nicht an Einzelkulturen auszurichten. So lassen sich Anbaurisiken ausgleichen.